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Doch die Sünde ist Scharlachrot

Doch die Sünde ist Scharlachrot

Titel: Doch die Sünde ist Scharlachrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Elizabeth
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Geschichte abzuklären. Sie wissen ja, wie das läuft.«
    Lynley beugte sich über den Straßenatlas. Die Wahrheit war, dass er nicht den Schimmer einer Ahnung hatte, wo er am Vortag seine Wanderung begonnen hatte. Falls eine Landmarke in der Nähe gewesen war, hatte er sie nicht wahrgenommen. Er erinnerte sich an die Namen verschiedener Dörfer und Weiler, durch die er gekommen war, aber wann, hätte er nicht zu sagen vermocht. Außerdem sah er auch nicht, welche Rolle das spielen sollte, doch DI Hannaford ließ keinen Zweifel daran, dass ihr an einer Antwort gelegen war. Er entschied sich dafür, einen Punkt rund zwölf Meilen südwestlich von Polcare Cove auszuwählen. Er hatte keine Ahnung, ob das zutraf.
    Hannaford sagte: »In Ordnung«, machte sich aber keinerlei Notizen bezüglich seines Ausgangspunktes. Stattdessen wandte sie sich ebenso liebenswürdig an Daidre: »Und was ist mit Ihnen, Dr. Trahair?«
    Lynley sah aus dem Augenwinkel, dass die Tierärztin sich versteifte. »Ich sagte Ihnen doch schon, ich bin aus Bristol gekommen.«
    »Ja, das sagten Sie. Wären Sie so nett, mir die Route zu zeigen? Und kann ich davon ausgehen, dass Sie jedes Mal dieselbe Strecke nehmen?«
    »Nicht zwingend.«
    Lynley bemerkte, wie sie das letzte Wort in die Länge zog, und er wusste, es würde auch Hannaford nicht entgangen sein. Eine Antwort in dieser Weise herauszuzögern, bedeutete in der Regel, dass der Befragte im Geiste durch verschiedene Reifen sprang. Welcher Art diese Reifen waren und warum sie existierten … Hannaford würde es herausfinden wollen.
    Lynley nahm sich einen Moment, um die beiden Frauen einzuschätzen. Sie hätten kaum verschiedener sein können: Hannafords flammender Schopf war zu wilden Stacheln hochgegelt, Daidres mittelblondes Haar war aus dem Gesicht gekämmt und wurde von einer Perlmuttspange zu einem Pferdeschwanz zusammengehalten. Hannaford trug Bürokleidung, bestehend aus Kostüm und Pumps, Daidre Jeans, Pullover und Stiefel. Daidre war schlank wie eine Frau, die regelmäßig Sport trieb und darauf achtete, was sie aß. Hannaford war anzusehen, dass ihr Berufsalltag regelmäßige Mahlzeiten ebenso verhinderte wie jedwedes Fitnessprogramm. Außerdem trennten sie mehrere Jahrzehnte im Alter. Die Beamtin hätte Daidres Mutter sein können.
    Doch gerade trat sie mitnichten mütterlich auf. Sie wartete auf die Antwort, während Daidre den Atlas studierte, um ihre Route von Bristol nach Polcare Cove zu rekonstruieren. Lynley wusste, warum die Polizistin sich danach erkundigt hatte. Er überlegte, ob Daidre die gleichen Schlüsse gezogen hatte.
    »Die M5 runter bis Exeter«, erklärte sie schließlich. »Hinüber nach Okehampton und von dort in nordwestlicher Richtung.« Es gebe keine schnellere Strecke nach Polcare Cove, erklärte sie. Meistens fahre sie über Exeter, manchmal komme sie aber auch von Tiverton herüber.
    Hannaford studierte die Karte eingehend, ehe sie fragte: »Und von Okehampton?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Man kommt nicht eben von Okehampton nach Polcare Cove, Dr. Trahair. Sie sind doch sicher nicht mit dem Helikopter herübergeflogen, oder? Welche Strecke sind Sie gefahren? Den exakten Verlauf bitte.«
    Lynley sah, dass Daidres Hals sich rötete. Sie konnte von Glück sagen, dass sie Sommersprossen hatte, andernfalls hätte ihre Haut wohl eine purpurne Tönung angenommen.
    Sie fragte: »Wollen Sie das wissen, weil Sie glauben, ich hätte etwas mit dem Tod des Jungen zu tun?«
    »Haben Sie denn etwas damit zu tun?«
    »Nein.«
    »Dann macht es Ihnen doch bestimmt nichts aus, mir Ihre Route zu zeigen.«
    Daidre presste die Lippen zusammen. Sie strich sich eine lose Haarsträhne hinter das linke Ohr. Das Ohrläppchen war dreimal durchstochen, bemerkte Lynley. Eine winzige Kreole, ein Stecker, sonst nichts.
    Sie fuhr die Strecke mit dem Finger nach: A3079, A3072, A39 und dann eine Reihe kleinerer Sträßchen bis nach Polcare Cove, das lediglich ein Pünktchen im Straßenatlas war. Während Daidre die Route erläuterte, machte Hannaford sich Notizen. Sie nickte versonnen, und als Daidre ihre Ausführungen beendete, bedankte sie sich.
    Daidre sah aus, als lege sie keinen gesteigerten Wert auf den Dank der Polizistin. Sie wirkte vielmehr zornig und als sei sie bemüht, ihren Groll unter Kontrolle zu bringen. Das verriet Lynley, dass Daidre wusste, was Detective Inspector Hannaford im Schilde führte. Was es ihm hingegen nicht verriet, war, gegen wen dieser Zorn sich richtete:

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