Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)
es war genauso widerwärtig. Belle lag hilflos unter ihm und wünschte, sie hätte ein Messer und könnte es ihm in seine mageren Rippen stoßen.
Drei Abende hintereinander spielte sich dasselbe ab, jedes Mal mit einem anderen Mann. Einer zwang sie, sein Glied in den Mund zu nehmen, einer nahm sie von hinten wie ein Hund, und der letzte wollte, dass sie ihre Unterwäsche anbehielt und sich auf seinen Schoß setzte, als wäre sie seine Tochter oder Nichte. Aber er zeigte keine väterliche Zuneigung, als er seine Hand unter ihr Höschen schob, und sie wusste, dass er irgendeine kranke Fantasie auslebte. Schließlich nahm auch er sie von hinten, und es dauerte so lang, dass sie glaubte, die Schmerzen würden ein Leben lang andauern.
Am Tag nach dem fünften Mann fing Belle an zu erbrechen und konnte nicht damit aufhören. Am Abend war nichts mehr in ihrem Magen, was sie von sich hätte geben können, aber sie würgte immer noch. Als sie sich immer elender fühlte, versuchte die Haushälterin sie dazu zu bringen, etwas zu essen und zu trinken, aber auch das erbrach sie sofort wieder.
Belle lag im Bett und wünschte sich nicht einmal, es möge ihr besser gehen, weil sie sich innerlich tot fühlte. Nur vage nahm sie wahr, wie es allmählich Abend und dann wieder Tag wurde. Sie hatte keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen war, aber sie merkte, dass sich die Dienstmädchen Sorgen um sie machten, als Belle ohne ihre Hilfe nicht einmal mehr den Nachttopf benutzen konnte. Anscheinend sprachen sie mit Madame Sondheim darüber, denn später kam ein Arzt, um sie zu untersuchen.
Er sprach ein bisschen Englisch, und allein die Tatsache, dass er versuchte, mit ihr zu reden, brachte Belle zum Weinen.
»Wie kommst du nach Frankreich?«, fragte er, nachdem er ihre Brust abgehorcht, ihren Puls gefühlt und ihren Bauch abgetastet hatte.
»In einen Koffer gesperrt, von bösen Männern«, schluchzte sie und packte ihn an den Händen, damit er ihr zuhörte. »Meine Mutter in England denkt bestimmt, dass ich tot bin. Helfen Sie mir!«
Er sah Madame Sondheim fragend an, aber sie zuckte nur die Achseln.
»Sie ist eine böse Frau und hat fünf Männer das mit mir machen lassen.« Sie schob die Bettdecke nach unten und zeigte auf ihre Vagina, weil sie nicht wusste, wie sie es sonst erklären sollte.
»Ich will sehen, was ich tun kann«, sagte der Arzt vorsichtig und legte sanft seine Hand an ihre Wange, als wollte er ihr zeigen, dass er es ernst meinte.
Belle ging es ein bisschen besser, nachdem der Arzt gegangen war, nicht wegen der Medizin, die er für sie dagelassen hatte, sondern weil sie das Gefühl hatte, dass Hilfe nahte. Mit dem Bild vor Augen, bald wieder zu Hause in der Küche bei Mog und ihrer Mutter zu sein, schlief sie ein.
Etwas später wachte sie auf, als sie hörte, wie jemand ins Zimmer kam. Als sie einen Mann auf ihr Bett zukommen sah, schrie sie aus voller Kehle. Aber Delphine, die bei ihm war, schoss vor, legte eine Hand auf Belles Mund und gab beschwichtigende Laute von sich. Dann sprach sie sehr schnell auf Französisch, aber die Art, wie sie auf den Mann zeigte, dann Belle aufhalf und eine Decke um sie wickelte, schien anzudeuten, dass er sie irgendwohin bringen sollte.
Belle hoffte, in ein Krankenhaus zu kommen, denn der Schock, einen Mann zu sehen, ließ ihren Magen von Neuem rebellieren.
Sie glaubte die Fahrt in der Kutsche zu träumen, aber das Rattern der Räder und das Klippklapp der Hufe schienen sehr real.
Die Stille beim Aufwachen machte ihr bewusst, dass sie sich tatsächlich an einem anderen Ort befand. In Madame Sondheims Haus hatte es ständig Geräusche gegeben – Stimmen, Pferdehufe auf der Straße, Musik und tagsüber aus der Ferne ein unablässiges Hämmern und Sägen, das möglicherweise von einer Fabrik oder Werkstatt stammte, nicht unbedingt laut, aber ständig vorhanden wie das Summen von Insekten im Sommer.
Hier herrschte Grabesstille, als gebe es im Umkreis von Meilen weder Menschen noch Tiere. Belle wandte ihren Kopf dem Licht zu und sah ein großes Fenster mit zugezogenen pfirsichfarbenen Vorhängen, die sich in der Brise bauschten.
Ihr Bett war warm und gemütlich, aber unter der Decke drang ein leicht muffiger Geruch hervor, der darauf hinwies, dass sie längere Zeit, vielleicht sogar schon Tage, darin lag. Sie versuchte sich aufzusetzen, war aber so schwach, dass sie aufs Kissen zurücksank. Der Raum war so karg, dass er fast an eine Klosterzelle erinnerte. Außer ihrem Bett,
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