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Dönerröschen

Titel: Dönerröschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaromir Konecny
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den immer wegräumen müssen. Bei unseren Dart-Turnieren kommen bei uns manchmal 30 Leute zusammen.«
    »Echt?«
    »Ja, die Türken sind ein soziales Volk!« Inzwischen wurden aus dem benachbarten Schlafzimmer auch die Stühle hereingetragen.
    Die Köfte schmeckten krass lecker. Trotz Knoblauch. Der große Brotkorb, den ich für einen Wäschekorb gehalten hatte, leerte sich wie ’ne Chipstüte. Mann! Sogar Sibel stopfte sich mit Brot voll, als solle nächste Woche das Getreide ausgehen. Nicht Döner! Fladenbrot war das türkische Nationalessen.
    »Du hast gewonnen!«, sagte ich zu Danis. »Deine Schwester macht wirklich die besten Burger in München.«
    »Köfte!«, sagte Sibel, wurde aber rot wie Rotkäppchen. Kamen hier meine Sprüche etwa an?
    »Was esst ihr zu Hause zum Abendessen?«, fragte mich Koray.
    Ich überlegte: »Wurst, Käse …«
    »Kein warmes Essen?«
    »Nee!«
    Koray guckte, als hätte ich ihm gesagt, wir verspeisten zum Abend die Erde aus den Blumentöpfen. »Du bekommst echt nichts Warmes zu Abend? Du arme Sau!«
    »Na, na, solches Deutsch hast du sicher nicht an der Uni gelernt, Koray«, sagte Baba.
    »Das habe ich von Schnauze gelernt.« Baba schüttelte den Kopf, und Schnauze tat, als wären ihm die Schnürsenkel aufgegangen. Selma lachte und verpasste Schnauze einen sanften Klaps.
    »Weißt du, wie sich ein Türke von einem Deutschen unterscheidet«, fragte mich Baba.
    »Nee«, sagte ich.
    »Ein Türke schneidet seine Köfte mit der Gabelkante, spuckt auf den Boden und tut die Folien, mit denen die Sitze seines neuen Autos bezogen sind, erst nach zwei Jahren ab, damit das Auto immer noch neu ausschaut. He, he, he …« Ich fühlte mich immer heimischer. Sibels Vater schien gar nicht so viel anders zu sein als meiner. Werden alle Jungs zwanghafte Komiker? Wenn sie erwachsen sind?
    »Wer will Çay?«, fragte Sibel nach dem Essen. Weil’s alle wollten, wollte ich auch.
    »Ist das nicht Tee?«, fragte ich leise Schnauze, der neben mir hockte, als Sibel und Selma eine komische Metallkanne mit Hahn und die Tassen hereintrugen.
    »Tee klingt wie Teer!«, sagte Schnauze. »Çay schmeckt besser.«
    »Wir wollen morgen Koray München zeigen«, sagte Sibel. »Er ist zum ersten Mal hier. Ihr habt alle Fahrräder, oder? Kommt ihr mit?«
    Ihr Papa rekelte sich: »Ich muss morgen die Blumentöpfe auf dem Balkon umsetzen, Bebisch. Das habe ich eurer Mutter versprochen!«
    Sibel saß neben ihm und schubste ihn mit der Schulter. »Dich habe ich nicht gemeint, Baba! Das ist etwas für junge Leute.«
    »Na, hör mal! Ich komme mit! Dann zeige ich dir, wie ein alter Mann Fahrrad fährt! Ho, ho! Beim Radrennen um den Tegernsee habe ich eine Medaille bekommen.«
    »Baba! Du hast doch erzählt, dass du damals den vierten Platz belegt hast.«
    »Eeeh … ja, damals hat’s noch Medaillen für die ersten vier Plätze gegeben.«
    »Baba!«
    Ich nahm mir vor, ab jetzt ganz cremig zu bleiben. Eigentlich ging’s bei den Türken zu wie bei uns. Nur ein bissl weniger verrückt. Hmm … sogar irgendwie etwas harmonischer. Aber sonst wie bei uns. Oder?
    »Nehmt eure Fußballschuhe mit!«, sagte Danis.
    »Morgen zeig ich euch, wie man bei Bes¸iktas¸ Istanbul Fußball spielt!«, sagte Baba und Danis verdrehte die Augen. Ach, so! Jetzt waren wir wieder bei Beschiktasch . Wie damals auf dem Bolzplatz. Als ich Schnauze kennengelernt hatte. Da konnte ich mich ja jetzt schon auf Morgen freuen. Sicher würde es wieder eine kleine Schlägerei geben. Vielleicht auch eine große? Mann! Super!

Frauenarbeit
    Ich half Sibel und Selma mit dem Aufräumen. »Das ist Frauenarbeit«, zischte mir Danis zu, leider so laut wie ein geplatztes Wasserrohr. Sibel hatte ihn natürlich gehört.
    »Du hilfst auch mit«, sagte sie und drückte Danis einen Haufen Teller in die Hände. »Von wegen Frauenarbeit! Wächst aus meinem Brüderchen etwa ein Macho heran?«
    »Ich will Darts zocken«, motzte Danis. »Wieso gibst du mir ständig Befehle? Du bist nur zwölf Stunden älter!« Als er aber sah, dass Sibel stehen blieb, ihre Hände in die Seiten stützte und den Mund aufmachte, sagte er nur: »Ich mach ja schon«, und trabte in die Küche. Baba grinste und trug die Stühle ins Nebenzimmer. »Ich helfe dir später«, sagte Selma zu Sibel. »Wir müssen das Turnier zu Ende spielen.«
    Ich packte den Teller voll Besteck und jagte Danis nach. Hmm … diese Küche … – hatte sie mir meine Erinnerungen zurückgegeben oder war die Zeit sowieso reif

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