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Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Titel: Djihad Paradise: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kuschnarowa
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einen Telefonladen und ich rief Tom an. Hoffentlich war er zwischenzeitlich nicht aus der Wohnung geflogen oder der Anschluss abgeklemmt worden.
    »Engelmann«, meldete er sich.
    »Fall nicht in Ohnmacht, Tom, aber ich bin’s, Abdel, äh, Julian. Hier ist Julian.«
    »Du???«
    »Ja, icke. Sag mal, könntest du mir vielleicht ein wenig Geld schicken?«
    »Geld? Schicken? Verdammt, Julian! Seit anderthalb Jahren habe ich nichts mehr von dir gehört und nun soll ich dir Geld schicken? Du weißt doch, dass ich wenig Kohle habe. Und wenn du es so dringend brauchst, warum holst du es nicht ab?«
    »Weil … weil … ich bin nicht mehr in Deutschland.«
    »Du bist nicht mehr in Deutschland? Verdammt, Julian. Ich versteh das alles nicht. Hör mal, deine Freundin war neulich hier und hat behauptet, dass du in Pakistan bist. Ich habe ihr natürlich kein Wort geglaubt.«
    Ich spürte einen vergifteten Dolch in meinem Herzen. Meine Freundin? Ich hatte keine Freundin mehr. Das konnte doch nur Romea gewesen sein. Was fiel ihr ein, meinen Alten da mit reinzuziehen? Und gleichzeitig war da aber auch noch so ein angenehm warmes Gefühl, das ich mir nicht erklären konnte.
    »Julian? Das … das ist doch nicht wahr, oder? Die spinnt doch?«
    Ich seufzte. Es war eigenartig, nach so langer Zeit wieder mit meinem Vater zu sprechen, der für mich sehr lange eher etwas wie eine Figur aus einem Kinofilm gewesen war, den man mal vor vielen, vielen Jahren gesehen hatte. Ganz weit weg. Völlig unwichtig. Aber auf einmal spürte ich wieder, dass er mein Vater war. Und auch überhaupt nicht unwichtig.
    »Tom? Es … es ist wahr. Ich bin in Pakistan und ich brauche dringend Geld. Die Versorgung hier ist echt schlecht. Ich brauche Medikamente und Geld für etwas zu essen.«
    Ich hörte, wie Tom tief einatmete und hörbar die Luft wieder ausblies. »Ich werde sehen, was sich machen lässt.«
    »Wenn du etwas zusammenkratzen kannst, dann schick es bitte über Western Union, ja? Vielleicht fünfhundert oder so?«
    »Ich werde es versuchen, aber versprechen kann ich nichts. Wann kommst du denn zurück?«
    »Ich weiß es nicht, Tom. Aber ich komme zurück, versprochen.«
    Und als ich das aussprach, glaubte ich mir selbst.
    »Ach, noch was. Wir müssen eine Testfrage und -antwort vereinbaren. Wie wäre es mit: ›Wie heißt Ihre Mutter?‹»
    Tom seufzte. »Ja, wenn dir nichts Besseres einfällt. Von mir aus. Aber sag mal, warum machst du das al…?«
    Klick. Die Verbindung wurde unterbrochen. Irritiert starrte ich auf den Hörer. Unser letztes Geld war aufgebraucht.
    »Und?«, fragte Murat.
    Ich zuckte mit den Schultern. »Er versucht es.« Auf einmal fiel mir ein, dass uns ein Transfer gar nichts nützen würde, solange ich keinen Ausweis hatte. Verdammt.
    Noch auf der Rückfahrt ins Lager wandte ich mich an den Sheikh. »Ich habe da ein Problem«, begann ich.
    »Ja? Vielleicht kann ich dir helfen?« Er sah mich wohlwollend an.
    Und ich erzählte ihm von der Sache mit Western Union.
    »Verstehe. Ich besorge dir einen Pass. Den wirst du ohnehin bald brauchen.« Er lächelte und machte mit dem Handy ein paar Fotos von mir.
    Wieso würde ich ihn bald brauchen? Was plante er?
    »Wofür?«, fragte ich.
    »Ich habe dich ausgewählt. Du wirst ein Shahid, Abdel Jabbar. Abdel Jabbar Shahid. Na, wie klingt das?«
    Mein Herz pochte schneller. Auserwählt? Ich? Und auf einmal schoss purer Stolz aus meinem Innersten wie Magma aus einem Vulkan. Ich, ausgerechnet ich, war auserwählt. Der Traum mit dem Burak war kein Dünnschiss meines Unterbewusstseins, er war eine Prophezeiung gewesen. Ma würde sich wundern. War ihr missratener Sohn doch zu etwas gut. Was wäre das für eine Überraschung, wenn sie durch mich trotz all ihrer Sünden doch noch ins Paradies käme. Ich lächelte.
    Murat biss sich auf die Unterlippe und sah demonstrativ zum Fenster hinaus. Da war wohl jemand eifersüchtig.
    »Wann? Wo?«, quoll es aus mir heraus, aber der Sheikh legte mir beschwichtigend die Hand auf den Arm.
    »Übe dich in Geduld, Abdel Jabbar. Du wirst alles noch rechtzeitig erfahren.«
    Seitdem ich wusste, dass ich bald zum Shahid werden würde, rackerte ich mich noch mehr ab. Schleppte mit größtem Enthusiasmus die Flugabwehrraketen den Berg hoch und bei der Nachtwache war ich munter wie ein Erdmännchen.
    Doch seit dem Gespräch mit dem Sheikh verhielt sich Murat seltsam. Irgendwie schien ihn alles nur noch anzukotzen. Er ließ sich mit allem alle Zeit der Welt, gab sich

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