Doktor auf Draht
Reden gekommen war, sämtliche Stichworte unbeachtet. »Ich beabsichtige, das Stück damit zu beginnen, daß ich allein — ganz allein — die Bühne betrete und dann eine Rede an mich selbst halte —«
»Basil«, unterbrach ich ihn mit Festigkeit. »Ich bin nur wegen eines kleinen Rates vorbeigekommen. Doch spreche ich gern, wenn du willst, erst nach der Unterrichtsstunde bei dir vor.«
»Wegen eines Rates?« Basil sah mich an, als hätte ich ihm den Vorhang auf den Kopf fallen lassen. »Handelt sich’s um ein Produktionsproblem in deiner miesen kleinen Folge?«
»Nein.« Ich warf einen Seitenblick auf Lucy. »Um eine eher delikate Angelegenheit. Obgleich Lucy«, fügte ich in Erinnerung an New York hinzu, »mir vielleicht auch helfen könnte. Es handelt sich um eine Scheidung.«
»Gaston! Sie sagten mir im Flugzeug gar nicht, daß Sie verheiratet seien!«
»Ich frage wegen eines Freundes.«
Basil paffte heftig an seiner dunklen Zigarre. »Liebes Jungchen, mische dich niemals, niemals in die Eheangelegenheiten anderer ein. In eine richtige blutige Messerstecherei einzugreifen ist weitaus weniger gefährlich.«
»Ich hab’s so gut wie versprochen. Und da du kürzlich in dieser Art Veranstaltung schon ein bißchen geprobt hast — «
»Ich glaube, mein teures Weib ist gerade unterwegs nach Las Vegas, wo man die Scheidungen per Automaten bezieht«, sagte er zweifelnd.
»Ich meine aber eine gute altmodische englische Scheidung.«
Basil beroch geistesabwesend eine Rose. »Ich glaube, liebes Jungchen, man geht das Ganze durch ein privates Detektivinstitut an.«
»Mein Freund möchte Detektive vermeiden. Er wünscht eine Do-it-yourself-Scheidung.«
»Ich kann’s ihm nicht verargen«, erklärte Lucy, sich eine Zigarette anzündend. »Privatdetektive sind eine scheußliche Bande.«
»Würdeloses halbamtliches Gesindel ohne jeglichen Sinn für Humor und ständig Pfefferminzbonbons lutschend«, stimmte Basil zu. »Mein teures Weib hat sie mir dereinst an den Hals gehetzt.«
»Das ist doch ganz einfach«, sagte Lucy bestimmt. »Man nimmt ein Mädel an die Küste mit und wird in einer kompromittierenden Situation vom Kellner überrascht, wenn er am Morgen das Frühstück heraufbringt.«
»Sie meinen, das genügt, um die Gesetzesmaschinerie in Gang zu bringen?«
»Aber natürlich, mein Lieber. Eine Menge Freunde, die unter den Ehebanden seufzten, haben das ausprobiert. Sie können sich nicht vorstellen, wie viele neue Hüte ich mir kaufen mußte für meine Besuche bei Gericht. Es kommt auf die Kombination von Küste, Kellnern und Frühstück an«, wiederholte Lucy eindringlich. »Dann weiß der arme Richter, woran er ist. Wahrscheinlich liegt ein schrecklicher Vormittag hinter ihm, wo er fortwährend überlegen mußte, ob er Scheidungsurteile aussprechen solle, und er doch wußte, daß ihm alle einen aufgelegten Schwindel erzählten. Aber sobald er einmal die alte, wohlbekannte Geschichte hört, reckt er sich, als würde er tatsächlich Ozon riechen. Ich hab’s doch schon dutzendmal gehört: >Hab den Kaffee und den Räucherhering heraufgebracht<, sagt der Kellner, >und da befanden sie sich in einer kompromittierenden Situation.< >Bedingtes Scheidungsurteil<, sagt der Richter. Es ist so einfach wie das Erneuern des Führerscheins.«
»Mir persönlich wäre es äußerst zuwider, so früh am Morgen etwas Kompromittierendes zu tun«, murmelte Basil, »noch dazu vor den Heringen.«
»Das ist ja alles schön und gut«, machte ich geltend, »aber zu einer Kompromittierung gehören zwei.«
»Klar, daß es unsereinem nicht behagt, all diese Kellner und Heringe mit der künftigen Gattin zusammenzubringen«, sagte Basil kurz und sah mich an, wie man mitten im ersten Akt Zuspätkommende im Parkett ansieht.
»Aber eine Scheidung ohne Partnerin«, gab Lucy zu bedenken, »ist wie eine elegante Hochzeit ohne Braut.«
»Mein Freund hat aber keine Partnerin. Außer seiner Frau scheint er keine einzige Frau zu kennen, und die kommt wohl nicht in Frage. Deshalb, alter Junge«, wandte ich mich an den Filmstar, »frage ich an, ob du nicht zufälligerweise eine Schauspielerin kennst, die augenblicklich zufälligerweise ohne Engagement ist und diese Rolle übernehmen könnte?«
Basil zog die Brauen hoch.
»Natürlich in allen Ehren«, fuhr ich hastig fort. »Mein Freund würde sich unter Wahrung jeglichen Anstands mit ihr kompromittieren.«
»Ich meine«, sagte Basil, sich erhebend, »dieses Gespräch sollte besser draußen
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