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Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Titel: Djihad Paradise: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kuschnarowa
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Das konnte ja nur unser Schleuser sein. Wir sprangen auf und hasteten zurück zur Straße. Als das Fahrzeug auf unserer Höhe war, hielt es an und ein Typ sprang heraus.
    »Waziristan?«, fragte er.
    »Yes«, antworteten wir wie aus einem Mund.
    Er öffnete die Ladeklappe, drängte die Ziegen, die nach unten wollten, fluchend zurück und deutete auf die Ladefläche. Murat verharrte stocksteif und auch ich rührte mich nicht. Das konnte doch nicht wahr sein!
    »Hurry! Hurry!«, rief der Schleuser ärgerlich.
    Also zwängten wir uns zwischen die meckernden Ziegen, der Typ schloss die Klappe.
    »Down! Down!«, brüllte er uns zu und verdrehte die Augen. Und wir, wir tauchten ab zwischen die stinkenden Ziegenleiber und hockten uns auf Stroh und Scheiße. Und dann begann das Gekurve. Wir wurden gerüttelt und geschüttelt, über uns ein blökendes und meckerndes Meer aus Ziegenbäuchen, die ebenfalls in jeder Kurve über einander und über uns stolperten. Murat war schon ganz grün im Gesicht. »Das war eine ganz beschissene Idee, Abdel«, keuchte er.
    Aber in mir hatte inzwischen der Trotz eingesetzt. Ja, es war alles beschissen. Aber zu Hause war auch alles beschissen. No future. Alles war im Arsch. Es gab nur noch eine Richtung und die hieß Djannah. Und weil ich das so beschlossen hatte und weil ich keine Zweifel mehr an meinem Beschluss haben wollte und Murats Gewinsel Zweifel erzeugte, ging mir Murat gerade ganz gewaltig auf den Keks.
    »Halt endlich die Klappe, verdammt!«, schrie ich ihn an. »Du bist auserwählt. Das ist eine Ehre, Mann! Reiß dich gefälligst ein wenig zusammen!«
    Murat starrte mich für einen Augenblick verständnislos an, aber er schwieg und blickte demonstrativ in eine andere Richtung. Trotzdem wurde er immer bleicher. Irgendwas arbeitete in seinem Magen, das war nicht zu übersehen und plötzlich kotzte er mitten ins Stroh. Aber er sagte nichts mehr.
    Auch mein Durst war unerträglich geworden, mein Kopf dröhnte und bei jedem Schlagloch stieg in mir die Übelkeit auf wie ein Geysir. Ich versuchte ins Leere zu starren, aber dabei streifte mein Blick die Ziegeneuter. Das war überhaupt die Idee. Ich hatte zwar keine Ahnung, wie man molk, aber irgendwie musste das doch möglich sein. Ich griff nach einem Ziegeneuter, stellte mich dabei aber so ungeschickt an, dass das Tier aufgeregt meckerte und mich mit dem Hinterbein am Auge erwischte. Ich fluchte, aber ich hatte so einen Durst, dass ich es wieder und wieder versuchte. Und irgendwann gelang es mir, die Milch im Topf des Campinggeschirrs aufzufangen. Ich reichte ihn an Murat weiter. Er grinste und sagte: »Hey, danke, Bruder.« Dann versuchte ich es noch mal mit einer anderen Ziege und trank dann selbst. Gewöhnungsbedürftig. Aber na ja, zumindest verdursten würden wir wenigstens bis auf weiteres nicht.
    Irgendwann muss ich eingeschlafen sein und erwachte erst wieder, als der Kleinlaster anhielt. Verdammt. Jetzt war alles vorbei. Murat und ich hatten uns ganz flach auf die Ladefläche gelegt und die Ziegen traten auf uns herum. Ich hörte die Stimme unseres Fahrers und eines anderen Mannes, der unser Fahrzeug offenbar gestoppt hatte.
    Verdammt, was wäre, wenn der Typ uns auf der Ladefläche entdecken würde? Würde er uns zurückschicken? Einsperren? Erschießen? Ich traute mich fast nicht mehr zu atmen.
    Aber plötzlich fuhr unser Ziegentransporter wieder an. Jetzt erst bemerkte ich, wie sehr mein Auge schmerzte. Aber durch das Gezuckel und Gewackel wurde ich wieder in den Schlaf geschaukelt.
    Als es hell wurde, blieb das Fahrzeug plötzlich stehen. Der Fahrer öffnete die Ladeklappe, wir sprangen auf den Boden und der Fahrer sagte: »Here we are. Give me your money!«
    »How much?«, fragte ich.
    »Everything.«
    »Everything? Are you crazy?«, fragte ich aufgebracht.
    Eine Gruppe anderer Männer war hinzugetreten und unser Fahrer fackelte nicht lange und stieß mich mit dem Bauch voran an die Seite des Lieferwagens. Zwei Typen hatten Murat die Arme auf den Rücken gedreht und ein Dritter hielt mir eine Knarre an die Schläfe. Dann wurden wir und unser Gepäck durchsucht. Die Männer nahmen alles, was ihnen gefiel, all unser Geld und die Pässe. Toll. Jetzt waren wir echt am Arsch. Als sie fertig waren, ließen sie uns los und brachten uns in ein Haus, das wir nicht verlassen durften. Wobei Haus vielleicht ein wenig übertrieben war. Es war mehr so eine Hütte und der Raum, in dem wir eingeschlossen wurden, hatte einen Boden aus

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