Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Doch die Sünde ist Scharlachrot

Doch die Sünde ist Scharlachrot

Titel: Doch die Sünde ist Scharlachrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Elizabeth
Vom Netzwerk:
gehört, wie zufrieden Madlyn mit sich war. Je länger ihr Vater mit Ione Soutar zusammen gewesen war, umso unruhiger war Madlyn geworden. Sie war fast ihr ganzes Leben lang die alleinherrschende Göttin im Hause Angarrack gewesen; ihre Mutter hatte sich kurz vor Madlyns fünftem Geburtstag aus dem Staub gemacht. Das Letzte, was seine Schwester wollte, war eine Konkurrentin um diese Position, die ihr eine beträchtliche Macht verliehen hatte. Und seine Macht gab niemand freiwillig auf.
    Cadan hatte die Zeitung unter Poohs Stange hervorgezogen, die die Frühstücksreste ebenso wie einen beachtlichen Vogelschiss aufgefangen hatte, und sie zusammengeknüllt. Dann hatte er eine frische alte Ausgabe des Watchman ausgebreitet und gesagt: »Also dann. Wir sind dann mal weg.«
    »Weg? Wohin?«, hatte Madlyn stirnrunzelnd gefragt.
    »Zur Arbeit.«
    »Arbeit?«
    Es wäre nun wirklich nicht nötig gewesen, dass sie ein solches Erstaunen zum Ausdruck brachte. »Adventures Unlimited«, hatte er ihr mitgeteilt. »Ich hab da einen Job bekommen.«
    Ihr Gesichtsausdruck hatte sich verändert. Cadan hatte gewusst, wie sie die Nachricht aufnahm: Sie fühlte sich von ihrem Bruder verraten – ganz gleich, ob er eine bezahlte Arbeit brauchte.
    Nun, sie würde damit klarkommen müssen, egal was sie davon hielt. Er musste Geld verdienen, und es gab so gut wie keine anderen Jobs. Er wollte keine Debatte über Adventures Unlimited mit ihr führen, ebenso wenig wie über Ione Soutar und deren Beziehung mit ihrem Vater. Also hatte er sich Pooh auf die Schulter gesetzt und als eine Art Ablenkungsmanöver gesagt: »Wo wir gerade von Verfallsdaten reden, Madlyn … Was zum Geier hast du vorletzte Nacht bei Jago getrieben? Sein Verfallsdatum hat er ja wohl schon vor vierzig Jahren überschritten.«
    »Jago ist ein Freund«, hatte sie ihm erklärt.
    »Das hab ich schon kapiert. Ich finde den Typen ja selber nett. Aber mir würde nicht einfallen, die Nacht mit ihm zu verbringen.«
    »Willst du etwa andeuten … Du bist ganz schön gehässig Cadan! Aber wenn du es genau wissen willst: Er kam, um mir von Santo zu erzählen, und er wollte es mir nicht in der Bäckerei sagen. Also hat er mich mit zu sich nach Hause genommen, weil er nicht wusste, wie ich auf die Nachricht reagieren würde. Er sorgt sich nämlich um mich, Cadan.«
    »Und wir nicht?«
    »Du mochtest Santo nicht. Tu nicht so, als wäre es anders gewesen.«
    »Augenblick mal! Zum Schluss hast du auch nicht mehr sonderlich auf ihn gestanden. Oder hat sich daran irgendwas geändert? Ist er zu dir zurückgekrochen, hat um Vergebung gewinselt und dir ewige Liebe geschworen?« Cadan hatte innerlich gejohlt. »Doch wohl kaum«, hatte er geschlossen, und Pooh hatte ergänzt: »Spreng Löcher im Speicher.«
    Cadan war unter dem schrillen Krächzen so nah an seinem Ohr zusammengezuckt.
    Das war Madlyn nicht entgangen. »Du hast dich gestern Abend wieder betrunken«, sagte sie. »War es das, was du in deinem Zimmer getrieben hast? Was ist nur los mit dir, Cadan?«
    Er wünschte, er hätte die Frage beantworten können. Er hätte es nur zu gern getan. Aber er war nun mal in den Spirituosenladen gegangen, ohne nachzudenken, und hatte Gin gekauft und ihn bis zum letzten Tropfen ausgetrunken. Dass er sich zu Hause volllaufen ließ, wäre doch anerkennenswert, hatte er sich eingeredet, wenn man bedachte, dass er ebenso gut in den Pub gehen könnte, an einer Straßenecke sitzen oder – noch schlimmer – mit dem Auto herumfahren, während er den Schnaps in sich hineinschüttete. Stattdessen hatte er Verantwortungsgefühl gezeigt: Diskret und innerhalb der eigenen vier Wände hatte er sich die Kante gegeben, wobei er niemandem als nur sich selbst Schaden zufügen konnte.
    Er hatte nicht hinterfragt, was dieser Eskapade zugrunde gelegen hatte. Doch als sein Kater abklang – ein willkommenes Ereignis, das sich leider erst am frühen Nachmittag einstellte –, erkannte er, dass er gefährlich nahe daran war, nachdenken zu müssen.
    Worüber er schließlich nachdachte, waren sein Vater, Madlyn und Santo Kerne. Aber ihm gefiel nicht, wohin seine Gedanken führten, als er diese drei Menschen in seinem Kopf zusammenbrachte, weil die Konstellation plötzlich und unerwartet zu einem unliebsamen weiteren Gedanken führte – dem Gedanken an Mord.
    Madlyn verliebt. Madlyns Herz gebrochen. Santo tot. Lew Angarrack … was? Draußen, mit seinem Surfbrett – an einem Tag, da nicht eine einzige Welle gekommen

Weitere Kostenlose Bücher