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Doctor Sleep (German Edition)

Doctor Sleep (German Edition)

Titel: Doctor Sleep (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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folgte, war froh, mit seinen Gedanken allein zu sein. Es brachte allerdings nicht viel. Er war sich ziemlich sicher, dass da etwas war, etwas Reales, aber es kam einfach nicht zum Vorschein. Er versuchte sogar, Tony zu rufen, was er seit seiner Jugend nicht mehr getan hatte. Aber auch damit erreichte er nicht das Geringste.
    Billys Pick-up stand nicht mehr am Richland Court. Das wunderte Dan nicht. Der Stoßtrupp des Wahren Knotens war offenbar gemeinsam mit dem Winnebago gekommen. Wenn man Crow in Anniston abgesetzt hatte, dann war er zu Fuß gewesen und hatte ein Fahrzeug gebraucht.
    Die Garage stand offen. Noch bevor Johns Wagen ganz zum Stehen gekommen war, sprang Dave heraus und rannte – Abras Namen rufend – hinein. Von den Scheinwerfern von Johns Suburban in grelles Licht getaucht wie ein Schauspieler auf der Bühne, hob er etwas vom Boden auf und stieß einen Laut aus, der ein Mit telding zwischen Stöhnen und Schrei war. Als Dan neben dem SUV stoppte, sah er, was es war: Abras Rucksack.
    In diesem Augenblick stieg ein Verlangen nach Alkohol in Dan auf, noch stärker als an dem Abend, an dem er John vom Parkplatz der Cowboy-Kneipe aus angerufen hatte, stärker als in all den Jahren, seit er bei seinem ersten AA -Treffen einen weißen Chip bekommen hatte. Er spürte den Drang, seinen Wagen einfach zurückzustoßen, ohne auf etwaige Rufe der anderen zu achten, und nach Frazier zu fahren. Dort gab es eine Kneipe namens Bull Moose. Er war schon oft daran vorbeigefahren und hatte dabei immer die typischen Spekulationen eines früheren Säufers angestellt: Wie es da drin wohl aussah? Welche Sorte Bier gab’s vom Fass? Was für Musik lief in der Jukebox? Was für Whiskey stand auf dem Regal hinter dem Tresen, und was war die Hausmarke? Waren irgendwelche gut aussehenden Frauen da? Und wie würde wohl der erste Schluck schmecken? Hätte man dabei das Gefühl, endlich nach Hause gekommen zu sein? Er konnte zumindest einige dieser Fragen klären, bevor Dave Stone die Polizei rief und man ihn verhaftete, um ihn über ein gewisses verschwundenes Mädchen zu befragen.
    Irgendwann wird eine Zeit kommen, hatte Casey ihm in den ersten, dramatischen Tagen gesagt, in der deine mentalen Schutzmaßnahmen versagen, und dann wird deine höhere Macht das Einzige sein, was noch zwischen dir und einem Glas Schnaps steht.
    Mit der Vorstellung einer höheren Macht hatte Dan keine Probleme, weil er über ein paar Insiderinformationen verfügte. Gott blieb zwar eine unbewiesene Hypothese, aber Dan wusste, dass es tatsächlich eine andere Ebene der Existenz gab. Wie Abra hatte Dan die Geisterleute gesehen. Daher lag Gott durchaus im Bereich des Möglichen. Angesichts der kurzen Blicke, die Dan in die Welt jenseits der Welt geworfen hatte, fand Dan dessen Existenz sogar wahrscheinlich … allerdings: Welche Art Gott saß einfach daneben, während sich ein solcher Scheiß ereignete?
    Als ob du der Erste wärst, der diese Frage stellt, dachte er.
    Casey Kingsley hatte ihn aufgefordert, sich zweimal am Tag auf den Boden zu knien, um morgens um Hilfe zu bitten und abends danke zu sagen. Das sind die ersten drei Schritte: Ich kann nicht, Gott kann, überlass es ihm! Denk nicht zu viel darüber nach.
    Neulingen, die zögerten, diesen Rat anzunehmen, erzählte Casey gern eine Geschichte über den Filmregisseur John Waters. In Pink Flamingos, einem von dessen frühen Filmen, hatte Divine, Dragqueen und Hauptdarsteller, ein Stück Hundekot gegessen. Noch Jahre später löcherte man Waters wegen diesem glorreichen Moment der Filmgeschichte. Schließlich hatte er genug. »Es war bloß ein kleines Stück Hundescheiße«, sagte er zu einem Reporter. »Und trotzdem hat es Divine zum Star gemacht.«
    Knie dich deshalb hin und bitte um Hilfe, auch wenn es dir nicht passt, endete Casey immer. Schließlich ist es bloß ein kleines Stück Hundescheiße.
    Am Lenkrad seines Wagens konnte Dan sich nicht gut hinknien, aber abgesehen davon nahm er die automatische Standardhaltung seines morgendlichen und abendlichen Gebets an. Er schloss die Augen und presste sich eine Hand an die Lippen, als wollte er jedes Tröpfchen des verführerischen Gifts fernhalten, das zwanzig Jahre seines Lebens verwüstet hatte.
    Gott, hilf mir, nicht zu tri…
    Er kam nur so weit, bis das Licht durchbrach.
    Es war, was Dave Stone auf dem Weg zum Wolkentor gesagt hatte. Es war Abras zorniges Lächeln (er fragte sich, ob Crow dieses Lächeln wohl schon gesehen und – falls ja –

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