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Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Titel: Djihad Paradise: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kuschnarowa
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musst. Und alle Salafisten sind Brüder und Schwestern. Das ist eine große Familie, die immer für dich da ist. O.k., eigentlich sind alle Muslime Brüder und Schwestern, das ist die Umma. Aber die Salafisten sind die einzig wahren Muslime. Na ja, und vielleicht noch die Wahhabiten. Aber davon mal abgesehen, immer, wenn du einem Bruder oder einer Schwester begegnest, ist das wie nach Hause kommen. Und wenn du betest, das ist besser als Koks. Echt. Dann spürst du, dass alles einen Sinn hat und du Teil von etwas ganz Großem bist.«
    »Und wann bist du Salafist geworden und was warst du vorher?«
    »Vorher war ich … ja, irgendwie schon auch Moslem, aber kein guter. Ich habe lauter Dinge gemacht, die haram, also die unrein waren. Rumgevögelt und gesoffen und Drogen genommen und so. Aber jetzt bin ich frei davon. Seit ich sechzehn bin. Also seit zwei Jahren.«
    Ich musste schlucken, die Biografie hatten wir bis dahin weitestgehend gemeinsam.
    »Und du? Woran glaubst du?«, fragte er mich auf einmal und ich, ich geriet in Schwierigkeiten. Ich glaubte an nichts. Das Einzige, was ich glaubte, war, dass ich Romea liebte. Aber das war auch Quatsch. Denn das glaubte ich nicht, sondern wusste es.
    Und dann erzählte ich einfach mal mein Leben. Als ich geendet hatte, nickte er.
    »Dein Leben ist gar nicht so anders als meines. Aber wer von uns beiden ist glücklicher? Und woran liegt das? Denk mal drüber nach.« Damit drehte er sich endgültig auf die Seite und eine halbe Minute später fing er laut an zu schnarchen.
    Ich hätte es niemals für möglich gehalten, aber Murat und ich wurden nach und nach ein richtiges Team. Ich glaube sogar, wir waren echt Freunde. Jedenfalls redeten wir jetzt ständig miteinander, anstatt uns wie vorher zu ignorieren und auf einmal war ich verdammt froh, nicht mehr in Einzelhaft zu sein.
    Aber trotz der Tatsache, dass ich mich mit Murat inzwischen echt super verstand, obwohl er irgendwie ziemlich spacig war, überwältigte mich immer wieder so was wie Verzweiflung. Ich befahl mir, die Zähne zusammenzubeißen und nicht so eine Lusche wie mein Alter zu werden, doch so richtig gelang es mir nicht. Nie im Leben hätte ich mir vorstellen können, dass man jemanden überhaupt so dermaßen vermissen konnte, wie ich Romea vermisste. Da war so ein ständiger Schmerz, der sich immer tiefer in meine Innereien fraß. Dabei war es doch gar nicht mehr so lang hin, bis ich sie wiedersehen würde, aber verdammt, es fühlte sich an wie Jahre. Und immer wenn mich dieses Gefühl mit sich fortriss, saß ich vor der Zeichnung und starrte sie an und war mir der Unmöglichkeit meines Lebens total bewusst. Noch knapp drei Monate. Und dann? Dann würde ich sie wieder in meinen Scheiß mit reinziehen. Ich hatte keine Kohle und müsste wieder einen Typen wie Ice um einen Job anhauen. Eines war mal so sicher wie dieser scheiß Knast hier, zu Ice konnte ich definitiv nicht mehr angekrochen kommen. Wir hatten den Bruch vermasselt und ich hatte die Pillen unterschlagen. Der würde mich zu Hackfleisch verarbeiten oder Schlimmeres.
    Ich war echt down. Aber das einzig Gute am Downsein ist, dass das genau die richtige Stimmung ist, um gute Mucke zu machen. Aber ich hatte ja überhaupt kein Equipment. Bestenfalls hätte ich Texte schreiben können. Ich spürte Murats Blick im Rücken und drehte mich um.
    Er betrachtete mich mitleidig. »Und? Isses schlimm?«, fragte er und ich, ich zuckte mit den Schultern.
    »Sag mal, willst du vielleicht beten?«
    Ich sah ihn entgeistert an. »What the fuck?! Ich will doch nicht beten, Mann! Eine Betbitch pro Zelle ist echt genug«, sagte ich und warf mich in die Kissen.
    »Hey, Alter, das hilft echt! Früher war ich auch oft so down, aber na ja, heute – da gibt mir das echt Kraft.«
    »Alter, lass mal. Mach du dein Betding und ich plane meine Zukunft«, wehrte ich ab.
    Murat zuckte mit den Schultern. »War ja nur ein Vorschlag. Wir missionieren nicht«, sagte er und verschwand im Bad, um sich kurz danach auf seinen Teppich zu werfen.
    In diesem Moment öffnete sich die Zelle und der Wärter tanzte mit einem Paket an, das er auf den Tisch stellte. Dann wartete er.
    »Herr Engelmann, das ist für sie. Sie müssen es bitte sofort auspacken.«
    Ich erhob mich verwundert. Dann fiel es mir ein. Das war von Romea, bestimmt war es von Romea. Verdammt, was wollte der Wärter denn noch? Das war das intimste Paket meines Lebens und nun stand er doof rum und glotzte mir auf die

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