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Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)

Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)

Titel: Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Pearse
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sie vom Rauch ohnmächtig geworden.«
    Garth bewegte sich sehr zügig, warf die Leiter geradezu ans Fensterbrett und stürmte hinauf. Oben angelangt, zog er etwas aus der Tasche, schlug die Scheibe ein und hieb noch ein paar Mal auf die Kanten, um die Glasreste zu entfernen. Dann stieg er ein. Jimmy, der seinem Onkel auf den Fersen folgte, sprang genauso schnell wie er ins Zimmer, und dann war Garth auch schon wieder auf der Leiter und Jimmy half, die bewusstlose Frau auf die Schulter seines Onkels zu hieven.
    Als Garth mit Annie die Leiter hinunterkletterte, zerbarst über ihnen Glas, laut wie ein Knallkörper. Mog hielt den Atem an, weil Jimmy nicht mehr zu sehen war. Aber gerade als Garth wieder festen Boden unter den Füßen hatte und Mog schon die Hände rang, weil sie fürchtete, Jimmy hätte ebenfalls das Bewusstsein verloren, stieg er mit Annies Geldkassette und ihrem Pelzmantel unterm Arm aus dem Fenster.
    Genau in diesem Moment ertönte das schrille Läuten der Feuerwehr. Die Menge jubelte und trat zurück, als die vier Pferde, die den Löschwagen zogen, mit halsbrecherischer Geschwindigkeit in die Gasse galoppierten.
    Aber Mog hatte nur einen Gedanken: Annie. Sie nahm sie von Garth entgegen, wickelte sie in eine Decke und bettete sie auf den Boden.
    Sie hatte keine Ahnung, was man bei Leuten mit einer Rauchgasvergiftung machte, aber plötzlich fing Annie an zu husten und schlug die Augen auf.
    »Dem Himmel sei Dank!«, rief Mog atemlos und umarmte ihre Freundin. »Ich dachte schon, du wärst tot!«
    »Ich dachte auch, ich müsste sterben, als ich das Fenster nicht aufbekam«, keuchte Annie, bevor sie von einem neuerlichen Hustenanfall geschüttelt wurde.
    Mog richtete Annie auf, klopfte ihr auf den Rücken, um ihr das Atemholen zu erleichtern, und schlang die Decke fester um sie. Auch Mog war kalt im Nachthemd, aber ihre einzige Sorge galt ihrer Freundin.
    »Ist das ganze Haus zerstört?«, brachte Annie ein paar Minuten später mühsam heraus.
    Bis jetzt hatte Mog nicht einmal daran gedacht, was der Verlust des Hauses bedeutete; für sie zählten nur die Menschen, die darin lebten. Aber als sie den Kopf wandte, um einen Blick darauf zu werfen, füllten sich ihre Augen mit Tränen. Aus jedem Fenster loderten Flammen. Sie erinnerte sich, wie aufgeregt Annie und sie gewesen waren, als sie den Lüster und den Perserteppich für den Salon kauften. Wie gern hatte sie das Klavier poliert und auf dem Tisch in der Halle frische Blumen arrangiert! Ob Bettwäsche, Porzellan oder Bilder, fast alles im Haus war mit Erinnerungen verknüpft.
    Auch das Souterrain, ihr ureigenster Bereich, stand jetzt in Flammen. All die kleinen Schätze, ein Foto von Belle in einem Schildpattrahmen, die silberne Bürste, die Annie ihr einmal zu Weihnachten geschenkt hatte, eine Porzellankatze und andere kleineZiergegenstände, die sie im Lauf der Jahre gesammelt hatte und die ihr Zimmer anheimelnd machten, waren verbrannt.
    Mog nahm an, dass die meisten Leute es für anstößig hielten, als Dienstmädchen in einem Bordell zu arbeiten, aber sie hatte das nie so empfunden, im Gegenteil, es hatte sie mit Stolz erfüllt, das Haus sauber und gemütlich zu halten. Annie und die Mädchen waren ihre Familie, das Bordell war ihr Leben geworden, und jetzt war es verschwunden.
    »Ja.« Mog kämpfte mit den Tränen. »Aber freuen wir uns, dass niemand ums Leben gekommen ist. Irgendjemand hat versucht, uns alle umzubringen!«
    Garth kam zu ihnen und legte eine Decke um Mogs Schultern. »Ihr beide kommt am besten mit zu mir«, sagte er barsch.
    Mog sah den großen, bärtigen Mann mit den roten Haaren überrascht an. Sie hatte immer gehört, dass er hartherzig und grob war. »Das ist sehr freundlich von Ihnen, Mr. Franklin«, erwiderte sie. »Aber Sie haben heute Nacht schon mehr als genug für uns getan. Wir können Ihnen unmöglich zur Last fallen. Wir gehen in eine Pension.«
    »Sie werden nichts dergleichen tun«, sagte er mit fester Stimme. »Heute Nacht hat jemand versucht, Sie alle umzubringen, und wir brauchen nicht lange zu überlegen, wer das gewesen sein könnte. Sie müssen an einen sicheren Ort, und bei mir sind Sie in Sicherheit.«
    Die Menge zerstreute sich allmählich, denn die Feuerwehrmänner hatten den Brand unter Kontrolle, und es war zu kalt, um draußen herumzulungern. Mog stellte fest, dass alle Mädchen verschwunden waren; wahrscheinlich hatten freundliche Nachbarn ihnen ein Bett für die Nacht angeboten. Aber sie fand, dass sie

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