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Doktor auf Draht

Doktor auf Draht

Titel: Doktor auf Draht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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England — wenn die Sonne zufälligerweise scheint — mit seinen langen Abenden, den Erdbeeren mit Sahne, den duftenden Wicken, den trägen Flüssen, dem Geruch von frischgemähtem Gras und den schläfrigen Nachmittagen, die mit dem Klicken der Schläger auf den Golfball sanft dahinticken. Allen diesen Inseln, Bermuda, Honolulu oder Tahiti, zöge ich unsere königliche vor, obgleich sie zwischen der Guy-Fawkes-Nacht und der Ruderregatta fast durchwegs unbewohnbar ist. Und obgleich ich einräumen muß, daß es, wenn es so weit ist, die silberne See zu genießen, in der jener kostbare Edelstein gefaßt ist, eine erschreckliche Menge unserer frohgemuten Mitmenschen dieses Vergnügen mit uns teilen will.
    »Willst du noch immer fahren?« fragte ich Miles, als ihm jemand auf den Fuß trat.
    Er nickte mit Entschiedenheit. »Unbedingt. Außerdem habe ich bereits die Fahrkarten gekauft.«
    Wir begannen uns durch die wogende Flut Richtung Bahnsteig Fünfzehn durchzuarbeiten.
    »Die Dame wird doch hoffentlich erst im Hotel auftauchen?« murmelte Miles. »Gottlob habe ich mich dagegen ausgesprochen, daß wir die Reise gemeinsam zurücklegen.«
    »Das ist absolut garantiert. Scheint mir außerdem ein verläßlicher Typ zu sein. Verfügt über reiche Erfahrungen.«
    »Wäre mir höchst zuwider, wenn alle diese Mühen vergeudet sein sollten.«
    »Mir auch«, stimmte ich ihm von Herzen zu. »Gib auf diesen Träger acht, der mit seinem Gepäckwagen eine regelrechte Tank-Taktik praktiziert.«
    Miles leckte sich die Lippen. »Weißt du, Gaston es ist — es ist hochanständig von dir, daß du all diese Plage auf dich nimmst.«
    »Stets gerne bereit, einem Familienmitglied zu Diensten zu sein.«
    »Gewiß haben wir in vergangenen Tagen kleine Meinungsverschiedenheiten ausgetragen«, räumte er gerade ein, als ihm jemand mit einem Kricketschläger in die Mitte stieß.
    »Nur ein Zusammenprall vetterlicher Temperamente. Durchaus üblich. Hat Shakespeare Stoff für die Hälfte seiner Stücke geliefert.«
    »Aber ich möchte dir sagen, wie sehr ich es anerkenne, daß du all dies meinetwegen auf dich genommen hast.«
    »Halb so schlimm. Gib acht auf den Jungen mit der Jacht. Ich diagnostiziere auch ihn als einen Fall beginnenden Vomierens.«
    Natürlich hatte ich das alles nicht Miles zuliebe getan. Connie zuliebe hatte ich’s getan.
    »Ich hab Miles’ Filzpantoffeln gebracht«, hatte sie gesagt, als ich sie nach der »Ambulanz für jedermann« vor meiner Türe stehen sah. »Er hat sie offenbar vergessen. Und seine armen Füße werden in der Nacht so kalt.«
    »Hoffentlich mußtest du nicht zu lange warten?« fragte ich, indem ich sie in die leere Wohnung einließ. »Hoffentlich weißt du auch«, fügte ich hinzu, »daß Miles energische Schritte unternimmt, um eine Scheidung zu erwirken?«
    »Ja.« Connie tastete nach ihrem Taschentuch. »Er hat mir einen Brief geschrieben. Zwanzig Seiten lang, einige davon wirklich sehr, sehr lieb. Richtig poetisch.«
    »Aber zum Teufel, Connie! Du wirst doch diese Narrenpossen nicht weitergehen lassen?«
    »Ich werde ihm nicht im Weg stehen, Gaston.« Connie nahm die standhafte Miene eines Märtyrers an, dem am Marterpfahl Tinte und Feder angeboten werden. »Ich kenne meine Pflicht. Vor Miles liegt eine große Zukunft, und Klein-Bartholomew und ich sind nichts als Hindernisse. Wie stolz werde ich sein, sollte ich, mein Kind in den Armen, einen Blick von ihm erhaschen, wenn er hoch zu Roß in seiner Robe vorüberreitet, um als Pair seinen Sitz im House of Lords einzunehmen.«
    Ich fand, daß Connie sich von dieser Prozedur eine reichlich romantische Vorstellung machte, erwähnte jedoch nur, wie nett es wäre, wenn Miles sie an den Abenden bei sich hätte und ihr beim Polieren seines Krönchens zusähe.
    »Glaubst du, ich sollte Klein-Bartholomew alles erzählen?« fragte Connie.
    »Das würde den Ausgang der Dinge nur verwirren.«
    Doch sie schien dies nicht einzusehen.
    »Klein-Bartholomew und ich werden ein neues Leben beginnen.« Connie betupfte ihre Augen. »Irgendwie werden wir uns schon durchschlagen. Für Miles wird es das beste sein, wenn wir den Rest unserer Tage im Exil verbringen. In St. Moritz oder Cannes, oder sonstwo.«
    »Ist dir bekannt, daß Miles mich tatsächlich gebeten hat, die Scheidung für ihn einzuleiten? Selbstverständlich reizt es mich gar nicht, sein verdammter Handlanger bei eurem Auseinandergehen zu sein.«
    »Ich bitte dich lediglich, Gaston, alles, was in deiner Macht

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