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Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Titel: Djihad Paradise: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kuschnarowa
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wir am nächsten Morgen erwachten, hatte Akrams Frau uns schon eine Art Dickmilch, Käse und Brot bereitgestellt und nach dem Frühstück machten wir uns auf den Weg in die Stadt. Zum Glück hatten wir noch ein wenig Geld, das die Schleuser, alhamdulillah, übersehen hatten, weil Murat es an einem – nun ja, sehr intimen Ort versteckt hatte.
    Und jetzt schlenderten wir durch die Stadt wie Touristen. Unglaublich, wie schnell man sich das Stadtleben abgewöhnen konnte. Ich konnte kaum glauben, was ich hier alles sah. Brot, Fleisch, Käse, Obst, Gemüse. Wir waren völlig ausgezehrt von unserer Trockenbrot-Kartoffel-Diät und kauften an einem Stand vier Portionen von einem gegrillten Irgendwas und eine ganze Tüte Obst, das wir in Lichtgeschwindigkeit vernichteten. Aber was mich wirklich fast umhaute, war der Umstand, dass man hier sogar echtes Nutella, Pepsi und gelatinefreie Gummibärchen kaufen konnte. Und da konnten wir wirklich nicht mehr an uns halten und kauften, was das Zeug hielt und Akram wollten wir auch etwas davon abgeben. Was mir dann aber vollends die Schuhe auszog, war die Tatsache, dass man hier Waffen kaufen konnte, wie in Deutschland Klamotten. Überall waren kleine Garagenläden, in denen Handwerker an Patronenhülsen herumdengelten oder Waffen reparierten. Wir betraten einen der Läden und es traf uns fast der Schlag. Hier gab es alles. Uzis. Kalaschnikows. Desert Eagles. Handgranaten. Panzerfäuste. Waffen aus dem Ersten Weltkrieg und modernste halbautomatische Waffen, die wohl von den Amis stammten.
    Murat schnappte sich eine Bazooka und ich bedauerte, dass ich kein Handy mehr hatte, um ein Foto von ihm zu schießen. Wir waren total aufgekratzt.
    Das letzte Ziel unseres Ausflugs war ein Internetcafé.
    »Mal sehn, ob sie uns schon suchen«, sagte ich zu Murat und grinste. Und wir klickten uns aus Spaß ein wenig durch die Djihadisten-Videos. Jetzt waren wir endlich auf einer Höhe mit ihnen und hatten unseren ersten Drohnenangriff überlebt. Auf einmal rief Murat: »Mach noch mal zurück!«
    »Wieso?«, fragte ich, erfüllte ihm aber seinen Wunsch.
    »Da … da …«, Murats Stimme war tonlos. Aber er musste gar nicht weitersprechen. Denn das, worauf Murat deutete, war Ahmad. Genauer gesagt war es Ahmads Kopf und er wurde von einem der Taliban-Heinis, die unser Lager überfallen hatten, in die Kamera gehalten und wenigstens so viel konnte ich verstehen, dass er der Welt damit demonstrieren wollte, was mit Verrätern geschah. Mir wurde schlecht. Der einzige Verräter, den es gab, war Hamid und dem ging es vermutlich blendend.
    Wütend und traurig kehrten wir in Akrams Haus zurück und überreichten ihm unsere Gastgaben.
    »Was ist denn mit euch auf einmal los?«, fragte er. »Heute Morgen hattet ihr doch noch so gute Laune?«
    Und als wir ihm von dem Video erzählten, blickte er uns betrübt an. »Ja, ein Jammer, dass sich die Krieger Allahs auch gegenseitig bekriegen.«
    Nach einer fürchterlichen Albtraumnacht, in der ich Murat mit abgeschlagenem Kopf gesehen hatte, fuhr uns Akram dann nach Datta Khel, einem Kaff in den Bergen, das nur aus ein paar Clan-Gehöften bestand.
    »Danke für alles, Akram«, sagte ich. Wir umarmten uns. Bevor Akram mit stotterndem Motor losfuhr, hupte er uns noch einmal kurz zu, ehe er in der bergigen beigen Ödnis verschwand.
    In Datta Khel trafen wir den Sheikh einer Al-Qaida-Gruppe, der ein Ausbildungslager in den Bergen führte. Nachdem wir ausgiebig befragt und gefilzt worden waren, schickte er uns mit einem Mann, der das Lager mit Lebensmitteln versorgte, dorthin.
    Im Großen und Ganzen unterschied sich das Lager nicht sehr von unserer ersten Ausbildungsstätte, nur dass es etwas größer war und ungefähr fünfundzwanzig Kämpfer ausbildete, von denen viele Saudis waren. Auch hier trat die Religionsausübung ziemlich in den Hintergrund und das zentrale Thema war wie in unserem ersten Lager Theorie und Praxis des Djihad. Ein halbes Jahr durchliefen wir dort erst so eine Art Grundausbildung und durften später an den Kursen für Fortgeschrittene teilnehmen. Für Murat und mich war hier alles viel einfacher, weil ein Großteil der Saudis kleine, fette Paschas waren, die sich nur sehr schwer in Gang setzen ließen und meistens schon vor der Hälfte des Trainings zusammenbrachen. Und dann gab es noch ein paar Europäer, die aber ihr bisheriges Leben vor allem vor dem Bildschirm verbracht hatten und deren bisherige Nahrung aus Chips und Cola bestanden zu haben

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