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Doch die Sünde ist Scharlachrot

Doch die Sünde ist Scharlachrot

Titel: Doch die Sünde ist Scharlachrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Elizabeth
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Sie verdrehte die Augen. »Was meinst du, Jennie?«
    Ohne aufzusehen, antwortete sie: »Ich glaube, jetzt kriegst du richtig Ärger mit ihr.«
    Cadan war ganz ihrer Meinung. Leigh sah aus, als hätte sie einen dicken Blutstropfen auf der Nase. Sie hätte eine andere Farbe wählen sollen.
    »Mum wird dich zwingen, ihn wieder abzumachen«, fuhr Jennie fort. »Und das wird bestimmt wehtun. Sekundenkleber hält nämlich richtig gut. Das wird dir noch leidtun, Leigh.«
    »Halt die Klappe, ja?«, befahl Leigh.
    »Ich hab doch nur gesagt …«
    »Halt die Klappe, okay? Stopf dir eine Socke ins Maul! Oder deine Faust! Knebel dich selbst!«
    »So darfst du nicht mit mir …«
    Die Tür zur Werkstatt flog auf, und Ione trat in den Verkaufsraum. Sie hatte geweint, und zwar heftig, so wie sie aussah. Verdammt, sie musste seinen Vater wirklich lieben, ging Cadan auf.
    Er wollte ihr sagen, sie solle ihn sich aus dem Kopf schlagen und ihr Leben leben. Lew Angarrack war nicht zu haben und würde es wahrscheinlich niemals sein. Er war von diesem Miststück sitzengelassen worden – seiner einen wahren Sandkastenliebe – und nie darüber hinweggekommen. Das war keiner von ihnen.
    Aber wie sollte man das einer Frau erklären, die es geschafft hatte, mit ihrem Leben weiterzumachen, als ihre eigene Ehe in die Brüche gegangen war? Konnte man das überhaupt?
    Es sah allerdings so aus, als habe Jago auf diesem Feld einen wahrhaft heroischen Versuch unternommen. Er stand hinter ihr, mit einem Taschentuch in der Hand, faltete es nun jedoch zusammen und steckte es zurück in die Tasche seines Overalls.
    Leigh warf ihrer Mutter einen Blick zu und verdrehte die Augen. »Ich schätze, das heißt, wir gehen nicht mehr zum Surfen, ja?«, fragte sie.
    Und während sie ihre Schulbücher einpackte, fügte Jennie loyal hinzu: »Mir hat das sowieso nie Spaß gemacht.«
    »Gehen wir«, sagte Ione zu ihren Töchtern. Sie ließ den Blick über die Werkstatt gleiten. »Es gibt nichts weiter zu sagen. Wir sind hier fertig, und zwar endgültig.«
    Sie ignorierte Cadan vollkommen, so als wäre er lediglich ein weiterer Träger des vermaledeiten Familienvirus, das auch Lew befallen hatte. Cadan trat schweigend beiseite, als sie ihre Töchter an ihm vorbei aus dem Laden führte und in Richtung ihres eigenen Ladens auf dem Flugfeld davonmarschierte.
    »Armes Mädchen«, lautete Jagos Kommentar.
    »Was hast du ihr gesagt?«
    Jago ging zurück in die Werkstatt. »Die Wahrheit.«
    »Und was ist die Wahrheit?«
    »Dass niemand einen anderen Menschen ändern kann.«
    »Und was ist mit diesem Menschen selbst?«
    Jago begann, eine Lage blaues Klebeband vom Rail eines Pintail-Shortboards zu schälen. Seine Hände zitterten heute besonders schlimm. »Hä?«, fragte Jago abwesend zurück.
    »Kann ein Mensch sich nicht selbst ändern?«
    »Ich glaube, die Antwort kannst du dir denken, Cadan.«
    »Aber Menschen ändern sich.«
    »Nein«, widersprach Jago. »Das tun sie nicht.« Er fuhr mit Schmirgelpapier über die Harznaht. Seine Brille rutschte die Nase entlang abwärts, und er schob sie zurück. »Sie ändern höchstens ihre Reaktionen. Das, was sie der Welt zeigen, wenn du verstehst, was ich meine. Nur das ändert sich, und auch nur wenn ein Mensch es partout ändern will. Aber sein Innerstes? Das bleibt immer gleich. Du kannst nicht ändern, was du bist. Nur wie du handelst.« Jago sah auf. Eine dicke graue Haarsträhne hatte sich aus seinem Pferdeschwanz gelöst und war ihm auf die Wange gerutscht. »Was machst du eigentlich hier, Cadan?«
    »Ich?«
    »Wenn du deinen Namen nicht geändert hast … Müsstest du nicht bei der Arbeit sein?«
    Cadan zog es vor, die Frage nicht direkt zu beantworten, und machte stattdessen einen Rundgang durch die Werkstatt, während Jago fortfuhr, das Brett zu bearbeiten. Cadan öffnete die Tür zum Shaping-Raum – Schauplatz seines gescheiterten Versuchs, bei LiquidEarth zu arbeiten – und starrte hinein.
    Das Problem war gewesen, dass ihm ausgerechnet das Shaping als Aufgabe zugewiesen worden war, befand Cadan. Doch ihm hatte die Geduld dafür gefehlt. Zum Shaping brauchte man eine ruhige Hand. Es erforderte den Einsatz einer endlosen Reihe von Werkzeugen und Schablonen. Man musste so viele Variablen berücksichtigen, dass es ein Ding der Unmöglichkeit war, sie alle im Kopf zu behalten. Die Rundung des Rohlings. Einfache oder doppelte Konkavität. Die Kontur der Rails. Die Position der Finnen. Die Länge des Boards. Die

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