Doberstein & Rubov 01 - Feuerfrauen
vermisst, dass man sich mit dir so frei und offen unterhalten konnte«, stellte Klaus klar. »Wie mit ’nem richtigen Kumpel. Heute geht das plötzlich. Unsere Trennung hat also auch ihre Vorzüge.«
Das war das Stärkste, was sich Sina seit langem anhören musste. Sie konnte es kaum fassen. Waren sie beide tatsächlich so weit, dass Klaus sie als einen seiner Biertischkumpels ansah? War ihm völlig entgangen, dass sie mal ein Paar gewesen waren? Hatte er seinen Sinn für Romantik, Takt und Anstand absolut verloren? »Du fährst also wirklich nur deshalb hierher, um mir zu erzählen, dass du dein Herz an eine andere verloren hast und ich mich mehr um den Hund kümmern soll?«, grollte Sina. »Das hättest du besser am Telefon erledigen sollen, denn hier läufst du Gefahr, dass du dir gleich eine gewaltige Ohrfeige einfängst.«
Klaus hob beschwichtigend die Hände und wiederholte – bereits etwas lallend – den ersten Grund für sein Kommen: »Ich mache mir ernsthafte Sorgen um dich! Deswegen bin ich gekommen. Ich will verhindern, dass ihr eine Dummheit begeht.«
Sie ersparte es sich, darauf einzugehen. Lieber wollte sie die Rechnung verlangen. Doch daraus wurde nichts. Der Abend sollte für Sina noch lang werden.
22
Gabriele kannte dieses Spiel inzwischen recht gut: Erst drehte und wendete sich ihre Freundin wie wild auf ihrem Laken. Dann setzte eine Mischung aus Stöhnen, Wimmern und Fluchen ein. Danach war es einen Moment lang still, bevor der ganze Zirkus von vorne losging. Gabriele war kein Mensch, der nur in mucksmäuschenstillen Räumen schlafen konnte. Schließlich lag ihre Nürnberger Wohnung oberhalb ihres Antiquitätengeschäfts an einer belebten Straße. Doch diese Unruhe, die da von ihrer Bettgefährtin ausging, war schlimmer als jeder Verkehrslärm.
»He! Nun langt’s!«
Sina wurde ruppig aus dem Schlaf gerissen. »Wer, was, wie?« Sie brauchte einige Sekunden, um ihre Traumwelt zu verlassen. Erst dann nahm sie das entnervte Gesicht ihrer Freundin wahr.
»Tut mir leid, aber bei dem Lärm, den du fabrizierst, kann kein vernünftiger Mensch die Augen zuhalten.«
»Sorry, auf meine Schlafgewohnheiten habe ich keinen Einfluss«, bemühte sich Sina um eine Entschuldigung.
Gabriele ließ sich zurück auf ihr Kissen fallen und starrte an die Decke. »Dein Albtraum – oder war es etwa diesmal ein Lusttraum?«
»Quatsch!«, raunte Sina. »Von Lust kann nicht die Rede sein.«
»Da also dein heutiger Albtraum ganz offensichtlich mit deiner Abendverabredung zusammenhängt, würde ich vorschlagen, wir wiederholen unsere Therapie von neulich.«
Sina musste einen Moment nachdenken, bevor sie begriff: »Ach, ich soll mich wieder einmal ausquatschen?«
»Immerhin hast du dich nach unserem letzten gemeinsamen Nachtplausch deutlich besser gefühlt, oder?«
Da konnte Sina nicht widersprechen. Außerdem würde es ihr nur guttun, wenn sie durch ein Gespräch ein wenig von ihrer Wut auf Klaus abbauen könnte. »Na gut. Dann will ich gleich in die Vollen gehen, wenn’s recht ist.«
Es war recht. Gabriele atmete tief durch und konzentrierte sich aufs Zuhören.
»Wie soll ich sagen?«, setzte Sina an. »Mein verehrter Herr Ex-Freund hat sich heute Abend als eines der beschissensten Macho-Arschlöcher entpuppt, die frei herumlaufen.«
Gabriele drehte ihren Kopf: »Komm schon, Schätzchen. Das Ganze wird sich ein wenig gesitteter ausdrücken lassen, oder?«
Sina prustete verächtlich: »Gesitteter? Dass ich nicht lache! Gesittet ist nämlich genau das, was Klaus nicht ist. Der hat sich meinem angeknacksten Selbstwertgefühl gegenüber benommen wie der Elefant im Porzellanladen.«
»Nun mal sachte, Sina. Was genau hat er verbrochen?«
»Nachdem er mir unter die Nase gerieben hatte, dass mir das gewisse Etwas fehle, musste er nach dem fünften Bier auch noch unseren alten Beziehungsknatsch aufrollen.« Sina fiel es schwer, den Inhalt ihrer Unterhaltung mit Klaus noch einmal durchzukauen. »Der Kerl hat tatsächlich versucht mir weiszumachen, dass Männer nicht treu sein können . Stell dir das mal vor! Er hat allen Ernstes darüber diskutieren wollen.«
Gabriele schien davon nicht sonderlich berührt zu sein. Lapidar erkundigte sie sich: »Wie hat er das denn erklären wollen?«
Sina legte einen verächtlichen Tonfall auf: »Er hat den Akademiker herausgekehrt. Hat sich in Genetik versucht. Klaus meint, Untreue sei bei Männern erblich bedingt. Irgendwelche obskuren Wissenschaftler – wahrscheinlich
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