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Doctor Sleep (German Edition)

Doctor Sleep (German Edition)

Titel: Doctor Sleep (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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herkommen wollte.«
    »Sie wollte eigentlich, aber sie hatte eine Menge Hausaufgaben und musste gestern in die Bücherei. Muss irrsinnig wichtig gewesen sein; du weißt ja, wie sie mich sonst löchert, dass wir zum Footballspiel gehen.« Geplapper. Dämlich. Aber was sollte er sonst sagen? »Lucy, es tut mir unheimlich leid, dass du das allein durchmachen musstest.«
    »Es ist bloß … wenn du sie kreischen gehört hättest. Dann würdest du vielleicht verstehen. Ich will nie wieder jemand so kreischen hören. Sie hat es früher immer so toll geschafft, ruhig zu bleiben … einen kühlen Kopf zu bewahren, wenn alle anderen ausgerastet sind …«
    »Ich weiß …«
    »Und das alles, um dann doch einzuschrumpfen auf das, was sie heute Nacht war. Die einzigen Wörter, an die sie sich erinnern konnte, waren Schlampe und Scheiße und Pisse und Meretrice und …«
    »Denk nicht mehr daran, Schatz.« Im Obergeschoss war das Geräusch der Dusche verstummt. Abra brauchte nun bestimmt nur noch wenige Minuten, um sich abzutrocknen und in ihre Sonntagsklamotten zu schlüpfen; bald würde sie mit flatternden Hemdschößen und Schnürsenkeln heruntergestürmt kommen.
    Aber Lucy war noch nicht ganz bereit, nicht mehr daran zu denken. »Ich erinnere mich an ein Gedicht, das sie einmal geschrieben hat. Wort für Wort zitieren kann ich es zwar nicht, aber es hat ungefähr so angefangen: ›Gott ist ein Kenner zerbrechlicher Dinge und verziert seinen wolkigen Blick mit Figürchen aus feinstem Glas.‹ Früher hab ich gedacht, für ein Gedicht von Concetta Reynolds wäre das eine hübsche, wenn auch ziemlich konventionelle Idee, irgendwie sogar ein wenig kitschig.«
    Und da war seine Abba-Doo – seine und Lucys Abba-Doo – mit vom Duschen gerötetem Gesicht. »Alles in Ordnung, Daddy?«
    David hob die Hand: Moment noch.
    »Jetzt weiß ich, was sie wirklich gemeint hat, und ich werde das Gedicht nie wieder lesen können.«
    »Abra ist da, Schatz«, sagte gezwungen fröhlich.
    »Gut. Ich muss mit ihr sprechen. Mach dir keine Sorgen, ich werde nicht mehr flennen, aber wir können sie vor dieser Sache nicht bewahren.«
    » Vielleicht vor dem Schlimmsten davon?«, fragte er vorsichtig. Abra stand am Tisch. Die nassen Haare hatte sie zu zwei Pferdeschwänzen gebunden, mit denen sie wieder wie zehn aussah. Sie hatte eine ernste Miene aufgesetzt.
    » Vielleicht«, sagte Lucy. »Aber ich schaffe es einfach nicht mehr, Dave. Nicht mal mit der Hilfe tagsüber. Ich dachte, ich könnte es, aber ich schaffe es nicht. In Frazier, nicht weit von uns, gibt’s ein Hospiz. Die Schwester an der Aufnahme hat mir davon erzählt. Wahrscheinlich haben alle Krankenhäuser eine Liste für genau diese Situation. Jedenfalls, das Hospiz heißt Rivington House. Ich hab dort nachgefragt, bevor ich bei dir angerufen hab, und sie haben gerade heute einen freien Platz bekommen. Offenbar hat Gott heute Nacht ein anderes seiner Glasfigürchen vom Kaminsims gestoßen.«
    »Ist Chetta ansprechbar? Hast du mit ihr darüber …«
    »Sie ist vor ungefähr zwei Stunden aufgewacht, war aber ziemlich verwirrt. Hat Vergangenheit und Gegenwart zu einer Art Salat vermischt.«
    Während ich tief und fest geschlafen habe, dachte David schuldbewusst. Zweifellos habe ich von meinem Buch geträumt.
    » Wenn sie wieder bei klarem Verstand ist – ich nehme an, dass das irgendwann der Fall sein wird –, dann werde ich ihr so behutsam, wie es geht, erklären, dass es nicht ihre Entscheidung ist. Es ist Zeit für die Pflege im Hospiz.«
    »In Ordnung.« Wenn Lucy etwas beschlossen hatte – wirklich beschlossen –, dann war es am besten, sich nicht einzumischen und ihr ihren Willen zu lassen.
    »Dad? Ist was mit Mama passiert? Oder mit Momo?«
    Abra wusste durchaus, dass ihrer Mutter nichts zugestoßen war, ihrer Urgroßmutter hingegen schon. Das meiste, was ihre Mutter ihrem Vater erzählt hatte, war ihr bereits in den Kopf gekommen, als sie noch unter der Dusche gestanden hatte, Shampoo und Tränen auf den Wangen. Aber es gelang ihr inzwischen ziemlich gut, ein fröhliches Gesicht aufzusetzen, bis jemand ihr laut sagte, dass es an der Zeit sei, traurig dreinzublicken. Sie fragte sich, ob ihr neuer Freund Dan das als Kind ebenfalls gelernt hatte. Bestimmt hatte er das.
    »Schatz, ich glaube, Abra will mit dir sprechen.«
    Lucy seufzte und sagte: »Gib sie mir.«
    Also streckte David seiner Tochter das Telefon hin.
    2
    Am selben Sonntag hängte Rose the Hat um zwei Uhr nachmittags ein

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