Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)

zurück, an dem sie ihren Laden eröffnet hatte. Es war ein kalter Novembertag gewesen, genau zwei Monate nach Mogs und Garths Hochzeit, und sie und Jimmy wollten kurz vor Weihnachten heiraten. An jenem Tag war alles aufregend und neu gewesen. Jimmy hatte ihr die kleinen, aber kostspieligen französischen Kandelaber und den Ladentisch mit Glasplatte gekauft. Mog hatte die zwei zierlichen Regency-Stühle entdeckt und sie mit rosa Samt neu bezogen, und Garths Geschenk bestand darin, die beiden Maler zu bezahlen, denen es so gut gelungen war, den düsteren kleinen Laden in ein zartrosa und cremefarbenes Paradies für Damen zu verwandeln.
    An diesem ersten Tag hatte sie zweiundzwanzig Hüte verkauft, und Dutzende Frauen, die sich damals nur umschauen wollten, waren inzwischen gute Kundinnen geworden. In den anderthalb Jahren seit der Eröffnung des Geschäfts waren es insgesamt weniger als sieben Tage, an denen sie keinen Hut verkauft hatte, und an diesen Tagen war immer schlechtes Wetter gewesen. Im Durchschnitt verkaufte sie pro Woche fünfzehn Hüte, und auch wenn sie hart arbeiten musste, um der Nachfrage gerecht zu werden, und eine Hilfskraft beschäftigte, machte sie gute Gewinne. Im Sommer hatte sie schlichte Strohhüte gekauft und selbst aufgeputzt, und sie hatten sich als wahrer Verkaufsschlager erwiesen. Ihr Hutsalon war ein voller Erfolg.
    »Wie alles in deinem Leben«, rief sie sich in Erinnerung und knipste das Licht aus.
    Etienne ging direkt zum Bahnhof, aber nachdem er festgestellt hatte, dass er einen Zug knapp verpasst hatte und fünfundzwanzig Minuten auf den nächsten warten musste, stellte er sich neben demKartenschalter ans Fenster und betrachtete das Railway Inn , das gleich in der Nähe lag.
    Die englischen Pubs waren ihm immer fremd gewesen, ihre strikten Öffnungszeiten, die Männer, die an der Theke lehnten und Unmengen Bier tranken, um dann zur Sperrstunde nach Hause zu wanken, als könnten sie ihre Frauen und Kinder nur ertragen, wenn sie betrunken waren.
    Französische Bars waren ganz anders. Sie wurden nicht als eine Art Tempel angesehen, in denen man sich betrinken konnte, denn sie hatten den ganzen Tag geöffnet, und ein Mann wurde nicht schief angesehen, wenn er beim Zeitunglesen lediglich Kaffee oder Mineralwasser trank.
    Das Railway Inn wirkte mit seinem frischen Anstrich und den spiegelblank geputzten Fenstern wenigstens sehr einladend. Etienne konnte sich vorstellen, dass es an einem kalten Winterabend ein warmer, anheimelnder Ort war, an dem man sich gern mit anderen traf.
    Noch während er das Gasthaus betrachtete, kam ein großer, schwerer Mann mit rotem Haar und Bart zur Eingangstür heraus. Er trug über seiner Kleidung eine Lederschürze, und Etienne vermutete, dass es Garth Franklin war, Jimmys Onkel. Der Mann starrte auf das Wasser, das aus einem Riss in der Regenrinne spritzte, und rief jemandem im Haus etwas zu.
    Ein junger Mann erschien, und Etienne wusste sofort, dass es Jimmy war, Belles Ehemann. Er war größer, als Etienne erwartet hatte, genauso groß und breitschultrig wie sein Onkel, aber er war glatt rasiert und sein Haar war dunkler, eher kastanienbraun als karottenrot. Die beiden, die wie Vater und Sohn wirkten, standen eine Weile da und diskutierten das Problem, scheinbar ohne den Regen wahrzunehmen.
    Dann drehte Jimmy sich plötzlich um. Ein freudiges Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, und Etienne stellte fest, dass der junge Mann offensichtlich Belle entdeckt hatte, die gerade nach Hause kam.
    Sie mühte sich ab, ihren Regenschirm gerade zu halten und ihr Tuch nicht zu verlieren, aber die letzten Meter rannte sie auf die beiden Männer zu. Als sie bei ihnen war, kippte ihr Schirm nach hinten, und Etienne konnte sehen, dass sie genauso strahlte wie ihr Mann.
    Jimmy nahm seiner Frau mit einer Hand den Schirm ab, strich ihr mit der anderen über ihre nasse Wange und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Allein diese kleinen, zärtlichen Gesten verrieten Etienne, wie sehr dieser Mann Belle liebte.
    Er wandte sich abrupt ab. Er wusste, dass ihm das Wissen, dass Belle aufrichtig geliebt wurde, Frieden schenken sollte, aber alles, was Etienne empfand, war bittere Eifersucht.

Über die Autorin
    Lesley Pearse wurde in Rochester, Kent, geboren und lebt mit ihrer Familie in Bristol. Ihre Romane belegen in England   und vielen weiteren Ländern regelmäßig   die ersten Plätze der Bestsellerlisten.   Neben dem Schreiben engagiert sie sich intensiv für die