Division der Verlorenen
Lieutenant Estill und Unteroffizier Tapia. Zumindest fanden das alle bis auf Tapia.
Eine Woche nach ihrem Abflug von Cavite hatten sie ihr Ziel gefunden. Es war eins der monströsen Tahn-Landungsschiffe, die als Abschussbasis der Jäger für die Atmosphärenangriffe dienten. Laut Jane’s war das Schiff nur mit leichten Waffen bestückt; wenn es getroffen wurde, bevor sich die Schleusen, die das Hangardeck unterteilten, geschlossen hatten, würde es sich relativ einfach in eine lodernde Fackel verwandeln lassen.
Das Problem lag eher darin, dass das Schiff von einem Kreuzer und einem halben Dutzend Zerstörern begleitet wurde; keiner, der in dieser Schicht Wache an Bord der Richards hatte, fühlte sich dermaßen in Selbstmordlaune.
Tapia ließ Estill etliche Angriffe auf dem Computer durchspielen, bevor sie ihm ihren Vorschlag machte. Obwohl es reichlich ungewöhnlich war, lernte Estill so einiges in seiner Zeit bei der Einsatzdivision. Er übergab ihr das Kommando und gab an, dass er, falls ihre Idee funktionierte, die Kali bei der Attacke selbst »fliegen« würde.
Die Richards schoss mit voller Geschwindigkeit an den Tahn-Schiffen vorbei und stellte sich nach einer minimalen Kurskorrektur im Raum »tot«, wobei sie sich jetzt direkt auf dem von Tapia vorausberechneten Kurs der Tahn-Schiffe befand. Tapia schaltete sämtliche Energie-Erzeuger ab, inklusive der McLean-Generatoren für die künstliche Schwerkraft. Dann wurde alles, was nicht direkt zur Bewaffnung gehörte, aus einer Luke hinausgeworfen: Stühle, Rationen, Metallfolie, eben alles, was hervorragende Radarsignale abgab – sogar die beiden Reserve-Raumanzüge.
Dann warteten sie. Da sogar die Umwälzanlage abgestellt war, wurde die Luft rasch stickig.
Ihre passiven Sensoren meldeten die Suchstrahlen der Tahn.
Sie warteten weiter.
Einer der Tahn-Zerstörer löste sich aus dem Pulk und flog eine Acht, wobei sein Computer offensichtlich fieberhaft analysierte, was sich da direkt vor ihnen befand.
»Das wird ja interessant«, flüsterte Tapia Estill unnötigerweise zu.
Interessant war ein Ausdruck, mit dem man es beschreiben konnte. Falls ihre Tarnung als Wrack nicht funktionierte, dann würden sie genau in die Kanonenrohre des Zerstörers schauen. Tapia konnte nicht sagen, ob entweder ihre Reflexe oder die Geschwindigkeit der Richards sie rechtzeitig aus der Gefahrenzone bringen würde.
Die Schirme der Passiv-Ortung der Richards erloschen, und Tapia fing wieder an zu atmen. Hätte die List versagt, hätten ihr die Bildschirme gemeldet, dass ein Computer zur Zielerfassung auf das Einsatzschiff angesetzt war. »Wenn Sie soweit sind, Lieutenant.«
Estill nickte. Tapia versorgte seine Konsole mit Strom. Estill schickte einen schmalen Strahl zur Abstandsmessung zum Landungsschiff. Näher … noch näher … erfasst.
Tapia schaltete ihre Konsole an … rief dem Ingenieur einen Befehl zu, woraufhin der das gleiche tat … und die Richards erwachte zum Leben. Zwei Sekunden später schickte Estill seine Kalilos.
Jetzt heulte der Alarm auf den Tahn-Schiffen. Die Zerstörer gingen auf Angriffs-Kurs, und der Kreuzer fuhr seine Maschinen hoch, um ihren Angriff zu unterstützen.
Tapia war zu beschäftigt, um zu sehen, was geschah. Sie hatte die Richards auf höchste Beschleunigung gebracht, einen exzentrischen Fluchtkurs eingegeben und war jetzt vollauf damit beschäftigt, für das Überleben des Schiffes zu sorgen.
Als das Landungsschiff seine vorderen Abwehrraketen abfeuerte, war die Kali nur noch wenige Sekunden entfernt.
Die Mühe war vergebens.
Die Standardvorschrift für jeden Waffenoffizier besagte, dass er den Kontrollhelm bis zum Kontakt auflassen soll. Irgendwie bedeutete das für Estill jedoch eine Art Tod. Kurz vor dem letzten Moment drückte er auf den Auslöser und riss sich den Helm vom Kopf.
Die Explosion flammte über die rückwärtigen Schirme der Richards .
»Wir haben sie!« rief Estill. Schon saß der Helm wieder auf seinem Kopf, und er schickte eine Batterie Goblins los, um die Richards nach hinten abzusichern.
Tapia blieb nur ein kurzer Moment, um auf den Hauptschirm zu sehen. Dieser kurze Augenblick zeigte ihr, dass dort noch immer die gleiche Anzahl von Blips zu sehen war wie zehn Minuten zuvor.
Niemand glaubte ihr – mit Ausnahme der Tahn. Die Kali war tatsächlich auf einer Abwehrrakete detoniert. Vier Stabilisierungselemente des Landungsschiffes waren verzogen, doch die vorgeschobenen Werften der Tahn konnten das Schiff in
Weitere Kostenlose Bücher