Doch die Sünde ist Scharlachrot
Tail-Form. Die Dicke der Rails. Schon ein winziges Sechzehntelzoll machte da einen riesigen Unterschied, und Gott verdammt, Cadan, siehst du denn nicht, dass diese Rillen zu tief sind? Ich kann nicht zulassen, dass du hier Mist baust.
Also schön. Er war darin eine Null. Und Glasieren langweilte ihn zu Tränen. Es raubte ihm den letzten Nerv. Das Feingefühl, das es erforderte. Die Fiberglasfolie abrollen, aber nur mit gerade so viel Überschuss, dass nichts verschwendet wurde. Dann das sorgsame Auftragen von Harz, um das Fiberglas für immer auf dem Kunststoffkern zu fixieren, und zwar so, dass sich keine Luftbläschen bildeten. Schleifen, dann wieder Glas auftragen, wieder schleifen.
Er hatte das einfach nicht gekonnt. Er war nicht dafür geschaffen gewesen. Zum Gießer musste man geboren sein, so wie Jago.
Cadan hatte von Anfang an in der Lackiererei arbeiten und seine eigenen Entwürfe auf die Boards auftragen wollen. Aber das war ihm untersagt worden. Sein Vater hatte auf dem Standpunkt beharrt, die Position müsste er sich erst verdienen, indem er zunächst die anderen Herstellungsschritte erlernte.
Von Santo hatte Lew das nicht verlangt.
»Du wirst das Geschäft einmal übernehmen. Santo nicht. Darum musst du alles von der Pike auf lernen«, hatte sein Vater erklärt. »Ich brauche einen Künstler, und zwar jetzt. Santo versteht sich auf Design.«
Du meinst wohl, er versteht sich darauf, Madlyn zu ficken, hatte Cadan erwidern wollen. Aber mal ehrlich – was hätte das genützt? Madlyn hatte gewollt, dass Santo den Job bekam, und Madlyn war der Engel gewesen, dessen Wünsche Lew nur zu gerne erfüllte.
Und was war daraus geworden? Letztlich hatten sie beide ihren Vater enttäuscht, Madlyn möglicherweise in noch höherem Maße als Cadan.
»Ich wäre bereit, es noch mal hier zu versuchen«, sagte er jetzt zu Jago. »Was hältst du davon?«
Jago schob den Schleifblock beiseite und nahm Cadan genau in Augenschein. »Was ist los, Junge?«, fragte er dann.
Cadan zermarterte sich das Hirn auf der Suche nach einem plausiblen Grund für seinen Sinneswandel, aber ihm blieb nur die Wahrheit, wenn er vor den Augen seines Vaters wieder Gnade finden wollte – und Jagos Unterstützung. »Du hattest recht«, bekannte er schließlich. »Ich kann da nicht arbeiten, Jago. Aber ich brauche deine Hilfe.«
Jago nickte. »Sie hat dich schlimm erwischt, was?«
Cadan wollte keinen Moment länger an Dellen Kerne verschwenden, weder in Gedanken noch in Worten. »Blödsinn«, entgegnete er. »Na ja, vielleicht doch. Wie auch immer. Ich muss da raus. Kannst du mir helfen?«
»Natürlich«, antwortete der alte Mann gütig. »Gib mir nur ein bisschen Zeit, unsere Strategie zu planen.«
Nach der Unterhaltung mit dem ehemaligen Detective in der Kirche von Zennor hatte Lynley David Wilkie zu seinem Haus begleitet, das nicht weit von der Kirche entfernt lag. Dort waren sie auf den Dachboden gestiegen. Eine einstündige Suche in allen möglichen Pappkartons hatte schließlich Wilkies Notizen über den ungelösten Mord an Jamie Parsons zutage gefördert. Diese Notizen wiederum enthielten die Namen der Jungen, die im Zusammenhang mit Jamie Parsons' Tod so gründlich verhört worden waren. Wilkie hatte keine Vorstellung, wo diese Jungen heute lebten, aber Lynley hielt es für durchaus möglich, dass zumindest einige von ihnen heute noch in der Gegend rund um Pengelly Cove wohnten. Wenn er recht behielt, dann warteten sie nur darauf, erneut befragt zu werden.
Diese Befragung beherrschte Lynleys Gedanken, als er zu dem kleinen Surfparadies zurückfuhr. Er grübelte darüber nach, wohin er seinen nächsten Schritt lenken wollte.
Wie sich herausstellte, waren nur noch drei der ursprünglich sechs damals Verdächtigen in Pengelly Cove ansässig. Ben Kerne war bekanntermaßen nach Casvelyn gezogen, ein anderer war in der Zwischenzeit an Lymphdrüsenkrebs gestorben und ein weiterer nach Australien ausgewandert. Die verbliebenen drei waren nicht schwer zu finden. Lynleys Nachfrage im Pub führte ihn der Reihe nach zu einer Karosseriewerkstatt (Chris Outer), der Grundschule (Darren Fields) und zu einer Bootswerft (Frankie Kliskey). An jedem der Arbeitsplätze tat er das Gleiche: Er zückte seinen Dienstausweis, machte rudimentäre Angaben zu dem aktuellen Todesfall und erkundigte sich, ob sie sich wohl in einer Stunde freimachen könnten, um andernorts mit ihm über Ben Kerne zu sprechen. Die knappe Information – der Tod von Ben
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