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Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Titel: Djihad Paradise: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kuschnarowa
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unser Gespräch arbeitete weiter in mir. Kemal hatte recht. Irgendetwas musste ich tun, um Julian da rauszuholen. Aber was?
    Ein paar Tage später stand ich vor der Wohnung von Julians Vater. Ich klingelte und hatte ein ganz seltsames Gefühl dabei. Es dauerte eine Weile, bis Julians Vater die Tür öffnete. Überrascht musterte er zuerst mein Kopftuch und dann mich. Und ich, ich spürte ein schmerzhaftes Ziehen tief in mir. Vor mir stand Julian, zwanzig Zentimeter kleiner, dreißig Jahre älter und dreißig Kilo schwerer.
    »Hallo, Herr Engelmann. Ähm … mein Name ist Romea Achenbach und ich bin die Freundin – also, ich war die Freundin – von Julian.«
    Er sah mich verständnislos an.
    »Darf ich vielleicht reinkommen? Wir müssen reden. Über Julian.«
    Wortlos trat er beiseite und ich ging ins Innere der Wohnung. Es war so, wie Julian es beschrieben hatte. Das Fragment einer Einrichtung. Die Möbel, die fehlten, waren fast noch präsenter als die, die noch da waren.
    »Ähm, ja, setz dich doch.« Verschämt ließ er ein paar leere Bierflaschen in einem Kasten verschwinden.
    »Danke«, sagte ich und setzte mich.
    Auch er ließ sich nieder. »So, so, über Julian willst du mit mir reden … Ich habe seit anderthalb Jahren nichts mehr von ihm gehört.«
    »Oh, so lange hat er sich nicht gemeldet?« Ich war enttäuscht. Insgeheim hatte ich gehofft, dass er seinen Vater vielleicht schon einmal aus Pakistan kontaktiert haben könnte.
    »Herr Engelmann … ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll …«
    Aber dann begann ich einfach zu erzählen und zu erzählen und die Augen von Julians Vater wurden immer größer und ungläubiger.
    »Julian ist was? Konvertiert? Zum Islam? Und jetzt lässt er sich zum Selbstmordattentäter ausbilden?« Er wischte sich mit einem Stofftaschentuch über die Stirn. »Nimm mir das bitte nicht übel, aber es fällt mir wirklich schwer, das zu glauben.«
    »Hm, ja. Das … das kann ich verstehen. Ich kann es selbst kaum glauben.« Und nach einer Pause: »Es kann sein, dass er sich irgendwann aus Pakistan meldet und Geld braucht. Ich weiß, dass Sie … Na ja, jedenfalls, wenn Julian Geld braucht, bitte rufen Sie mich an. Ich … ich würde es ihm gern geben.« Ich schrieb meine Nummer auf einen Zettel.
    Julians Vater lächelte matt und nickte.
    »Na ja, ich geh dann mal wieder«, sagte ich und stand auf.
    Julians Vater brachte mich noch zur Tür und als wir uns verabschiedeten, schüttelte er den Kopf und sagte: »Ich kann das überhaupt nicht verstehen, warum Julian sich von dir getrennt hat.«

Als Murat und ich in Mir Ali an der afghanischen Grenze ankamen, waren wir fix und fertig.
    Mehr als einen Tag hatte es gedauert, bis Hilfe in das zerbombte Dorf gekommen war und wir hatten inzwischen versucht, uns nützlich zu machen, indem wir damit begonnen hatten, den Schutt der zerstörten Häuser wegzuräumen und dabei noch einige Tote gefunden hatten. Dieser Anblick hatte sich mir ins Hirn gebrannt wie ein Brandstempel. Ich war mir sicher, dass ich das, was ich da gesehen hatte, niemals wieder vergessen würde.
    Einer der Helfer hatte Murat und mich mit nach Mir Ali genommen, die anderen aus unserer Ausbildungstruppe wollten sich irgendwie in die Berge durchschlagen und sich den Taliban anschließen.
    Apropos vergessen, in dieser ganzen beigen Bergödnis hatte ich fast vergessen, wie schön Grün war und mir ging fast das Herz auf, als wir auf Mir Ali zufuhren, das in einem grünen Tal lag. Felder. Ein Gewässer. Bäume. Grün. Fast schlingpflanzengrün. Der Romea-Shania-Stachel bohrte sich wieder einmal tiefer in mein Fleisch. Verflucht sei sie, die Schlampe!
    Einer der Helfer, er hieß Akram, wollte uns für ein paar Tage aufnehmen und uns dann zu einer Al-Qaida-Gruppe führen, die in der Datta-Khel-Region aktiv war. Auf längere Sicht waren die größeren Städte Nordwaziristans wie Wana, Miranshah und leider auch Mir Ali zu unsicher für die Gotteskrieger der Al-Qaida und deshalb hatten sie sich in die Regionen Datta Khel und Danda Darpa Khel zurückgezogen.
    Akram überließ uns ein Zimmer, in dem zwei Holzliegen standen. Was für ein Luxus, wenn man drei Monate in ein Schaffell gewickelt auf einem Felsenvorsprung geschlafen hatte. Und zum ersten Mal gab es außer Brot und Kartoffeln auch Fleisch. Murat und ich konnten kaum an uns halten. Diesen Akt der Gastfreundschaft würden wir sicherlich niemals vergessen. Nach dem Essen fielen wir felsbrockenschwer auf die Liegen.
    Als

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