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Dönerröschen

Titel: Dönerröschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaromir Konecny
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wohl eine krass bescheuerte Miene geschmissen haben.
    Sibel krümmte sich wieder vor Lachen. Sie packte mich an der Schulter, hielt sich an ihr fest wie an einem Rettungsast, und ließ sich durchschütteln. Schön, oder? »Das war nur ein Scherz«, sagte sie. »Ich sage Anne zu Anne, weil sie meine Anne ist und nicht weil sie Anne heißt.« In meiner Verwirrung brauchte ich etwa eine Minute, bis ich’s gecheckt hatte. Sibel schaute mir beim Denken zu und half mir, indem sie ihren Zeigefinger neben ihrer Schläfe kreiste. Die Mädels sind manchmal so was von gemein … »Vor unserer Mama musst du keine Angst haben«, sagte sie. »Sie ist in der Türkei. Nächste Woche kommt sie mit unserer Oma zurück. Aber wegen Oma. Junge, Junge! Unsere Oma kommt zum ersten Mal nach Deutschland. Sie ist wahnsinnig konservativ. Und so was von gewalttätig. Als Banditen unser türkisches Dorf überfallen haben, hat sie sie alle … ach, lassen wir das.«
    Ich spürte, wie sich mein Rückgrat vor Angst davonschlängeln wollte. »Na, sag schon! Was hat deine Oma mit den Banditen angestellt?«
    »Sie hat drei von ihnen in der Nacht die Kehle durchgeschnitten. Die anderen sind davongelaufen. Sie haben gedacht, ihre Kumpel wären von Dämonen umgebracht worden.«
    »Mensch!«, sagte ich. »Hast du mir solche Geschichten auch damals mit zehn erzählt?«
    Ihr Lächeln wurde traurig wie der ausgehende Abend. Sibel konnte traurig lächeln. Echt! »Wir hatten damals keine Zeit für Mord und Totschlag, Josch!« Dann guckte sie mir so tief in die Augen, als wollte sie meine Gedanken lesen. Doch da war nichts! Ihr Blick löschte jeden Gedanken in mir aus. Bis sie wieder lächelte: »Bei unserer Oma musst du auf jeden Fall extrem vorsichtig sein! Sie ist mit Messern aufgewachsen. Vor Oma hat sogar mein Baba Angst.« Sie trat ganz nah zu mir: »Gib mir einen …« Oh, jetzt würde er kommen, der erste Kuss! Und ich würde zurückküssen, jawohl! Trotz der brutalen Oma. »Gib mir einen … Gib mir einen Grund, Josch«, sagte sie, »dich wieder zu lieben.«
    »Du willst mich prüfen?«, fragte ich.
    »Kann sein … vielleicht will ich aber auch nicht mehr. Vielleicht … vielleicht habe ich schon einen anderen Freund. Ich konnte nicht warten. Du hast mich vergessen!«
    Plötzlich wurde ich krass spontan. »Schau her!«, sagte ich und zeigte auf meine Brust. »Kannst du nicht in mein Herz sehen?«
    »Nö!«, sagte sie. »Du Spinner!« Mann, oh, Mann! War ich romantisch! Aber cool! Sicher war das mit ihrem Freund nur ein Scherz, oder? Ich fühlte mich cremig wie ein Sahnetörtchen. Bis Sibel ihre nächste Frage stellte:
    »Wie alt ist dein kleiner Bruder?«
    »Mein kleiner Bruder?« Fast hätte ich gesagt, dass ich keinen Bruder habe, doch zum Glück fiel mir plötzlich mein Obletter -Abenteuer ein und die Ekschn mit dem Tierhäuschen. Boah! Wie sollte ich jetzt meinen kleinen Bruder verschwinden lassen. »Manche Falten kannst du nicht ausbügeln«, sagt Dok. »Eeeh … mein kleiner Bruder … eeh … ja, der ist zehn! Genau!« Shit! Spielen zehnjährige Jungs noch mit Plastiktieren? Na, jetzt war’s sowieso zu spät.
    Zum Glück schien sich Sibel nicht zu wundern. »Zehn?«, sagte sie. »Dann könnte er doch mit uns radeln. Familie ist das Wichtigste.«
    »Eeeh! Er … mein kleiner Bruder ist gelähmt. Er sitzt im Rollstuhl.«
    »Der Arme«, sagte Sibel. »Ich muss ihn unbedingt kennenlernen.«
    Die Lüge ist die Mutter der Lüge, fiel mir da plötzlich ein. Gut, der Spruch, oder? Sollte ich mir aufschreiben …

Ich bin Jack Sparrow, der Herr der Meere
    Von der Köfteparty mit Knoblauch fuhren Selma, Schnauze und ich mit dem 55er Bus nach Neuperlach – heim. Der schwarze Vogel der Nacht hatte sich schon vor Stunden aufs Dach der Stadt gehockt. Ich lebte aber noch. Krass! Vorne im Bus nur drei Fahrgäste, hinten wir. Als vorne beim Fahrer ein Typ einstieg, etwas älter als Dok und doppelt so fett, entfuhr Schnauze ein »Ach, du Scheiße!«.
    »Ach, du Scheiße!«, dachte ich auch. Wohl ein Kontrolleur. Warum hätte Schnauze sonst geflucht? Und das musste wieder mal einem wie mir passieren, der nie stempeln gelernt hatte. Ich war ständig mit meinem Radl unterwegs. Konnte mit den Fahrkarten nicht gut umgehen. Und jetzt! Kontrolleur! Fuck! Einen super Riecher hatte der Typ. Hielt sich überhaupt nicht mit den drei Fahrgästen vorne auf und steuerte direkt auf uns zu. Wieso er aber mit einem so guten Riecher wegen seiner eigenen Bierfahne nicht in

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