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Doktor Proktors Pupspulver

Doktor Proktors Pupspulver

Titel: Doktor Proktors Pupspulver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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der Deckel auf der letzten Schachtel lag. »Wir können es ja an einem anderen Tag wieder versuchen.«
    »Es wird nie jemand kommen«, sagte Lise mit tränenerstickter Stimme. Gleich würde sie losweinen.
    »Also ich versteh das einfach nicht«, sagte Bulle kopfschüttelnd.
    »Kopf hoch«, sagte Proktor. »Ich erfinde seit Jahren lauter Sachen, die niemand haben will. Das ist nicht der Weltuntergang. Man darf nur nicht aufgeben. Gleich morgen erfinde ich etwas, das noch fantastischer ist als Doktor Proktors Pupspulver.«
    »Aber es gibt nichts, das noch fantastischer ist als Doktor Proktors Pupspulver«, wandte Bulle ein.
    »Ich gehe ins Bett«, flüsterte Lise und ging zum Gartentor, mit gebeugtem Kopf, die Arme kraftlos an den Seiten baumelnd.
    »Gute Nacht«, sagten Bulle und Doktor Proktor.
    Sie setzten sich auf die Gartenbank.
    »Ach ja«, sagte der Doktor.
    »Ach ja«, sagte Bulle.
    »Vielleicht sollte ich mich mal wieder um die Zeitmaschine kümmern, mit der ich letztes Jahr angefangen habe«, sagte Proktor und blickte zu den Schwalben hinauf.
    »Was glauben Sie, wäre es schwierig, eine Maschine zu erfinden, die aus Luft Karamellpudding macht?«, fragte Bulle und blickte hinauf zu den Schwalben.
    Da hörten sie Lises Stimme:
    »Hallo . . .«, sagte sie.
    »Ja?«, sagten der Doktor und Bulle gleichzeitig.
    »Da ist jemand«, sagte Lise.
    »Wer denn?«
    »Ich glaube, das müsst ihr euch selbst ansehen.«
    Bulle und der Doktor standen auf und gingen zum Gartentor.
    »Großer Gott«, sagte Doktor Proktor völlig entgeistert. »Oder was sagst du dazu, Bulle?«
    Aber Bulle sagte nichts, etwas, das in Bulles Leben äußerst selten vorkam. Er war sprachlos. Er bekam kein Wort heraus. Denn draußen vorm Gartentor stand eine Schlange von Kindern, so weit das Auge reichte. Jedenfalls so weit die Kanonenstraße reichte.
    »Eh Mann, was seid’n ihr so spät?«, fragte der Junge mit einer Tottenham-Kappe, der ganz vorn stand. »Wir stehen hier schon seit über einer halben Stunde.«
    Endlich fand Bulle wieder Worte.
    »Aber... aber warum seid ihr nicht reingekommen?«
    »Na, das steht doch hier auf dem Plakat«, sagte der Junge mit der Tottenham-Kappe. »Hier steht, Doktor Proktors Pupspulver wird hier verkauft, HIER und SONST NIRGENDS.«
    »Ja?«, fragte Bulle verwirrt.
    »Und HIER ist HIER, oder?«, sagte der Junge. »Und nicht DA.« Die anderen in der Schlange hinter ihm nickten.
    Da nahm Lise einen dicken Filzstift aus der Tasche, ging zum Plakat hin, strich das HIER durch und schrieb daneben mit großen Buchstaben DA.
    »Dann geht’s jetzt los!«, rief sie so laut, dass es fast bis zum Ende der Schlange zu hören war. »Nicht drängeln, lasst die Kleinsten vor und haltet das Geld bereit!«
    Als Bulle um sieben Uhr das Gartentor schloss, war noch ein längeres Stück von der Schlange übrig, aber nichts mehr von dem Pulver.
    »Ausverkauft!«, rief Lise und teilte mit, dass alle, die heute kein Pulver bekommen hatten, morgen wiederkommen könnten, bis dahin würde Doktor Proktor neues Pulver herstellen. Zwar waren manche ein wenig enttäuscht, aber sie fingen bald an, sich auf morgen zu freuen, denn in der ganzen Kanonenstraße konnte man bereits krachende Pupser hören und dazu das Lachen derer, die Pulver gekauft hatten.
    »Puh«, sagte Lise, als alle gegangen waren, und ließ
    sich auf einen Gartenstuhl plumpsen. »Puh«, sagte Bulle. »Wisst ihr, was?«, schepperte Doktor Proktor. »Das müssen wir feiern. Was haltet ihr von ein wenig...« »Karamellpudding!«, rief Lise entzückt. »Anderthalb Meter!«, rief Bulle und hüpfte auf seinem Stuhl auf und ab.
    Der Doktor verschwand, kam aber bald zurück und brachte den längsten Karamellpudding, den Bulle und Lise jemals gesehen hatten.

    »Ich hatte den schon mal gemacht, für alle Fälle...« Doktor Proktor lächelte verschmitzt.
    Und während die Schwalben wunderliche Buchstaben an den Himmel überm Birnbaum schrieben, senkte sich Stille über Doktor Proktors Garten. Nichts war mehr zu hören außer drei schmatzenden Mündern, die einem Karamellpudding von einem Meter und dreiundvierzig Zentimetern Länge zu Leibe rückten.

12 . Kapite l
Truls und Trym heben ab
    ls Lise am nächsten Morgen aus dem Gartentor trat, stand Bulle schon da, die Schultasche auf dem Rücken.
    »Na, auf der Suche nach jemandem, der denselben Weg hat?«, fragte Lise.
    »Jepp«, antwortete Bulle.
    Und sie gingen los.
    »Papa und Mama haben gefragt, was denn gestern in Doktor Proktors Garten

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