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Dönerröschen

Titel: Dönerröschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaromir Konecny
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dafür gewesen? Danis bückte sich vor der geöffneten Spülmaschine. »Du hast uns die Arbeitsteilung voll versaut!«, schnauzte er mich an. »Bis jetzt hat sie alle Küchensachen allein gemacht. Wo soll das nur hinführen, wenn Männer in der Küche schuften, während Frauen Darts zocken?«
    »Hast du Lena angerufen?«, fragte ich. Danis verstummte sofort. Ich ließ das Fragen und schob die Essensreste von den Tellern in den Mülleimer. Sibel fuhr in die Küche wie ein Piratenschiff in seinen Heimathafen. Unter der dunklen Flagge ihres Haars. Manchmal glitt sie anmutig durch die See wie ein friedliches Segelboot, plötzlich wandelte sie sich aber in die Black Pearl .
    »Du hast dein Brot nicht aufgegessen«, sagte Danis und zeigte auf den Teller in ihrer Hand. Er bückte sich wieder zur Spüle.
    »Ich weiß«, sagte Sibel. Sie guckte mir in die Augen, nahm das Brot von ihrem Teller, mit ihrem Blick weiter in meine Augen Fragezeichen malend, sie küsste das Brot und warf es in den Abfalleimer. Küsste sie alles, bevor sie’s wegwarf? War bei ihr also der erste Kuss der letzte? »Ich freue mich, wenn Mama wieder da ist«, sagte sie.
    Danis grinste: »Frauenarbeit, schwere Arbeit, was?«
    Sibel wuschelte ihm durchs Haar. »Wenn du weiter helfen willst, werde ich für dich schon Arbeit finden.« Das brachte Danis sofort zum Schweigen. Bei den beiden konntest du den Boss mühelos erkennen. Warum Danis dann aber gerade Lenas Telefonnummer wollte? Lena war nicht nur voll der Chef wie Sibel, sondern brutal noch dazu. Wenn wir Jungs in der Schule nicht hören wollten, dann schwang Lena keine großen Reden und verdrosch uns gleich. Gegen Lena war Sibel sanft wie ein Lamm.
    »Ich muss mal«, rief Danis und verzog sich schnellstens aus der Küche. Die Dartpfeile schossen wohl schon durch seinen Kopf.
    »Dein Papa ist lustig«, sagte ich zu Sibel. »Ich hab gedacht, die Türken …« Ich stutzte. Mann! Ich sollte hier nicht ständig mit Annes Meinungen über die Türken herausplatzen. »Der … der würde sich super mit Dok verstehen.«
    »Und was hast du dir über die Türken gedacht?«
    »Na, dass … dass sie … dass sie voll auf Tradition stehen und so. Viele türkische Frauen tragen doch Kopftuch.«
    Sibel guckte mich lange an, schüttelte den Kopf, guckte zur Tür und flüsterte wieder. »Einmal hat mich ein fremder deutscher Junge im Englischen Garten nur angelächelt, da hat Baba ihn in die Isar geworfen.«
    »Echt?«
    »Ja! Und damals in der Türkei hat Baba einem Typen das Ohr abgeschnitten. Nur weil der Typ Babas Schwester zum Tanzen aufgefordert hatte. Die Türken sammeln die Ohren von ihren Feinden. Als mein Baba jung war, noch in seinem Dorf in Anatolien, hatte er zu Hause einen ganzen Sack mit getrockneten Ohren seiner Feinde. Du solltest also aufpassen.«
    »Ich?«
    »Wer sonst? Du darfst hier nie verraten, dass wir mit zehn verlobt waren. Sonst bist du dran! Im Schlafzimmerschrank hat mein Baba seinen Säbel und seine Pistolen versteckt.« Scheißeee! Ich stand an der Spüle, die Hand auf die Spülplatte gelegt. Sibel strich mir mit dem Zeigefinger über den Handrücken. »Keine Angst!«, sagte sie. »Ich verrate dich nicht!« Ich fühlte, wie mir eine Horde giftige Termiten die Wirbelsäule hinaufkroch. Ob aber vor lauter Schiss oder wegen Sibels Berührung vermochte ich nicht zu sagen.
    Selma steckte den Kopf in die Küche: »Dürfen wir zu Ende spielen? Oder soll ich euch helfen?«
    »Spielt ruhig weiter!«
    »Ich helfe«, sagte ich zu Selma. Selma zwinkerte mir zu und verschwand.
    Ich reichte Sibel die restlichen Teller, sie stellte sie in die Spülmaschine. »Wer ist denn Dok?«
    »Mein Vater!«, sagte ich. »Der auf dem Fahrrad.« Nee! Klar hatte ich’s nicht gesagt. Dok war nicht nur ein Spaßvogel wie Sibels Vater, sondern vollkommen durchgeknallt und unberechenbar. Den musste ich hier voll verheimlichen. Sicher würde sich nie eine Frau finden, die einen solchen Schwiegervater akzeptierte. Dok musste in meinem geheimsten Giftschrank verborgen bleiben
    »Wo ist überhaupt eure Mutter?«, fragte ich.
    »Anne ist …«
    »Wegen dir sage ich zu meiner Mutter auch Anne«, sagte ich stolz. »Siehst du?«
    »Wieso wegen mir?«
    »Na, weil du deine Mama immer Anne gerufen hast, hab ich auch angefangen, zu meiner Mutter Anne zu sagen. Das hat mir Anne … eeh … meine Mutter erzählt.«
    »Echt?«, fragte sie. »Aber meine Mama heißt wirklich Anne.«
    »Das gibt’s doch nicht!«, sagte ich. Ich musste

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