Division der Verlorenen
außerordentlich wichtig.«
»Eine Frage, Sir. Wieso diese Änderung?«
»Ich bereite innerhalb der nächsten Wochen eine Operation vor, bei der ich die volle Unterstützung der Flotte brauche. Leider kann ich im Augenblick nicht weiter ins Detail gehen – wir arbeiten unter absoluter Geheimhaltung.«
Soviel zum kurzen Aufflackern von van Doormans Realitätssinn. Sten hätte noch erwähnen können, dass er wahrscheinlich einen höheren Geheimhaltungsstatus besaß als sonst jemand in der 23. Flotte, inklusive seines Admirals. Oder dass es verdammt schwierig war, einen Angriff einen Rückzug? – zu unterstützen, wenn man nicht genau wusste, was eigentlich vor sich ging. Oder dass absolute Geheimhaltung in van Doormans Stab wahrscheinlich hieß, dass es inzwischen der gesamte Offiziersclub wusste.
»Jawohl, Sir«, sagte Sten. »Mein Stab und ich werden einige mögliche Szenarios für Sie ausarbeiten.«
»Exzellent, Commander. Und noch einmal, meine herzlichsten Glückwünsche.«
Sten schenkte dem Admiral einen zackigen Abschiedssalut und verließ den Raum. Er fragte sich, ob van Doorman am Ende ansteckend sei. Szenario? Mein Stab und ich? Sein Stab bestand aus vier Offizieren, einem Warrant Officer und einem Spindar, die bei einer guten Flasche Stoff Ideen ausheckten. Sten fing an, sich nach Brijit umzusehen.
Sten hoffte sehnlichst, sie in romantischer Umgebung anzutreffen, in einem blumenübersäten Hochtal etwa, wo vom Krieg nichts zu hören und nichts zu sehen war. Er hoffte auch, dass Brijit sich inzwischen soweit vom Tod ihrer Mutter erholt hatte, dass sie wieder etwas Lust in ihrem Herzen verspürte.
Er fand sie dreißig Meter unter der Erde, in einem blutverschmierten Overall, wo sie eine Trage an einem Tunnelbohrer vorbeimanövrierte.
Es musste jemanden in van Doormans Stab geben, der noch über einen Rest von Hirn und Organisationstalent verfügte. Der Angriff am Empire Day hatte Cavites Krankenhäuser voll erwischt, und dieser unbekannte Planer wusste offensichtlich genug von der Kriegsführung der Tahn, um zu begreifen, dass das gute alte rote Kreuz auf dem Dach eines Hospitals einen hervorragenden Zielpunkt abgibt. Deshalb hatte man das Stützpunkthospital in den Fels gegraben. Es lag direkt unter dem Gebäude, das den Tahn vor Jahren als Konsulat für die Randwelten gedient hatte.
Sten half Brijit, den Verwundeten in eine IC-Maschine zu schieben, und fragte sie, wann ihr Dienst zu Ende war. Brijit lächelte müde und sagte: »Morgen.« Bis dahin würde Sten den Planeten schon lange wieder verlassen haben. Soviel zum Thema Romantik.
Brijit gelang ein weiteres Lächeln, ein Lächeln voller Mitgefühl. Sie konnte sich recht gut vorstellen, worauf Sten es abgesehen hatte. Statt dessen ließ er sich von ihr in die überfüllte Kabine führen und mit einer absolut miserablen Tasse Kaffee abspeisen.
Sie hatte sich einen Tag nach der Beerdigung ihrer Mutter für den Krankenhausdienst gemeldet. Die Vorkriegswelt aus weißen Kleidern, Langeweile und Gartenparties existierte nicht mehr.
Sten war überaus beeindruckt und wollte etwas dazu bemerken, als er Brijits erschöpftem Geplauder plötzlich richtig zuhörte.
Sie erzählte von Dr. Morrison hier und Dr. Morrison dort, wie schwer Dr. Morrison arbeiten musste und wie viele Leben er schon gerettet hatte. Da wurde ihm klar, dass sie ihn wohl sogar in dem blumenübersäten Hochtal gebeten hätte, eine Girlande für Dr. Morrison zu flechten.
Na schön. Sten hatte sich nie für den idealen Traumpartner gehalten, selbst wenn man davon absah, dass die Lebenserwartung eines Patrouillenkommandeurs in etwa der einer Eintagsfliege gleichkam.
Brijits Züge wurden plötzlich weich, und dann erstrahlte sie förmlich. Sten erinnerte sich daran, dass sie ihn vor noch nicht allzu langer Zeit ebenso angesehen hatte.
»Dort drüben ist sie ja. Dr. Morrison! Hierher!«
Commander Ellen Morrison vom Imperialen Medical Corps war, das musste Sten zugeben, fast ebenso hübsch wie Brijit. Sie grüßte Sten etwas unterkühlt, als sei er ein zukünftiger Patient, und setzte sich dann. Brijit ergriff Morrisons Hand, fast wie in einem Reflex.
Sten redete noch einige Minuten belangloses Zeug, trank seinen Kaffee aus, entschuldigte sich vielmals und ging.
Der Krieg verändert alles, mit dem er in Berührung kommt. Manchmal sogar zum Besseren.
Einige Tage später bekam van Doorman seinen berühmten Sieg, dank des Imperialen taktischen Einsatzschiffs Richards ,
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