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Doktor auf Abwegen

Doktor auf Abwegen

Titel: Doktor auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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Cherrymore!» rief sie liebenswürdig. «Was führte dich zum Arzt?»
    «Mein Knöchel, du weißt doch. Ich bemerkte schon deinen Wagen. Hoffentlich nichts Ernstes?»
    «Nur eine kleine Diätberatung.»
    «Kommst du heut abend zur Gemeinderatssitzung?»
    «Aber natürlich. Wie könnte ich sie versäumen, wenn doch die Baubewilligung für das neue Tosker-Hospital als erster Punkt auf der Tagesordnung steht?»
    «Du bist für das Hospital?»
    «Bestimmt nicht», teilte sie ihm mit Entschiedenheit mit.
    Ron blickte sie entsetzt an. «Aber wieso denn nicht? Ein neues Hospital für Spratt’s Bottom, für das man nicht einen Penny zahlen muß? Da kann doch niemand dagegen sein, der einen Funken Menschlichkeit oder einen Funken Verstand hat.»
    «Nimm doch endlich einmal Vernunft an», sagte sie müde. «Ein Hospital auf dem Golfplatz? Denk doch an die Empörung der Club-Mitglieder, ihrer Familien und Freunde. Aller jener, die darum gekämpft haben, auf die Warteliste gesetzt zu werden. Jeder von ihnen ist ein Tory-Wähler, und in Kürze ist eine Wahl fällig. Ich wäre verrückt, wenn ich nicht mit jedem Wort in der Öffentlichkeit dagegen stimmte.»
    «Das finde ich schändlich.»
    «Ja, aber so ist nun eben die Politik. Ron, du und ich, wir sind Professionals», sagte sie freundlich. «Und Zyniker sind wir auch, was bekanntlich ein und dasselbe ist.»
    Ron blickte rasch um sich. Ein heißer Samstag vormittag am ersten Tag desjuli bot den Einwohnern von Spratt’s Bottom viele angenehme Alternativen zur üblichen Vergnügung, den Arzt aufzusuchen. Sie waren allein. «Jenny, du kannst doch unmöglich die Zeit, die wir gemeinsam hinter dem Britischen Museum verbracht haben, so ganz aus deinem Leben streichen?»
    Sie öffnete bereits die Tür ihres MG. «Ron, Lieber...es gibt da eine Zeile Thomas Hardys über Tess von d’Urbervilles. Wo sie von der Vergangenheit nichts wissen wollte, trat sie nieder und löschte sie aus, wie man auf eine Kohle tritt, die glimmt und gefährlich werden könnte. Tess hatte ihre guten Gründe. Und ich auch.»
    Ron sah sie kläglich an. «Du gibst mir da eine grausame Antwort. Aber du könntest dir dabei deine Füße sehr schlimm verbrennen. Mein Angebot gilt noch immer. Warum ziehen wir nicht wieder zusammen? Ich bin auch bereit, dich zu heiraten.»
    Sie starrte ihn verblüfft an. «Während wir einander bei der Wahl von verschiedenen Seiten her bekämpfen? Also Ron, wirklich! Geh zurück zum Arzt und laß dich gründlich untersuchen, ob bei dir da oben alles richtig ist. Das könnte zu einer nicht wiedergutzumachenden Katastrophe führen, ja sogar den Liberalen zugute kommen.»
    «Warum sollten wir einander bekämpfen? Du kannst leicht zurücktreten. Du wärst viel glücklicher, wenn du dein Leben an meiner Seite und als meine Helferin verbringen würdest. Politik ist nur für zweitklassige Frauen eine erstklassige Laufbahn.»
    Sie rief zornig: «Du bist schrecklich selbstsüchtig.»
    «Selbstsüchtig?» wiederholte er beleidigt. «Ausgeschlossen. Ich bin doch Sozialist.» Sie saß bereits im Auto. Er beugte sich über die Kühlerhaube. «So wollen wir eben beide die Politik aufgeben. Setzen wir uns ins Flugzeug, und beginnen wir ein neues Leben miteinander. Ich habe eine Menge ausgezeichneter Kontakte in Albanien.»
    «Nein.»
    «Nun gut. Dann bringe ich das große Opfer. Geh und laß dich als Tory-Kandidatin aufstellen. Du wirst gewählt werden, weil ich mich zurückziehe. Harold Sapworth’ Bruder wird an meine Stelle treten und kaum Stimmen von der Arbeiterpartei erhalten, weil er in ihren Augen als Buchmacher ein hochgefährlicher Kapitalist ist. Ich werde eine verheißungsvolle und vielleicht brillante politische Karriere aufgeben», sagte er, wobei seine Halskette bewegt hin und her schwang. «Ich werde Mark Anton sein, für dich, du Kleopatra.»
    Sie startete das Auto. «Ron, ich bin gerührt. Ich weiß den enormen Wert deiner großen Geste voll zu würdigen. Aber es hat keinen Sinn. Du mußt dich mit der Tatsache abfinden, daß ich für immer aus deinem Leben geschieden bin. Warum findest du dir nicht ein nettes Mädel unter den Jungsozialisten? Die sehen immer so schrecklich sexy aus, wenn sie sich mit protestierend vorgerecktem Busen für das eine oder andere einsetzen.»
    «Das würde der Parteidisziplin schaden.»
    «Du meinst, sie sind nicht die Klasse Mädchen, an die du gewöhnt bist?» Er gab keine Antwort. Sie schaltete den Gang ein. «Nein, es gibt einen anderen Grund. Ich

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