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Doctor Sleep (German Edition)

Doctor Sleep (German Edition)

Titel: Doctor Sleep (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Fahrrädern. Es waren Southwinds und Winnebagos, Monacos und Bounders. Der EarthCruiser von Rose – ein siebenhunderttausend Dollar teures Prachtstück aus importiertem Stahl, das beste Wohnmobil auf dem Markt – führte die Parade an. Aber langsam, mit nicht mehr als fünfundfünfzig Meilen pro Stunde.
    Sie hatten keine Eile. Es war noch viel Zeit. Bis zum Festmahl waren es noch mehrere Monate.
    4
    »Hast du sie aufbewahrt?«, fragte Concetta, während Lucy ihre Bluse aufknöpfte, um Abra die Brust zu geben. Abby blinzelte schläfrig, nuckelte ein wenig und verlor wieder das Interesse. Sobald deine Brustwarzen wund werden, wirst du sie ihr nicht anbieten, bevor sie sich bemerkbar macht, dachte Chetta. Und zwar aus voller Lunge.
    » Was aufbewahrt?«, fragte David.
    Lucy hatte verstanden. »Gleich als man sie mir in die Arme gegeben hat, bin ich in Ohnmacht gefallen. Dave sagt, ich hätte sie fast fallen lassen. Es war keine Zeit, Momo.«
    »Ach, dieses klebrige Zeug auf ihrem Gesicht«, sagte David wegwerfend. »Das haben sie abgezogen und entsorgt. War auch gut so, wenn du meine Meinung hören willst.« Er lächelte, aber sein fordernder Blick hatte eine unmissverständliche Botschaft. Du weißt, dass du nicht mehr davon anfangen solltest. Das weißt du genau, also hör einfach auf.
    Sie wusste es … und sie wusste es nicht. War sie in jüngeren Jahren schon so unentschlossen gewesen? Daran erinnerte sie sich nicht, obwohl sie sich offenbar an sämtliche Lektionen über die Schmerzhaften Geheimnisse und die immerwährenden Höllenqualen erinnerte, die ihr von den Barmherzigen Schwestern, diesen Banditti in Schwarz, eingebleut worden waren. An die Geschichte des Mädchens, das mit Blindheit geschlagen worden war, weil sie ihren Bruder nackt in der Badewanne beobachtet hatte, und die über den Mann, der mit dem Tod bestraft wurde, weil er den Papst geschmäht hatte.
    Gebt sie uns in die Hände, wenn sie jung sind, dann ist es egal, wie viele Vorlesungen sie später halten, wie viele Gedichtbände sie schreiben und wie viele Preise diese Bücher erhalten werden. Gebt sie uns in die Hände, wenn sie jung sind … dann gehören sie uns für immer.
    »Du hättest die Glückshaube aufbewahren sollen. Wie der Name sagt, bringt sie Glück.«
    Das sagte sie direkt zu ihrer Enkeltochter und schloss David völlig aus. Er war ein guter Kerl, ihrer Lucia ein guter Ehemann, aber seinen respektlosen Ton konnte er sich abschminken. Und seinen fordernden Blick erst recht.
    »Ich hätte es ja getan, aber ich hatte keine Chance, Momo. Und Dave wusste nicht Bescheid.« Sie knöpfte ihre Bluse wieder zu.
    Chetta beugte sich vor und berührte mit der Fingerspitze die zarte Haut von Abras Wange. Altes Fleisch glitt über neues. »Es heißt, wer mit einer Glückshaube geboren wird, hat das Zweite Gesicht.«
    »Das glaubst du doch nicht wirklich, oder?«, sagte David. »Diese sogenannte Glückshaube ist nichts als ein Fetzen Fruchtblase. Sie …«
    Er sprach weiter, aber Concetta beachtete ihn nicht mehr. Abra hatte die Augen aufgeschlagen. In ihnen lag eine ganze Welt aus Poesie, Zeilen, die zu großartig waren, als dass sie je geschrieben würden. Nicht einmal einprägen konnte man sie sich.
    » Vergiss es«, sagte Concetta. Sie nahm das Baby und küsste den glatten Schädel dort, wo die Fontanelle pulsierte. Direkt darunter wirkte die Magie der Gedanken. »Hin ist hin.«
    5
    Eines Nachts, etwa fünf Monate nach dem halben Streit über Abras Glückshaube, träumte Lucy, dass ihre Tochter weinte – so sehr, als würde ihr das Herz brechen. In diesem Traum befand sich Abby nicht mehr im Schlafzimmer des Hauses am Richland Court, sondern irgendwo in einem langen Flur. Lucy rannte auf das Weinen zu. Zuerst waren Türen an beiden Seiten, aber dann waren es Sitze. Blau mit hoher Lehne. Sie war in einem Flugzeug oder vielleicht auch in einem Zug. Nachdem sie meilenweit, wie es ihr vorkam, gelaufen war, kam sie zur Tür einer Toilette. Dahinter schrie ihr Baby. Es war kein hungriges, sondern ein verängstigtes Schreien. Vielleicht schrie sie auch
    (o Gott, o Maria)
    vor Schmerzen.
    Lucy hatte furchtbare Angst, dass die Tür verschlossen war und von ihr aufgebrochen werden musste – war es nicht genau das, was in Albträumen immer geschah? –, aber der Knauf ließ sich drehen, und sie zog die Tür auf. Während sie das tat, überkam sie eine neue Befürchtung: Wenn Abra nun in der Toilettenschüssel war? Man las immer wieder, dass so etwas

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