Doktor Proktor im Goldrausch
allem darauf an, den Krill so stark zu langweilen, dass er einschlief und schlafwandelnd in sein Ringwadennetz schwamm. Schließlich war er sich sicher, dass diese Taktik auch auf dem Fußballplatz funktionierte. Daher hatte er abgeheuert, war von Bord gegangen und hatte sich für die Trainerstelle in der schlechtesten Mannschaft Englands beworben – Rotten Ham. Da niemand sonst diese Mannschaft trainieren wollte, hatte er direkt die Zusage bekommen.
Der Erfolg war enorm. Rotten Ham hatte sich im Laufe von nur zwei Jahren von der allerschlechtesten zur viertschlechtesten Mannschaft hochgearbeitet. Und der kauzige Krillfischer, der noch immer in seiner Fischermontur herumlief – gelber Südwester und Gummistiefel –, hatte viel Lob eingeheimst und den Spitznamen Krillo bekommen. In diesem Jahr waren Krillo und seine Stinkenden Zehen also bis ins Pokalendspiel gestolpert: mit einer Mischung aus Sturheit, unglaublichem Dusel und so stinklangweiligem Fußball, dass die Gegner am Ende nur noch gähnend auf dem Platz gestanden und nicht mitbekommen hatten, wie Rotten Ham ein Tor geschossen hatte.
Krillo war sich durchaus im Klaren darüber, dass sich das gegen Chelchester City nicht wiederholen ließe. Rublov hatte Krillos Taktik durchschaut und würde seinen Spielern vor dem Spiel zwei Tassen superstarken Kaffee einschenken, damit sie wach blieben. Und jetzt hatte Chelchester City auch noch Ibranaldovez eingekauft und würde Tore über Tore machen, egal, wie gut die Manndeckung von Rotten Hams Abwehr auch war. Krillo war sich außerdem im Klaren darüber, dass sie dieses Mal mehr als ein Tor liefern mussten. Bloß wie?
Er hatte seine Spieler in einer Reihe aufgestellt und sah zu, wie sie ihre Bälle auf der Strafraumlinie zurechtlegten und dagegentraten – gegen den Ball natürlich. Oder gegen die Strafraumlinie. Aber egal, was sie trafen, ins Netz ging kein einziger Ball.
»Jetzt hab ich schon den Torwart rausgenommen!«, brüllte Krillo und raufte sich den Südwester. »Macht doch die Augen auf! Das Tor ist leer wie eine Hummerreuse!«
»Das ist aber echt nicht einfach!«, rief Kapitän Smale Langehand verzweifelt und breitete seine aufsehenerregend langen Arme aus.
Da hörte Krillo hinter sich ein lautes Bonk! Dann einen hohen Pfeiflaut, als ein Geschoss an ihm vorbeirauschte und mittig oben mit einem Zischen ins Netz knallte. Danach hüpfte es ein paarmal auf und ab, ehe es liegen blieb.
Das Geschoss war ein Fußball.
Krillo drehte sich langsam um.
Und dort bot sich ihm ein ziemlich ungewöhnlicher Anblick: ein winziger rothaariger Knirps im Tweedmantel, mit einem bescheuert aussehenden Hut aus dem gleichen Stoff und zwei unterschiedlichen Schuhen, einer davon eine Art robuster Wanderschuh.
Der Knirps hatte die Hände in die Seiten gestemmt und lächelte zufrieden. Hinter ihm stand ein langer, dürrer Mann im Frack mit einem Ding auf der Nase, das Krillo als Schwimmbrille identifizierte. Neben ihm wiederum war ein einigermaßen normal aussehendes Mädchen mit Zöpfen, ernstem Gesicht und einem Ball unter dem Arm.
»Wer von euch war das?«, fragte Krillo.
»Schörlo«, sagte der Mann mit der Schwimmbrille und zeigte auf den kleinen Rothaarigen. »Sein voller Name ist Unnar Gunnar Sol Schörlo, auch genannt ›Der Würstchenmetzger mit dem Kindergesicht‹. Und ich bin sein Agent, Rune McKaroni.«
»Seht zu, dass ihr von meinem Trainingsplatz verschwindet!«, kommandierte Krillo und deutete zum Ausgang.
»Kolms!«, sagte McKaroni, worauf das Mädchen den Ball, den sie unter den Arm geklemmt hatte, zu Unnar Gunnar Sol Schörlo rollte. Der kniff ein Auge zu, zielte aufs Tor und hob den Fuß mit dem Wanderschuh an, um zu schießen. Aus dreißig Meter Entfernung? Ohne Anlauf? Ha! Krillo schnaufte verächtlich und drehte sich wieder zu seinen Spielern um.
»Olrait, jetzt legt ihr eure Bälle noch näher ans Tor und probiert…«
Bonk!
Pfeif!
Zisch!
Krillo starrte den Ball an, der ein paarmal neben dem ersten Ball im Tor auf und ab hüpfte. Dann drehte er sich wieder um.
Der Rothaarige hatte sich ins Gras gesetzt und polierte die Spitze seines Wanderschuhs.
»Na?«, sagte McKaroni. »Haben Sie Verwendung für so einen Spieler?«
»Wie viel?«, fragte Krillo.
»Was können Sie uns anbieten?«, fragte der sonderbare Agent.
»Achtundvierzig Pfund und ein fast kostenloses Paar Fußballschuhe.«
»Wie Sie sehen, hat der Junge bereits welche.«
»Olrait. Achtundvierzig Pfund plus Schuhcreme.«
»Sie
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