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Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Titel: Djihad Paradise: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kuschnarowa
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und einem im Treppenhaus des Tatorts auch noch ein verräterischer Zettel aus der Jackentasche gefallen war.
    Tja, was soll ich sagen? Damit waren unsere Flitterwochen auf einen Schlag zu Ende. Der Typ verständigte seine Kollegen. Romea sah mich fassungslos an, ich wurde abgeführt und sie musste die Suite nun allein bewohnen. Und ich an ihrer Stelle hätte mir sofort einen der knackigen Spanier geschnappt, die ohnehin schon den ganzen Abend um sie herumgebalzt hatten, wenn ich Tequila geholt hatte, und hätte ihn mit aufs Zimmer oder gleich ganz mit in mein Leben genommen. Denn ein solches Arschloch wie Julian Engelmann gab es nur ein einziges Mal auf dieser Welt.

»Ein Käfig ging einen Vogel suchen.«    Franz Kafka, Aphorismen 16

Damit war das Abenteuer zu Ende. Alles war zu Ende. Ich hatte es wie immer korrekt verkackt. Der Wagen stand schon vor dem Club und einer der Bullen stieß mich auf den Rücksitz. Romea stand draußen und starrte mich entgeistert an. Ja, Süße. Ich weiß. Ich bin ein Arschloch.
    Als der Wagen losfuhr, geriet ich in Panik und am liebsten wäre ich rausgesprungen, denn ich hatte Romea noch so viel zu sagen. Doch das war nun zu spät.
    Als wir im Präsidium ankamen, wurden alle meine Sachen durchsucht inklusive mir und aller meiner Körperöffnungen. Dann kam ich in eine Einzelzelle. Ab und zu schaute einer der Beamten durch die kleine Klappe in der Tür und sprach mit mir, aber ich verstand nur Bahnhof. Und nach ein paar Tagen wurde ich nach Deutschland gebracht und landete direkt in U-Haft, denn man hatte bereits nach mir gesucht und man hatte auch ganz genau gewusst, wen man suchen musste, denn a) hatte Sling gequatscht und b) hatte ein gewisser Julian Engelmann seinen Schülerausweis bei der versuchten Ausübung eines Verbrechens, genauer gesagt, Beihilfe zum Einbruch, verloren.
    Ich hatte noch Gelegenheit, eine Person meines Vertrauens zu benachrichtigen. Also rief ich Romea an.
    »Hi, Süße! Ich bin’s. Wo bist du?«
    »Zurück im Kerker«, sagte sie.
    Obwohl mir gar nicht danach war, musste ich grinsen. »Dito.«
    »Verdammt. Ich vermiss dich schon jetzt so.« Sie rang nach Luft. »Ich … ich weiß nicht, wie ich ohne dich weitermachen soll«, presste sie noch hervor. »Sie haben dich hoffentlich nach Berlin verlegt?«
    Mist! So, wie sie klang, verschwanden ihre Augäpfel gerade hinter zwei dicken Linsen aus Tränen.
    »Ja, ich bin wieder hier. Hey, Süße, es ist ja nicht für immer«, sagte ich und dachte: Gehen Sie in das Gefängnis. Gehen Sie direkt dorthin. Gehen Sie nicht über Los und ziehen Sie keine viertausend Euro ein!
    »Julian?«
    »Ja?«
    »Ohne dich will ich nicht mehr leben.«
    Ich geriet in Panik. »Hey, bitte mach keinen Scheiß!«, flehte ich sie an. Eine Woge aus purem Hass, Hass gegen mich, Hass gegen den lahmen Tom und meine flüchtige Mutsch flutete in mir an und brach sich zwischen meinen Synapsen.
    »Bitte sag das nicht. Du musst ohne mich leben. Eine Weile.« Was brabbelte ich da eigentlich? »Süße?«
    »Ja?«
    »Vergiss mich einfach«, sagte ich.
    Und dann stand ich vor dem Telefon und starrte auf den Hörer, den ich eben aufgelegt hatte. Irgendwas in mir zog sich zusammen und versuchte mich in sich hineinzusaugen. Julian Engelmann verdichtet zu einer Handvoll Schmerz mit einer aberwitzig hohen Pulsfrequenz.
    Vor lauter Puls hatte ich gar nicht gehört, dass der Beamte, der sich in einiger Entfernung postiert hatte, sich näherte und mich am Oberarm anfasste. Ich zuckte zusammen und ließ mich willenlos in meine Zelle führen.
    Tja, und dann saß ich also ein. Und das war richtig beschissen, obwohl alle so taten, als wäre es gut möglich, dass alles ein großer Irrtum sein könnte. Ich war jetzt so eine Art »Bürger im Knast« und wir alle spielten Theater. Ich spielte den Unschuldigen und die Beamten, der Anstaltsleiter und die Bediensteten, die alle heilige Zeit mal in meiner Zelle vorbeikamen, spielten, dass sie mir meine Unschuld glaubten. Unser Umgang war höflich, aber verlogen. Anders als der Umgang mit Ice und seinen Leuten, während dem die Drohungen immer ganz klar und riesengroß im Raum standen, und wenn man nicht spurte, konnte man plötzlich eine Faust mitten im Gesicht haben.
    Abgesehen vom Personal bekam ich selten jemanden zu Gesicht. Ich hatte eine Einzelzelle, die mir Tag für Tag immer mehr wie eine einsame Insel vorkam. Eine Insel, die so klein war, dass all die verurteilten Strafgefangenen wie winzige Schiffe auf einem

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