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Doktor Proktors Pupspulver

Doktor Proktors Pupspulver

Titel: Doktor Proktors Pupspulver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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ein berühmter Erfinder zu werden. Das ist aber gar nicht so leicht, es ist ja schon so vieles erfunden worden, aber ich arbeite seitdem Tag und Nacht daran, etwas ganz und gar Neues zu erfinden, damit ich zurückfahren und meine Juliette suchen kann.«
    »Oh«, sagte Lise, als Doktor Proktor seine Erzählung beendet hatte, »wie romantisch!«
    »Wissen Sie, was?«, sagte Bulle. »Mit Doktor Proktors Pupspulver werden Sie garantiert weltberühmt. Das ist todsicher.«
    »Na, wir werden sehen«, sagte der Doktor.
    Sie hörten einen Grashüpfer musizieren, den ersten dieses Jahres, und ihnen wurde klar, dass bald der Sommer kommen würde. Vorerst war aber noch Frühling. Dann schauten sie in den Birnbaum hinauf. Über ihm hing bleich und fast durchsichtig der Mond.

11 . Kapite l
Der große Pupspulververkauf
    ulle stand oben auf dem Trinkbrunnen, wo ihn alle Kinder der Schule sehen und hören konnten.
    »Der Verkauf von Doktor Proktors Pupspulver findet heute Nachmittag ganz am oberen Ende der Kanonenstraße statt, da, wo ein Plakat am Gartentor hängt!«
    Bulle rief das, obwohl es so still war, dass er genauso gut gewöhnlich laut hätte reden können.
    »Los geht es um sechs und dann bis um sieben! Kein Gedrängel, lasst die Kleinsten vor und kein Gepupse, solange ihr noch auf dem Grundstück seid. Verstanden?«
    »Verstanden!«, riefen alle im Chor.
    »Noch Fragen?«
    Bulle schaute über die Versammlung und erblickte eine Hand, die fast ganz hinten emporgereckt wurde. »Ja?«
    »Ist das gefährlich?«, piepste ein Stimmchen.
    »Ja«, sagte Bulle ernst. »Leider gibt es eine Sache, die an diesem Pulver äußerst gefährlich ist.« Die Gesichter vor ihm wurden lang und länger, die Münder standen auf.
    »Man kann sich totlachen!«, sagte Bulle.
    Ein erleichtertes Aufstöhnen ging durch die Menge. Dann klingelte es zur nächsten Stunde.
    »Dann sehen wir uns heute Nachmittag!«, rief Bulle und sprang vom Trinkbrunnen. Manche Kinder klatschten Beifall und riefen »Hurra!« und ein erwartungsvolles Murmeln stieg von der Versammlung auf, die sich jetzt zerstreute und den verschiedenen Eingängen des Schulhauses zustrebte.
    »Glaubst du, es kommt überhaupt jemand?«, fragte Lise Bulle, der vergnügt »Ja, wir lieben dieses Land« pfiff.
    »Frag lieber, ob jemand nicht kommt«, sagte Bulle. »Hast du diese funkelnden Blicke nicht gesehen? Deinen Flug nach Sarpsborg kannst du schon mal buchen.«
    »Meinst du?«, fragte Lise, die tief drinnen nicht so ganz überzeugt war. Aber Lise war nie so ganz überzeugt, von nichts. So war sie nun mal.
    »Todsicher«, sagte Bulle und hob die Hände, als ob er Trompete spielen würde. So war er nun mal.
    Nach der Schule liefen Lise und Bulle nach Hause. Und kurz nach halb sechs trafen sie sich im Garten des Pro fessors, den sie schlafend auf der Gartenbank vorfanden.
    Sie ließen ihn schlafen und hängten das Plakat ans Gartentor. Darauf stand:
    DOKTOR PROKTORS PUPSPULVER WELTWEIT NUR HIER ERHÄLTLICH, SONST NIRGENDS
    Sie nahmen die Deckel von den Kartons und Schuhschachteln, in denen übereinander die Tüten mit dem Pulver gestapelt waren, dann nahmen sie jeder auf einem Stuhl hinterm Verkaufstisch Platz und warteten.
    »Es ist zehn vor sechs«, informierte Lise Bulle.
    »Gespannt?«, lächelte der.
    Lise nickte.

    Um fünf vor sechs sagte Lise zu Bulle, jetzt sei es fünf vor sechs. Die Vögel sangen im Birnbaum. Um sechs sagte Lise zu Bulle, jetzt sei es sechs Uhr. Und um zwei nach sechs schaute Lise zum neunten Mal seit sechs auf ihre Uhr.
    »Wo die nur bleiben?«, fragte sie besorgt.
    »Ganz ruhig«, sagte Bulle. »Sie müssen ja auch erst mal herfinden.« Er hatte die Arme hinterm Kopf verschränkt und baumelte vergnügt mit den Beinen.
    »Fünf nach sechs«, sagte Lise.

    Bulle antwortete nicht.
    Um zehn nach sechs hörten sie Doktor Proktor auf der Bank schnaufen. Und sahen, wie er zwinkerte. Und jäh aufsprang: »Himmel, hilf! Habe ich verschlafen?«
    »Eigentlich nicht«, sagte Lise. »Es kommt niemand.«
    »Noch«, sagte Bulle. »Es kommt noch niemand. Wartet nur ab.«
    Um Viertel nach sechs seufzte Doktor Proktor fast unhörbar.
    Um zehn vor halb sieben kratzte Bulle sich im Nacken und murmelte etwas über die Jugend von heute, die einfach nicht pünktlich sein könne.
    Um fünf vor halb sieben ließ Lise die Stirn auf den Tisch sinken. »Hab ich’s doch gewusst«, jammerte sie.
    Um halb sieben beschlossen sie einzupacken.
    »Tja, ja.« Doktor Proktor lächelte betrübt, als

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