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Doctor Sleep (German Edition)

Doctor Sleep (German Edition)

Titel: Doctor Sleep (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Alkoholiker verbergen willst, steck es ins Blaue Buch, und die Teilnehmerzahl in North Conway wies darauf hin, dass das nicht ganz falsch war. Selbst während der Hauptsaison, die von Anfang Juli bis Anfang September dauerte, hatten sich selten mehr als ein Dutzend Leute im Veteranenheim versammelt, wenn es losging. Aus diesem Grund hörte Dan Dinge, die bei Meetings, an denen fünfzig oder gar siebzig reumütige Säufer und Drogensüchtige teilnahmen, wohl nie laut ausgesprochen worden wären. Bei solchen Treffen neigten die Sprecher dazu, sich in Plattheiten zu flüchten, von denen es Hunderte gab, und persönliche Aussagen zu meiden. Zum Beispiel hörte man da Gelassenheit zahlt sich aus oder Der Wille hat dich zum Saufen gebracht – glaubst du wirklich, dass er dich jetzt vom Saufen abhält, aber man hörte nie Ich hab mit der Frau meines Bruders gefickt, als wir eines Abends beide besoffen waren.
    Bei den Nüchternheitsabenden am Donnerstag las die kleine Versammlung Bill Wilsons großes blaues Handbuch von vorn bis hinten. Bei jedem Treffen nahm man den Faden dort wieder auf, wo man beim letzten Mal aufgehört hatte. Wenn man das Ende des Buchs erreicht hatte, kehrte man zum Kapitel »Aus der Sicht des Arztes« zurück und fing wieder von vorn an. In den meisten Meetings schaffte man etwa zehn Seiten. Das dauerte etwa eine halbe Stunde. In der verbleibenden halben Stunde sollte die Gruppe über die soeben vorgelesenen Gedanken sprechen. Manchmal tat sie das tatsächlich. Ziemlich oft schweifte das Gespräch jedoch in andere Richtungen ab wie ein unter den Fingern eines neurotischen Teenagers unruhig über ein Ouija-Brett gleitender Zeiger.
    Dan erinnerte sich an ein Donnerstagstreffen, an dem er teilgenommen hatte, als er etwa acht Monate trocken gewesen war. Das besprochene Kapitel, »An die Ehefrauen«, war voll veralteter Klischees, die bei den jüngeren Frauen im Raum fast immer scharfe Reaktionen auslösten. Die Teilnehmerinnen wollten wissen (zu Recht, wie Dan dachte), wieso niemand in den gut fünfundsechzig Jahren seit der ersten Veröffentlichung des Blauen Buchs ein Kapitel mit dem Titel »An die Ehemänner« hinzugefügt hatte.
    Als Gemma T. – eine Frau in den Dreißigern, die nur über zwei Gefühlszustände zu verfügen schien: wütend und total angepisst – an jenem Abend die Hand gehoben hatte, da hatte Dan eine feministische Tirade erwartet. Stattdessen sagte sie wesentlich ruhiger als üblich: »Ich muss euch etwas erzählen. Es steckt seit meinem achtzehnten Lebensjahr in mir, und wenn ich es nicht loslasse, werde ich nie die Finger von Koks und Wein lassen.«
    Die Gruppe wartete.
    »Als ich besoffen von einer Party heimgefahren bin, hab ich mit meinem Auto einen Mann angefahren«, sagte Gemma. »Das war zu Hause in Somerville. Ich hab ihn am Straßenrand liegen lassen. Ich hatte keine Ahnung, ob er tot oder noch am Leben war. Das weiß ich immer noch nicht. Ich hab darauf gewartet, dass die Polizei mich festnimmt, aber die kam nie. Ich bin damit davongekommen.«
    Darüber hatte sie gelacht, wie man über einen besonders guten Witz lachte, dann hatte sie den Kopf auf den Tisch sinken lassen und war in ein so tiefes Schluchzen ausgebrochen, dass es ihren spindeldürren Körper geschüttelt hatte. Das war Dans erste Erfahrung damit gewesen, wie furchterregend die verlangte »absolute Ehrlichkeit« sein konnte, wenn man sie tatsächlich in die Praxis umsetzte. Wie er es immer noch ab und zu tat, hatte er daran gedacht, wie er Deenies Portemonnaie geleert und wie der kleine Junge nach dem Kokain auf dem Couchtisch gegriffen hatte. Er hatte ziemlichen Respekt vor Gemma, aber so viel nackte Ehrlichkeit brachte er nicht auf. Wenn er die Wahl gehabt hätte, diese Geschichte zu erzählen oder ein Glas Schnaps zu trinken …
    Ich würde den Schnaps nehmen. Keine Frage.
    2
    Heute Abend wurde »Maulheldentum« vorgelesen, eine der Lebensgeschichten aus dem Teil des Blauen Buchs, dem man den aufmunternden Titel »Sie haben fast alles verloren« gegeben hatte. Die Erzählung folgte einem Muster, das Dan inzwischen sehr vertraut war: gute Familie, sonntäglicher Kirchgang, erster Schluck, erstes Besäufnis, durch Alkohol torpedierte beru fl iche Entwicklung, eskalierende Lügen, erste Festnahme, gebrochene Versprechungen, sich zu bessern, Entzugsklinik und schließlich ein Happy End. Alle Geschichten im Blauen Buch hatten ein Happy End. Das war ein Teil seines Zaubers.
    Es war ein kalter Abend, aber viel

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