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Doch die Sünde ist Scharlachrot

Doch die Sünde ist Scharlachrot

Titel: Doch die Sünde ist Scharlachrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Elizabeth
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dass irgendetwas seinem Freund schwer zu schaffen machte.
    »Ich kann nicht. Tut mir leid.« Will legte bei der Arbeit einen Zahn zu, und nach einer kurzen Weile verriet er auch, was los war: »Die Bullen waren im Supermarkt, Cadan. Die haben mich in die Mangel genommen.«
    »Weswegen?«
    »Was glaubst du wohl?«
    »Santo Kerne?«
    »Ja, Santo Kerne. Gibt es noch ein anderes Thema?«
    »Warum dich, in aller Welt?«
    »Ich habe nicht den Schimmer einer Ahnung. Sie haben angeblich mit jedem gesprochen. Hast du dich etwa gedrückt?« Will harkte mit wütender Heftigkeit weiter.
    Cadan antwortete nicht. Mit einem Mal war ihm unbehaglich. Er musterte Will. Die Tatsache, dass die Polizei seinen Freund aufgesucht hatte, schien auf Dinge hinzudeuten, die Cadan absolut nicht näher betrachten wollte.
    »Na ja«, sagte er in jenem aufgesetzt fröhlichen Tonfall, der immer das Ende einer Unterhaltung ankündigte.
    »Genau«, sagte Will grimmig. »Na ja.«
    Als Cadan sich wenig später verabschiedete, wusste er beim besten Willen nichts mit sich anzufangen. Von Will und Wills Problemen einmal ganz abgesehen, schien das Schicksal ihm sagen zu wollen, dass es Zeit war zu handeln. Und Handeln bedeutet die eine Tat, die Cadan – abgesehen von seinem Verlangen nach Alkohol – nicht aus seinem Kopf hatte bannen können.
    Gott, er war regelrecht besessen von ihr. Als wäre sie eine tödliche Infektion, die sein Hirn zerfraß. Cadan wusste, die Wahl, vor der er stand, war einfach: Er musste sie entweder loswerden – oder er musste sie haben. Aber sie zu haben, wäre so ähnlich wie rituellen Selbstmord zu begehen. Also fuhr er vom Binner Down House zu dem einzigen Ort, der auf seiner kurzen Liste von Zufluchtsorten vor sich selbst noch übrig war: zum einstigen Luftwaffenstützpunkt. Er sah keine Alternative. Wenn es sein müsste, würde er seinen Vater anlügen, warum er nicht zur Arbeit gegangen war. Aber er musste einfach irgendwohin, wo er nicht allein war, wie etwa zu Hause … oder aber in der Nähe dieser Frau, wie bei Adventures Unlimited.
    Und er hatte Glück: Der Wagen seines Vaters war nicht da, Jagos hingegen schon, und das war ein Geschenk des Himmels. Wenn irgendjemand die Rolle des Beichtvaters würde ausfüllen können, dann war es Jago Reeth.
    Unglücklicherweise war jemand anderes auch schon auf diese Idee gekommen. Denn als Cadan den Verkaufsraum betrat, fand er dort die beiden Töchter von Ione Soutar, die Tür zur Werkstatt indes geschlossen vor. Jennie saß an dem Klapptisch, der seinem Vater als Schreibtisch diente, und erledigte mit vorbildlicher Ernsthaftigkeit ihre Hausaufgaben, während die furchteinflößende Leigh einen Finger gegen ihr Nasenloch gedrückt hielt, eine Tube Sekundenkleber vor sich auf der Ladentheke und einen Taschenspiegel in der anderen Hand.
    »Mum ist da drin, okay?«, berichtete sie in ihrem nervtötenden Fragetonfall, der immer anzudeuten schien, dass sie einen Idioten vor sich hatte. »Sie hat gesagt, es ist etwas Persönliches. Geh also nicht rein, kapiert?«
    »Sie spricht mit Jago bestimmt über deinen Dad«, fügte Jennie freimütig hinzu. Sie saugte an ihrer Unterlippe, während sie die Bleistiftmarkierungen auf ihrem Blatt ausradierte. »Sie sagt, es ist vorbei, aber sie heult jeden Abend im Badezimmer, wenn sie glaubt, wir hören sie nicht. Also schätze ich, es ist nicht so vorbei, wie sie's gern hätte.«
    »Sie sollte ihn ein für alle Mal abservieren«, befand Leigh. »Ich meine, nimm's mir nicht übel, Cadan, aber dein Vater ist ein Trottel. Frauen müssen sich behaupten, sie müssen standhaft sein und den Kerl in den Arsch treten, der sie nicht so behandelt, wie sie's verdienen, okay? Ich meine, was gibt sie uns denn für ein Beispiel?«
    »Was zum Geier machst du mit deinem Gesicht?«, fragte Cadan.
    »Mummy hat ihr verboten, dass sie sich die Nase piercen lässt, darum klebt sie jetzt einen Stein drauf«, erklärte Jennie ihm auf die ihr eigene freundliche Art. »Kannst du schriftlich teilen, Cadan?«
    »Gott, das brauchst du den nicht zu fragen«, blaffte Leigh. »Der hat doch noch nicht mal die mittlere Reife geschafft. Das weißt du doch, Jennie.«
    Cadan ignorierte sie. »Willst du einen Taschenrechner?«, fragte er Jennie.
    »Sie muss die einzelnen Rechenschritte aufschreiben, okay?«, belehrte Leigh ihn. Sie inspizierte ihre Nase und sagte in den Spiegel: »Ich bin doch nicht blöd. Ich mach mir mein Gesicht nicht kaputt. Als ob ich das je tun würde, he?«

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