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Doktor auf Abwegen

Doktor auf Abwegen

Titel: Doktor auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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verliert.»
    «Genauso ist’s, Lionel. Bist ein guter Kerl. Ohne Frage, ich werde hier prächtig schlafen.» Er gähnte. «Nimm den Brandy nicht weg. Und du könntest deiner Holden gegenüber erwähnen, daß ich zum Frühstück gern zwei Eier habe, dazu drei bis vier Schnitten Speck. Und Tomaten, Pilze und Nieren, wenn sie welche hat. Gute Nacht.»
     

17
     
    «Guten Morgen, Mr. Cherrymore», sagte Cindy zu Ron fröhlich am nächsten Samstagmorgen. Sie öffnete in ihrer weißen Uniform die Eingangstür von Apricot Avenue Nr. 1. «Sie sind als erster gekommen.»
    Er lehnte sein Moped an die Fassade des Pseudo-Tudorhauses. «Ehepaar Turnhorn ist nicht hier, wie ich höre?»
    «Ich bekam heute eine Postkarte von ihnen. Von den Bahamas. Glaub nicht, daß sie den Urlaub sehr genießen. Auf dem Schiff sind schrecklich viele alte Leute, die fortwährend gratis ärztlich beraten werden wollen - sie hätten genausogut zu Hause gleiben können.»
    «Wie sind ihre Stellvertreter?» Ron nahm die Klammern von seinen Hosenbeinen ab.
    «Es sind zwei sehr geschickte junge Arzte, aber sie kommen immer wieder mit ihrem Sexleben ins Gedränge.»
    Ron schwang seine Halskette hin und her. «Haben sie denn keine Frauen?»
    «O doch. Anfangs jeder eine. Dann schienen sie beide zwei zu haben. Jetzt haben sie keine.»
    «Spratt’s Bottom könnte ein bißchen weniger Mittelstandsmoral nicht schaden.»
    «Kommen Sie bitte gleich weiter.» Cindy schob ihn in eins der Sprechzimmer und schloß die Tür hinter ihm. «Guten Morgen, Miss Porter», begrüßte sie Jenny, als deren MG knirschend auf dem mit Kies bestreuten Vorplatz stehenblieb. «Sie sind pünktlich und frühzeitig dran.»
    «Vor mir liegt ein schrecklich bewegter Tag.» Jenny glitt aus dem Wagen. «Das Ärztepaar ist wohl auf Urlaub? Glauben Sie, daß die Stellvertreter etwas für mich sind?»
    «Oh, gewiß. Beide sind Weiße.»
    Cindy führte Jenny in das andere Sprechzimmer. Einige Sekunden später eilte Freddie Bisham, mit Ärztemantel und dem Ordner des Patienten, zu Ron ins Zimmer. «Lord Cherrymore?» begann er flott, bevor er sich setzte.
    «Ron Cherrymore. Ich habe den Titel aufgegeben. Genauso wie ich Rauchen und Trinken aufgab, um einen klaren Kopf für den Klassenkampf zu bewahren, der niemals aufhört.»
    «Aber Karl Marx war ein richtiger Säufer», erwiderte Freddie geistesabwesend, während er die Krankengeschichte durchlas. «Er wurde in Deutschland wegen Trunkenheit eingesperrt und fiel infolge Rauchens von zu vielen Zigarren tot um. Was fehlt Ihnen?»
    «Mein Knöchel.» Ron schlüpfte aus seiner Jesus-Sandale. «Hab ihn mir vor einem Monat verstaucht. Man hat ihn im Heiligen Grab verbunden und mir gesagt, ich soll ihn bei meinem Arzt überprüfen lassen.»
    Freddie manipulierte mit Knöchel und Fuß. «Schaut gut aus. Vergessen Sie ihn. Auf Wiedersehen.»
    Ron blieb sitzen. «Doktor —»
    «Ja?»
    «Ich wußte, daß der Knöchel in Ordnung war.»
    «Wozu kamen Sie dann hierher?» fragte Freddie abweisend. «Ich habe mehr als einen einzigen Patienten zu betreuen, wissen Sie.»
    «Kommen nicht manchmal Leute zu Ihnen, Doktor, um Sie über etwas zu befragen, wenn sie in Wirklichkeit über etwas ganz anderes mit Ihnen sprechen wollen?»
    «Häufig.»
    Ron nickte. «Ich hab ein Problem.»
    Freddie lehnte sich voll ärztlicher Geduld zurück.
    «Es ist da drin, Doktor.» Ron tippte sich auf die glatte weiße Stirn. «Ich glaube, ich bin ein einzigartiger Fall. Aber es ist wirklich schockierend. Regelrecht schockierend.»
    «Ärzte geraten nicht so leicht in Schock. Ich bin da, um Ihnen zu helfen.»
    «Danke, Doktor. Ja also —» Er zerrte nervös an seiner Kette. «Warum, glauben Sie, gab ich meinen Titel auf?»
    «Vermutlich aus politischen Gründen.»
    «Keineswegs. Das war nicht der wirkliche Grund. Sehen Sie, ich wollte einfach nichts mit meinem Vater zu schaffen haben. Als er starb, verzichtete ich auf seinen Titel. Und ich verzichtete auf sein Geld. Na ja, ich ließ es auf der Bank. Ich verachtete sein Haus, seine Autos, seine Jacht, seine Rennpferde, seine Hunde, seine Gewehre, seine Londoner Clubs, seine politischen Ansichten. Ich haßte meinen Vater», rief er erregt. «Oh, es ist entsetzlich, so etwas zu sagen...Solang er lebte, fühlte ich immer, tief in mir drinnen, daß ich meinen Vater töten wollte. Und wissen Sie, Doktor», fuhr er gequält fort, «ich wollte meine Mutter heiraten. Wie schauerlich!»
    «Das grassiert zu dieser Jahreszeit», murmelte

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