Doktor auf Abwegen

du dich unterhalten kannst.»
    «Weißt du es denn noch nicht?» fragte Freddie überrascht. «Jowler hat so viele australische Tore geschossen, daß England nur zwanzig Läufe zum Sieg braucht. Das Ganze wird noch vor dem Lunch zu Ende sein. Warum aber soll nicht ich deine Ordination übernehmen, und du gehst statt dessen Golf spielen? Ich weiß, daß du dieses Wackeln beim Aus- holen loswerden willst.»
    «Ich hab mir den Rücken gezerrt.»
    «Dawn kann dich oben ein bißchen massieren. Dann wirst du dich i wieder pudelwohl fühlen. Wenn du kein Kleid willst, Dawn, warum gehst du dann nicht zu Harrods und kaufst dir etwas Nützliches? Ein Fahrrad oder ein Paar Ski?»
    «Ich will mir diesen Unsinn nicht länger anhören.» Eva stampfte mit dem Fuß auf. «Freddie und ich, wir sind einander wieder nahegekommen.»
    «Auch Dawn und ich», sagte Pip. «Deshalb wollte ich Freddie ja zum Kricketmatch abschieben.»
    Freddie meinte empört: «Würdest du dir als Engländer nicht nieder- trächtig Vorkommen, wenn du mit der Frau eines Freundes Ehebruch begehst, während er beim Kricket zuschaut?»
    Dawn begann zu kichern. Alle bogen sich vor Lachen, als Sir Lancelot zurückkehrte. «Was ist los?» fragte er. «Ich beziehe heute nacht das dritte Schlafzimmer der Turnhorns, neben der Trockenanlage. Wenn; ich es auch wahrscheinlich mit einem Skelett teilen muß.»
    Sie hörten zu lachen auf. «Sie bleiben über Nacht, Sir?» fragte Pip.
    «Klar. Wo ich zu Abend esse, dort schlafe ich, und wo ich schlafe, dort frühstücke ich. Kein vernünftiger Mensch würde nach so vielen Drinks im Auto nach Hause fahren.»
    «Aber das macht nicht die geringsten Schwierigkeiten», sagte Fred- die. «Sie schlafen mit dem Skelett, Sir. Pip und Dawn in der Stube, die zum Garten blickt, und Eva und ich in dem Zimmer, das auf die Apricot Avenue hinausgeht. Obwohl es nichts zur Sache tut, wer welches und welche nimmt.»
    Eva gähnte. «Ich bin entsetzlich müde.»
    Freddie griff begierig nach ihr.
    «Oh, wie ich mich aufs Bett freue!» Dawn reckte sich wollüstig, während Pip sie fest umfing. «Ich kann’s kaum erwarten.»
    Sir Lancelot starrte die beiden umschlungenen Paare an. Eine Minute verstrich. Er hustete laut. Er trank seinen Whisky aus. Er boxte Pip in die Rippen. «Weiß nicht, wie's mit Ihnen ist, Chipps, aber ich möchte mein Dinner.»
    «Dinner?» murmelte Dawn. «Haben wir das nicht schon gehabt?»
    «Dinner!» Sir Lancelot bearbeitete Freddie mit den Fäusten. «Din-din. Ich hab einen Bärenhunger.»
    «Wir wollen keins», keuchte Freddie. «Wir gehen ins Bett.»
    «Was bedeutet das? Ausbrechen von Schlafkrankheit?»
    «Das macht die Luft von Spratt’s Bottom», erklärte Pip. «Sie ist wahnsinnig stark.»
    «Ich falle gleich um», sagte Eva und stieß Freddie zur Treppe hinter dem Perlenvorhang.
    «Ich soll also an diesem Abend langsam Hungers sterben?» protestierte Sir Lancelot erbost.
    «Ihr Dinner ist im Backrohr», teilte ihm Dawn unter dem Bogen mit.
    «Ein halbes Dutzend Flaschen Claret steht auch bereit, Sir», fügte Pip hinzu. «Die sollten für heute reichen.»
    «Gute Nacht, Sir Lancelot!» riefen sie ihm alle zu. Damit war er allein.
    Er knurrte. Er kratzte seinen Bart. Wahrscheinlich benehmen sich junge Ehepaare heutzutage so, dachte er. Na ja, vielleicht war es umweltbewußter, Intimleben zu lüften als intime Wäschestücke. Er zog seinen Rock aus. Er nahm die zusammengefaltete Morgenausgabe seiner Zeitung und einen Bleistift zur Hand. Er trat in den Patio und entzündete die Gaskerzen. Er goß sich ein Glas Wein ein, und während er langsam an Garnelen knabberte, die er in der Linken hielt, dachte er kurz über den Beinamen Kaiser Friedrichs I. nach und trug dann mit markigen Zügen das Wort B ARBARELLA ein.
    Wie viele Engländer in führenden Positionen der Militär- oder Regierungsgewalt, fand er in Momenten qualvoller Verwirrung unfehlbaren Trost im Auflösen von Kreuzworträtseln der Times.
     

10
     
    Es ist eine allgemein anerkannte Wahrheit, paraphrasierte Sir Lancelot einen Satz Jane Austens am nächsten Donnerstag um halb acht Uhr, daß ein vermögender Witwer dringend einer Frau bedarf.
    Er zog den Küchenvorhang zurück und blickte in seinen kleinen Garten hinaus. Wieder einmal ein prächtiger Junitag. Er bemerkte, daß der Fußboden große Schmutzwasserlachen aufwies. Sir Lancelot verfügte zwar über einen Geschirrspülautomaten, nicht aber über die technischen Kenntnisse, um ihn zu bedienen. Er