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Doctor Sleep (German Edition)

Doctor Sleep (German Edition)

Titel: Doctor Sleep (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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rechte Tatkraft. Einige Sekunden lang stand er mit gebeugtem Rücken da, als wollte er den Spaten ansetzen, dann richtete er sich auf und trat zurück, während Dan mit seiner Stiftlampe in die kleine Grube leuchtete, die sie ausgehoben hatten. »Ich kann nicht«, sagte er. »Ich dachte, ich könnte es, aber ich kann nicht. Nicht mit … dem da drin. Meine Arme sind wie Gummi.«
    Dan reichte ihm die Lampe. John richtete den Strahl auf das, was ihn so durcheinandergebracht hatte: einen verdreckten Turnschuh. Behutsam, um die irdischen Überreste von Abras Baseballjungen nicht mehr als nötig zu berühren, kratzte Dan die Erde von den Seiten der Leiche. Nach und nach kam eine Gestalt zum Vorschein. Sie erinnerte ihn an Reliefs auf Sarkophagen, die er in der National Geographic gesehen hatte.
    Der Verwesungsgeruch war inzwischen sehr stark.
    Dan trat zur Seite, atmete mehrfach kurz durch und endete mit dem tiefsten Atemzug, den er zustande brachte. Dann sprang er in das flache Grab, an dessen einem Ende nun beide Turnschuhe von Bradley Trevor v-förmig herausragten. Auf den Knien rutschte er bis zu der Stelle, an der sich die Taille des Jungen befinden musste, dann streckte er einen Arm in die Luft. John reichte ihm die Lampe und wandte sich ab. Er schluchzte hörbar.
    Dan klemmte sich die kleine Lampe zwischen die Lippen und machte sich daran, weitere Erde wegzubürsten. Ein T-Shirt wurde sichtbar, das an einer eingesunkenen Brust klebte. Dann Hände. Die Finger, nun kaum mehr als in gelbe Haut gehüllte Knochen, schlossen sich um etwas. In Dans Brust pochte es, weil er immer noch die Luft anhielt, aber dennoch bog er die Finger des Jungen so behutsam auf, wie er konnte. Trotzdem brach einer mit einem trockenen Knacken.
    Sie hatten ihn mit seinem Baseballhandschuh auf der Brust vergraben. In der liebevoll geölten Tasche wimmelte es von Wanzen.
    Mit einem entsetzten Fauchen wich der Atem aus Dans Lunge, und die Luft, die er einatmete, war voller Verwesung. Er sprang aus dem Grab nach rechts und schaffte es, auf die ausgehobene Erde zu kotzen statt auf die verwesten Überreste von Bradley Trevor, dessen einziges Verbrechen darin bestanden hatte, mit etwas geboren zu sein, was eine Schar von Ungeheuern für sich wollte. Und das diese ihm aus dem Hauch seiner ersterbenden Schreie gestohlen hatten.
    13
    Sie begruben die Leiche wieder, wobei diesmal John die meiste Arbeit tat, und bedeckten die Stelle mit einer provisorischen Krypta aus Asphaltbrocken. Keiner der beiden wollte sich vorstellen, dass Füchse oder streunende Hunde sich an dem, was noch übrig war, gütlich taten.
    Als sie fertig waren, stiegen sie ins Auto und saßen wortlos da. Schließlich sagte John: » Was sollen wir jetzt tun, Danno? Wir können ihn doch nicht einfach da liegen lassen. Er hat Eltern. Großeltern. Wahrscheinlich auch Geschwister. Alle fragen sich bestimmt immer noch, was aus ihm geworden ist.«
    »Eine Weile muss er noch liegen bleiben. So lange, dass niemand sagen kann: ›Mensch, dieser anonyme Anruf kam, kurz nachdem ein Fremder im Eisenwarenladen von Adair einen Spaten gekauft hat.‹ Damit ist zwar eher nicht zu rechnen, aber wir dürfen kein Risiko eingehen.«
    » Wie lange meinst du mit einer Weile?«
    »So etwa einen Monat.«
    John überlegte kurz, dann seufzte er. »Oder eher zwei. Dann dürfen seine Leute so lange noch denken, dass er vielleicht doch bloß abgehauen ist. Zwei Monate, bevor wir ihnen das Herz brechen.« Er schüttelte den Kopf. » Wenn ich mir sein Gesicht hätte anschauen müssen, hätte ich wahrscheinlich nie wieder schlafen können.«
    »Du würdest staunen, womit man alles leben kann«, sagte Dan. Dabei dachte er an Mrs. Massey, die nun sicher in seinem Hinterkopf verwahrt war und ihn nicht mehr verfolgen konnte. Er ließ den Wagen an, öffnete sein Fenster und schlug den Baseballhandschuh mehrfach von außen an die Tür, damit der Dreck abfiel. Dann zog er ihn an und schob seine Finger dorthin, wo die des Jungen an so vielen sonnigen Nachmittagen gesteckt hatten. Er schloss die Augen. Nach etwa einer halben Minute öffnete er sie wieder.
    »Na?«
    »Sie sind Barry Smith. Sie sind einer von den Guten.«
    » Was soll das bedeuten?«
    »Keine Ahnung, aber ich möchte wetten, das ist der, den Abra als Barry the Chunk bezeichnet.«
    »Sonst nichts?«
    »Abra wird mehr rauskriegen können.«
    »Bist du dir da sicher?«
    Dan dachte daran, wie sein Blick sich geschärft hatte, als Abra ihre Augen in seinem Kopf

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