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Doch die Sünde ist Scharlachrot

Doch die Sünde ist Scharlachrot

Titel: Doch die Sünde ist Scharlachrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Elizabeth
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deponiert hatte, galt es auszusortieren. Eine Gedenktafel für ihre Ruhestätte in der Kapelle – die Ruhestätte, die sie mit ihrem ungeborenen Sohn teilte – musste entworfen werden. Und dann all die Dinge, die ihn an sie erinnerten: der Pfad, den sie gemeinsam vom Haus durch den Wald und hinüber zur Bucht genommen hatten. Die Ahnengalerie, wo sie vor den Gemälden gestanden und seine Züge scherzhaft mit denen einiger seiner fragwürdigeren Vorfahren verglichen hatte. Die Bibliothek, wo sie alte Ausgaben von Country Life durchgeblättert, sich mit einer dicken Biografie über Oscar Wilde aufs Sofa gelegt hatte und schließlich darüber eingeschlummert war …
    Weil er sich überall in Howenstow an Helen erinnert fand, hatte er seine Wanderung begonnen. Den Südwestküstenpfad entlangzuwandern, wäre das Letzte gewesen, was Helen sich vorgenommen hätte. (»Du meine Güte, Tommy, du musst den Verstand verloren haben! Was für Schuhe sollte ich tragen, die nicht absolut schauderhaft aussähen?«) Er wusste also, dass er diese Wanderung gefahrlos antreten konnte. Nichts auf dem Weg würde ihn an sie erinnern.
    Doch er hatte nicht mit all den Orten des Gedenkens gerechnet. Nichts, was er vor seinem Aufbruch über diesen Wanderweg gelesen hatte, hatte ihn darauf vorbereitet. Von schlichten, verwelkenden Blumensträußen bis hin zu den Sitzbänken, in die die Namen der Verstorbenen geschnitzt waren, begegnete er dem Tod tagaus, tagein. Er hatte New Scotland Yard verlassen, weil er dem plötzlichen, brutalen Ende eines menschlichen Lebens nicht mehr ins Auge sehen konnte, aber hier war er damit in einer Regelmäßigkeit konfrontiert, die all seine Mühen zu verspotten schien.
    Und nun das. Detective Inspector Hannaford bezog ihn vielleicht nicht direkt in die Mordermittlung ein, aber sie brachte ihn in deren Nähe. Das wollte er nicht, aber er wusste nicht, wie er es hätte verhindern können, denn Hannaford schien ihm eine Frau zu sein, die meinte, was sie sagte: Wenn er sich aus der Umgebung von Casvelyn davonstahl, würde sie nicht rasten, ehe sie ihn zurückgeholt hatte.
    Und das, was zu tun sie ihn gebeten hatte … Genau wie DI Hannaford war er überzeugt, dass Daidre Trahair bezüglich der Route, die sie am Vortag von Bristol nach Polcare Cove genommen hatte, log. Und im Gegensatz zu Hannaford wusste Lynley überdies, dass Daidre Trahair auf die Frage, ob sie Santo Kerne gekannt habe, sogar mehr als einmal gelogen hatte. Es musste Gründe für diese Lügen geben, die weit über jene hinausgingen, die die Tierärztin angeführt hatte, als er sie damit konfrontiert hatte, und er war sich nicht sicher, ob er diese Gründe kennen wollte. Ihre Motive waren zweifellos persönlicher Natur, und die arme Frau war schwerlich eine Mörderin.
    Aber wieso glaubte er das eigentlich, fragte er sich. Er wusste besser als die meisten, dass es Mörder in jeglicher Gestalt gab. Mörder konnten Männer oder Frauen sein. Oder – wie er zu seinem Entsetzen hatte erfahren müssen – Kinder. Und ganz gleich wie widerwärtig die Opfer gewesen sein mochten: Niemand hatte das Recht, sie vorzeitig aus dem Leben in die ewige Seligkeit oder Verdammnis zu schicken. Die Überzeugung, dass Mord falsch war, gehörte zu den Grundfesten der Gesellschaft. Genau wie die, dass der Gerechtigkeit Genüge getan werden musste, damit die ganze Angelegenheit zu einem Abschluss kam, auch wenn dies niemals Befriedigung, Erleichterung oder gar das Ende der Trauer bedeuten konnte. Gerechtigkeit bedeutete, den Täter zu finden und zu verurteilen, und diese Gerechtigkeit war den Hinterbliebenen der Opfer geschuldet.
    Ein Teil von Lynley wollte vehement einwenden, dass das alles nicht sein Problem sei. Der andere Teil wusste, dass es das immer und inzwischen mehr denn je sein würde.
    Bis sie Casvelyn erreichten, hatte er sich mit der Situation vielleicht nicht gerade abgefunden, aber doch zumindest arrangiert. In einer Ermittlung musste man allem nachgehen. Und Daidre Trahair hatte sich mit der ersten Lüge zu einem Teil von ›allem‹ gemacht.
    Die Polizeiwache von Casvelyn lag im Stadtzentrum zwischen Lansdown Close und Belle Vue Lane am höchsten Punkt des Ortes. Vor dem schlichten grauen zweistöckigen Gebäude parkte Bea Hannaford. Lynley glaubte, sie wollte ihn mit hineinnehmen und den Kollegen vorstellen, doch stattdessen sagte sie: »Kommen Sie mit!«, legte eine Hand auf seinen Ellbogen und führte ihn zurück in die Richtung, aus der sie

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