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Doktor auf Abwegen

Doktor auf Abwegen

Titel: Doktor auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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rieche ich überholte Privilegien.»
    «Ihre Nase täuscht Sie. Jeder Sohn oder jede Tochter irgendeiner britischen Familie kann hierherkommen.» Sie glitten unter der Garret-Hostel-Brücke durch.
    «Sie brauchen das Geld dafür.»
    «Nein. Sie brauchen nur das Hirn. Was weitaus schwerer zu erwerben ist. Nebenbei gesagt, eine halbe Meile von hier entfernt wurde zum erstenmal das Atom gespalten.»
    «Ich dachte, das war in Los Alamos? Nein, wirklich?» Sir Lancelot vermied geschickt einen frontalen Zusammenstoß und lüftete seine Kreissäge vor dem vorbeistakenden Punter. «Sagen Sie mir, worin besteht der Unterschied zwischen Cambridge und Oxford?»
    Sir Lancelots Gesicht nahm einen gequälten und forschenden druck an. «Oxford liefert die Premierminister — Eden, MacMillan, Home, Heath, Wilson. Cambridge die Technokraten - Darwin, Rutherford, Kelvin, Crick mit seiner Doppelhelix, Keynes.»
    «Und Churchill?»
    «Sir Winston erfreute sich unter seinen prominenten Landsleuten des ungeheuren Vorteils, fast gänzlich unbelastet von jeglichem Studium zu sein. Oxford hat eine derart vom Verkehr verstopfte Hauptstraße, daß man sie am sichersten, ja leichtesten mittels einer Hosenboje überquert. Es besitzt steinerne Büsten römischer Kaiser. Es besitzt das All-Souls-College, das sich nicht einmal um Studenten bemüht, aber ein Reservoir ist, das sich seit dem fünfzehnten Jahrhundert mit Denken befaßt. Ganz nebenbei, das Penicillin wurde dort im Radcliffe-Krankenhaus zum erstenmal eingesetzt. Und dies hier», sagte er liebevoll, während sie langsam einem hübschen Garten zustrebten, dessen Weiden ihr Haar im Fluß wuschen, «ist Audley.»
    Sir Lancelot wurde sich plötzlich bewußt, daß die Hinterseite seines alten College den geeignetsten Ort für die Durchführung seines sorgfältig erwogenen Planes darstellte. Er blickte auf Amelia hinab, die mit geschlossenen Augen in zierlicher Ruhepose zu seinen Füßen saß, wie eine edwardische Maid im fließenden Musselinkleidchen. Ein bestürzender Gedanke brachte ihn aus der Fassung. War es die Frage, die ihm eine Dame kürzlich vor dem Lunch stellte?
    «Amelia -» Er begann langsamer zu staken.
    «Ja, Lancelot?» murmelte sie.
    «Halten Sie mich am Ende für...alt?»
    «Fragen Sie mich nicht so dummes Zeug.»
    «Vielleicht laufen bald meine Tage ab», räumte er ein, «sosehr ich sie genossen habe.» Sie befanden sich genau dem Garten von Audley gegenüber. Er hielt inne, die Stake vertikal in der Hand.
    «Amelia —»
    Sie murmelte abermals: «Ja, Lancelot?»
    Er zögerte. Er kam sich wie Kaliban vor, der sich Prosperos Tochter Miranda aufdrängt. Und er erinnerte sich an die Scherereien, die sich in Shakespeares «Sturm» daraus ergeben.
    «Amelia, ich möchte Sie etwas fragen.»
    «Ja, Lancelot?»
    «Ich bin im Begriff, mich kopfüber -»
    Und schon umklammerte er mitten im Flusse Cam die Stake.
    «Oh!» Sie lag auf den Knien, die Hände vor dem Mund, und trieb langsam von dannen. «Was soll ich tun?»
    «Fischen Sie meine verdammte Kreissäge aus dem Wasser», schrie er sie gereizt an. «Sie ist verteufelt schwer zu ersetzen.» «Brauchen Sie Hilfe?»
    «Nicht im mindesten. Ich gedenke den ganzen Nachmittag in dieser Position zu verharren, um die überfüllten Straßen zu vermeiden.»
    «Sie brauchen nicht so grob zu sein.»
    «Meiner Meinung nach besteht keinerlei Notwendigkeit, zu sagen, wenn man einen Rettungsring braucht.»
    «Ich werde mit den Händen paddeln.»
    «Nicht mit Ihren verdammten Händen, Sie blödes Weib. Im Heck liegt ein ausgezeichnetes Paddel.»
    «Sie benehmen sich aber verdammt beleidigend», fuhr sie ihn an.
    «Na schön. Dann kommen Sie und hängen Sie sich an diese Scheißstange, und ich setz mich in das Punt und werfe Ihnen Kußhändchen zu.»
    «Heda!» erklang ein Ruf vom Ufer. «Kommt rasch hierher, seht euch diesen ins Wasser gefallenen Kerl an.»
    Einen Augenblick zuvor waren die Ufer des Audley College noch leer und verlassen gewesen. Jetzt kamen Sie Sir Lancelot so dicht besetzt vor wie die Geländer beim Derby.
    «Versuch mal, einen Stabhochsprung zu machen, Alter», schlug einer hilfreich vor.
    «Schaut euch den armen Alten an. Erinnert mich an ein Kinderspiel-zeug, das Äffchen auf dem Stock.»
    «Sollten wir nicht die Feuerwehr rufen?»
    «Das ist doch ein Werbespot, mein Lieber, bald werden wir’s auf dem Bildschirm sehen.»
    «Haben Sie schon einen Fisch gefangen?»
    «Diese Stellung ist nicht nur gefährlich und

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