Dogma
ich zu Ihnen.» Während die beiden Teile der Kabinentür geöffnet wurden, musste er im Pilotensitz bleiben, um etwaige unerwartete Komplikationen bei diesem unorthodoxen Manöver abfangen zu können.
Er drehte sich um und sah zu, wie Zahed, der noch immer rittlings auf Reillys Rücken saß, sich reckte, um die Verriegelung des oberen Teils zu öffnen.
Dann stieß der Iraner dagegen.
Sofort erfasste der Wind die Klappe und riss sie auf. Ein tosender Strom kalter Luft schlug unter ohrenbetäubendem Heulen in die Kabine.
Jetzt wurde es turbulent.
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Kapitel Vierundsechzig
Reilly fühlte die Sekunden verstreichen, als hätte er eine tickende Zeitbombe verschluckt. Sein Gesicht wurde mit solcher Kraft auf den rauen Nylonteppich niedergedrückt, dass er das rechte Auge nicht mehr öffnen konnte und kaum noch Luft bekam.
Er konnte sich nicht bewegen, der Iraner hatte ihn fest im Griff. Aber wenigstens war der Mann jetzt allein. Wenn Reilly noch etwas ausrichten wollte, musste es geschehen, ehe der Pilot zurückkam. Gegen beide zugleich war er mit seinen Fesseln völlig machtlos.
Das bedeutete, er musste jetzt sehr schnell handeln.
Er bekam mit, wie der Pilot Zahed das Okay gab, fühlte, wie sich das Gewicht des Mannes auf ihm verringerte, hörte, wie die Verriegelung der Tür geöffnet wurde.
Mit der gesunden Hand war der Iraner an der Tür beschäftigt. Und mit der anderen konnte er nichts gegen Reilly ausrichten.
Jetzt oder nie.
Reilly nahm all seine Kraft zusammen, bündelte sie dort, wo er sie am dringendsten brauchte.
Er hörte, wie die Türklappe vom Wind aufgerissen wurde, fühlte den tosenden Luftstrom. Die Kälte verstärkte seine Entschlossenheit nur noch.
Nie
kam nicht in Frage.
Jetzt.
Mit aller Kraft, die er aufbringen konnte, warf er sich auf die linke Seite und bäumte sich auf, mit dem Rücken zum Heck des Flugzeugs und zu dem Iraner. Gleichzeitig verschränkte er die Finger und stieß den rechten Ellenbogen nach hinten, so fest er konnte, während er die Knie anzog und dann nach hinten austrat. Ellenbogen und Füße trafen auf Fleisch und Knochen, Reilly hörte seinen Gegner vor Schmerz aufstöhnen, aber damit war das Blatt noch nicht gewendet. Reilly war klar, dass er seinen Gegner auf diese Weise nicht außer Gefecht setzen konnte. Er musste den Mann für einen Augenblick aus der Balance bringen und ihn sich vom Leib schaffen – im wörtlichen Sinn.
Der Iraner verlor das Gleichgewicht und stürzte von Reillys Rücken. Es dauerte nur ein paar kostbare Sekunden, doch das genügte, damit Reilly sein Manöver vollenden konnte.
Von eiskalter Luft umtost wie von einem Tornado, nutzte Reilly seinen Schwung, um sich vollends auf den Rücken zu drehen. Er zog die Beine an und versetzte dem Iraner einen Tritt gegen die Brust, der den Mann rückwärts gegen die Trennwand der Kabine schleuderte. Dann zog Reilly die Beine zur Fötusstellung an, bog den Rücken durch, um den Abstand zwischen Schultern und Hüfte zu verringern, und zog in derselben Bewegung die Hände unter sich hindurch.
Sie waren zwar noch immer gefesselt, aber wenigstens nicht mehr hinter dem Rücken.
Während Reilly sich aufrappelte, richtete sich auch Zahed wieder auf. Der Iraner stand jetzt vor der halbgeöffneten Kabinentür und bewegte sich mit seitlichen Schritten auf die Mitte der Kabine zu. Einen Moment lang verharrten beide in Angriffsstellung neben der anderthalb Meter großen Öffnung, geduckt unter der niedrigen Kabinendecke, und musterten einander in dem Versuch, das nächste Manöver des Gegners vorherzusehen. Dann bemerkte Reilly ein leichtes Zucken im Auge des Iraners, und ihm wurde klar, dass er gleich in die Zange genommen würde.
Er fuhr herum, so schnell es seine Fußfesseln erlaubten, und stürzte sich durch den schmalen Abstand zwischen den beiden vorderen Sitzen hindurch auf den Südafrikaner, die Arme nach vorn gestreckt. Mit seinen gefesselten Händen und ohne festen Stand konnte er keinen wirksamen Schlag landen, darum zog er den Piloten mit den Armen an sich heran und senkte den Kopf. Es war der heftigste Kopfstoß, den Reilly je gelandet hatte – seine Stirn traf die Nase des Mannes mit solcher Wucht, dass das Krachen trotz des tosenden Lärms in der Kabine zu hören war. Steyl taumelte zwischen den beiden Sitzen hindurch rückwärts, prallte mal an dem einen, mal am anderen ab wie eine Flipperkugel, schlug schließlich mit dem Kopf gegen die holzverkleidete Trennwand zwischen
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