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Doch die Sünde ist Scharlachrot

Doch die Sünde ist Scharlachrot

Titel: Doch die Sünde ist Scharlachrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Elizabeth
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vergilbte Vorhänge mit einem Blumenmuster. Ein verfallener Schuppen stand in der Nähe sowie ein winziges Gebäude mit einem Dach aus Teerpappe, das aussah wie ein Toilettenhäuschen. »Man sucht in einem Flussbett nach zinndurchzogenen Steinen und folgt dem Wasserlauf auf der Suche nach größeren Gesteinsbrocken.«
    »Zinnstein, genau«, sagte Daidre. »Man folgt ihm, genauer gesagt, weiter bis zur eigentlichen Ader, aber wenn man die nicht findet, macht es eigentlich auch nichts, denn man hat ja immer noch das Zinn in den kleineren Steinen. Daraus kann man machen … was immer man will. Oder man verkauft es an Metallverarbeiter oder Schmuckhersteller, aber das Wichtigste ist: Man kann davon leben – sehr bescheiden –, wenn man nur hart genug arbeitet und ein bisschen Glück hat. Das ist es jedenfalls, was dieser Vagabund beschließt zu tun. Natürlich macht es viel mehr Arbeit, als er angenommen hat, und es ist auch kein sehr gesundes Leben. Und es gibt Hindernisse: Gemeindeverwaltungen, die Regierung und alle möglichen Gutmenschen tauchen auf, um das Gelände zu inspizieren. Das bedeutet eine unwillkommene Ablenkung, also zieht der Vagabund schließlich weiter, bis er den richtigen Fluss in der richtigen Lage gefunden hat, ein bisschen versteckt, wo man ihn in Ruhe nach seinem Zinn suchen lässt. Aber wohin er auch geht, es gibt immer wieder Probleme, denn er muss drei Kinder und eine Frau ernähren, und da er den Unterhalt allein nicht bestreiten kann, müssen sie alle mit anpacken. Er beschließt, dass die Kinder zu Hause unterrichtet werden, damit sie nicht jeden Tag stundenlang ausfallen, weil sie zur Schule müssen. Seine Frau soll den Unterricht übernehmen. Aber das Leben ist hart, und zu diesem Unterricht kommt es nie. Und auch alles andere, was mit der Versorgung der Kinder zu tun hat, kommt viel zu kurz. Vernünftige Ernährung zum Beispiel. Oder ordentliche Kleidung. Impfungen gegen dieses oder jenes. Zahnärztliche Versorgung. Eigentlich alles. All die Dinge, die im Leben normaler Kinder selbstverständlich sind. Wenn ein Sozialarbeiter vorbeischaut, verstecken sich die Kinder, und weil die Familie gelegentlich weiterzieht, fallen sie schließlich durchs Netz, alle drei. Jahrelang. Als sie entdeckt werden, ist das älteste Mädchen dreizehn, die Zwillinge, Bruder und Schwester, sind zehn. Sie können weder lesen noch schreiben, ihre Haut ist mit einem grässlichen Ausschlag überzogen, sie haben schlechte Zähne, sie waren noch nie im Leben beim Arzt, und das Mädchen – ich meine die Große – hat keine Haare mehr. Sie sind nicht etwa abrasiert, sondern ausgefallen. Die Kinder werden der Familie sofort entzogen, mit großem Spektakel und Geschrei. Die Lokalzeitungen bringen die Story, natürlich mit Fotos. Die Zwillinge kommen zu einer Familie in Plymouth, die Dreizehnjährige kommt nach Falmouth. Dort wird sie schließlich von den Pflegeeltern adoptiert. Sie ist so … so angefüllt von deren Liebe, dass sie ihre Vergangenheit ganz und gar hinter sich lassen will. Sie ändert ihren Namen und sucht sich einen aus, den sie hübsch findet. Natürlich hat sie keine Ahnung, wie man ihn schreibt, buchstabiert ihn falsch, und ihre neuen Eltern finden das hinreißend. Also bleibt es bei Daidre, entscheiden sie. Willkommen in deinem neuen Leben, Daidre. Und sie kehrt nie zurück, um diejenige zu besuchen, die sie einmal war. Niemals. Sie lässt es hinter sich und spricht niemals davon, und niemand – kein Mensch in ihrem neuen Leben – weiß etwas davon, denn sie schämt sich so sehr dafür. Können Sie das verstehen? Nein, wie könnten Sie. Aber so ist es, und so bleibt es auch, bis eines Tages, nach vielen Jahren, ihre Schwester sie ausfindig macht und darauf besteht, sie anfleht, dass sie hierherkommt. Der letzte Ort der Welt, den zu besuchen sie ertragen kann. Der Ort, von dem niemand aus ihrem jetzigen Leben je erfahren soll, das hat sie sich einst geschworen.«
    »Ist das der Grund, warum Sie Detective Inspector Hannaford über Ihre Route nach Cornwall belogen haben?«, fragte Lynley.
    Daidre antwortete nicht. Sie öffnete die Tür, und Lynley tat es ihr gleich. Sie stiegen aus und betrachteten einen Moment das Heim, das sie vor achtzehn Jahren verlassen hatte. Außer dem Wohnwagen – der unvorstellbarerweise einmal fünf Menschen als Behausung gedient hatte – gab es nur einen windschiefen Schuppen, der die Geräte enthielt, die man brauchte, um Zinn zu gewinnen. Drei antike

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