Djihad Paradise: Roman (German Edition)
Hände.
»Verdammt, jetzt öffnen Sie es endlich. Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit und ich muss dabei sein, wenn Sie es öffnen.«
Shit! Aber besser als kein Paket. Meine Hände zitterten, als ich das Klebeband löste. Ich war ein wenig enttäuscht, als es außer einem Inhaltsverzeichnis nichts Schriftliches enthielt. Jedes Geschenk war in anderes Papier gewickelt, das wohl von den Beamten schon mal geöffnet und wieder lieblos um die Dinge geschlagen war und da erst begriff ich, dass sie wahrscheinlich nichts schreiben durfte. Seejungfrau. Herzchen. Rap-Schriftzug. Ich liebe dich auch, kleines Seeungeheuer, dachte ich.
Wow! Alles, was ich mir gewünscht hatte und krass, die Kleine war völlig wahnsinnig, ein völlig neues Notebook! Da konnte ich endlich wieder Mucke machen. Der Beamte sah mir über die Schulter, schüttelte den Kopf und nahm mir den Rechner aus der Hand.
Das konnte doch wohl nicht wahr sein. Das war meines. »Hey!«, rief ich. »Was machen Sie denn da?«
»Notebook in der Zelle, das können Sie vergessen! Was für eine Schnapsidee! Bestellen Sie sich doch gleich noch Wodka, Koks und Nutten!« Der Wärter sammelte das Papier und die Schachtel ein. »Das kriegen Sie, wenn Sie herauskommen, aus der Verwahrkammer wieder.« Grußlos entfernte er sich. Arschloch!, dachte ich und war deprimiert. Also keine Musik. Fuck. Das war er, der lange Arm des Gesetzes, und gerade hatte er mir gewaltig eine reingehauen.
Eine Woche später war wieder Besuchstag. Geladen hatte ich Tom. Natürlich war ich nicht so aufgeregt wie neulich bei Romea. Aber irgendwie freute ich mich doch, meinen kaputten alten Herrn zu sehen.
Ich saß wieder vor der Trennscheibe und wartete und wartete. Die Zeit verrauschte, aber Tom tauchte nicht auf. Nach einer halben Stunde kam der Wärter wieder und sah mich bedauernd an. Er zuckte mit den Schultern und deutete auf die Uhr. Ich erhob mich und als ich den ersten Schritt machen wollte, merkte ich, dass meine Beine auf einmal aus Blei waren. Ich kam kaum vorwärts, so schwer waren sie. Wie in Trance schleppte ich mich in meine Zelle. Ich musste echt mit den Tränen kämpfen. Tom war so ein Loser. Ich weiß, Tom ist krank und hat nicht die gleiche Kraft wie normale Leute. Aber jetzt, wo ich ihn so sehr brauchte, da hätte er sich doch aufraffen können. Und auf einmal stieg ein ganz furchtbarer Hass gegen ihn in mir auf und ich trat mit aller Kraft gegen die Wand, die das höchst unbeeindruckt hinnahm. Nur mein Fuß nicht. Ich fluchte und ließ mich aufs Bett fallen. Jetzt hatte ich gar keine Familie mehr. Mutsch war schon längst so was von abgeschrieben. Aber zumindest hatte ich noch einen Vater gehabt. Auch wenn er schwach und eigentlich eher wie ein Kind war. Aber immerhin. Jetzt haben wir nur noch uns. Ph … Jetzt hatte jeder nur noch sich. Jetzt war ich so ’ne Art Waise. Aber Tom hatte wirklich gar keinen mehr. Wahrscheinlich war es nur noch eine Frage der Zeit, bis er auf der Straße stehen würde.
Murat kam vom Klo. »Ach du Scheiße, was habense denn mit dir angestellt?«, fragte er.
Ich winkte ab. »Ph … Mein Alter ist nicht gekommen.«
Murat sah mich bedauernd an und hockte sich neben mich auf das Bett. »Hey, aber du hast doch noch die da.« Er deutete auf die Zeichnung.
Ich warf ihm einen schrägen Blick zu.
»Und sie ist keine Schlampe«, fügte er noch schnell hinzu.
»Ja. Und ich bin echt ein Glückspilz. Aber für Romea wäre es besser, wenn es mich nicht gäbe.«
»Ah, das Arschloch übt sich in Selbstmitleid.« Murat boxte mich in die Seite. »Los, wir beten jetzt!«, rief er und zerrte mich hoch.
»Ey, Alter, hast du sie noch alle?«
»Jetzt probier es doch wenigstens mal. Ein Mal, o.k.? Wenn du es scheiße findest, dann lasse ich dich für immer in Ruhe.«
Na super! Als wäre der Tag nicht schon beschissen genug gewesen, sollte ich jetzt auch noch beten. Aber andererseits, beten oder nicht, das war nun auch scheißegal. Und wenn er mich danach in Ruhe ließ …
Wir gingen ins Bad.
»Pass auf, zuerst musst du bekunden, dass du das Gebet und das Wudu‘ machen willst. Dann wäschst du dir das Gesicht, spülst Mund und Nase aus und danach wäschst du dir die Hände bis zu den Ellenbogen. So. Jetzt streichst du dir über den Kopf und dann kommen die Füße dran. Erst der rechte und dann der linke.« Murat machte mir die Bewegungen vor und widerwillig ahmte ich sie nach.
»So, fertig bist du für salat, das Gebet.«
»Aha, toll«, sagte ich wenig
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