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Doktor Proktors Pupspulver

Doktor Proktors Pupspulver

Titel: Doktor Proktors Pupspulver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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ihr hinübergehen, da traten ihm plötzlich zwei große Jungs mit tonnenförmigen Köpfen und kurz geschnittenem Haar in den Weg. Bulle schwante bereits, was er zu erwarten hatte. Es war ja nicht das erste Mal, dass er auf eine neue Schule ging.
    »Hallo, Kleiner«, sagte der eine.
    »Hallo, oh ihr Riesen, die ihr schweren Schrittes über die Erde wandelt und anderen die Sonne nehmt«, sagte Bulle, ohne hinzuschauen.
    »Häh?«, meinte der Junge.
    »Nichts, ihr Bluthunde«, sagte Bulle.
    »Du bist neu«, sagte der andere Junge.
    »Na und?«, fragte Bulle leise, obwohl er die Antwort auf seine Frage mehr oder weniger kannte.
    »Neu bedeutet, du musst jetzt getauft werden«, sagte der andere Junge.
    »Warum denn?«, fragte Bulle noch leiser. Auch auf diese Frage kannte er die Antwort.
    Der Junge zuckte mit den Schultern. »Weil... weil . . .«, stotterte er und dann fiel ihm ein, warum. Und sie sagten alle drei gemeinsam – also die beiden Jungen und Bulle – wie aus einem Munde im Chor: »WEIL ES EINFACH SO IST.«
    Die beiden Jungs sahen sich um, wahrscheinlich, um zu schauen, ob irgendwelche Lehrer in Sichtweite waren. Dann packte der größere der beiden Bulle am Kragen und hob ihn hoch. Der andere packte Bulles Beine und dann schleppten sie ihn zu dem Trinkbrunnen, der mitten auf dem Schulhof stand. Bulle hing wie ein schlapper Mehlsack zwischen ihnen und betrachtete eine kleine weiße Wolke dort oben an dem wunderbar blauen Himmel, die aussah wie ein Nashorn, das sich überfressen hat. Er hörte, wie die Spiele ringsum verstummten und die Kinder sich leise und erwartungsvoll murmelnd ihrem Zug anschlossen. Sie drängten sich, um die Trinklöcher am Brunnen mit dem Finger zuzuhalten, sodass nur ein einziger kräftiger Wasserstrahl übrig blieb, der jetzt zwei Meter senkrecht in die Luft stand. Bulle spürte, wie er hochgehoben wurde, dann traf ihn der eiskalte Strahl. Ein paar Stimmen begannen zu jubeln.
    »Wir taufen dich . . .«, sagte derjenige, der Bulle an den Beinen hielt.
    »Auf den Namen René Pygmä«, sagte der andere.
    »Genial, Truls!«, rief der erste. »Pygmä wie Pygmäe!«
    »Ja genau, ein frisch gewaschener Pygmäe.«
    Und sie lachten, dass Bulle nur so schaukelte. Dann hielten sie ihn direkt über den Wasserstrahl, der ihn voll ins Gesicht traf, in die Nase und den Mund. Er bekam keine Luft mehr und fürchtete kurz, jetzt werde er jeden Moment ertrinken, doch da hob ihn der eine Junge hoch, vom Strahl weg. Er schaute sich um, sah all die Kinder an, die den Brunnen umringten, und auch Lise, die nach wie vor allein am anderen Ende des Schulhofs stand.

    »Mehr! Mehr!«, riefen die Kinder. Bulle seufzte und holte tief Luft. Dann wurde er wieder in den Wasserstrahl gesenkt.
    Bulle leistete keine Gegenwehr und sagte auch kein Wort. Er kniff nur einfach Augen und Mund zusammen. Er versuchte, sich vorzustellen, er säße vorn in Großvaters Motorboot und hielte den Kopf über die Reling, sodass ihm die Gischt vom Bug ins Gesicht spritzte. Herrlich.
    Als die beiden Jungs mit ihm fertig waren, stellten sie ihn wieder auf dem Boden ab und verkrümelten sich. Bulles nasses rotes Haar klebte am Schädel, in seinen Schuhen quatschte das Wasser. Die anderen Kinder sprangen lachend um ihn herum und sahen zu, wie Bulle sich das T-Shirt unter den Hosenträgern hervorzerrte.
    »Einen schlappen Trinkbrunnen habt ihr hier«, sagte er laut.
    Es wurde ganz still. Bulle wischte sich das Gesicht trocken. »Auf dem Kurfürstendamm in Berlin haben sie einen Trinkbrunnen, der spritzt zehn Meter senkrecht in die Luft«, sagte er. »Ein Kumpel von mir hat mal versucht, an dem zu trinken. Der Strahl hat ihm den Unterkiefer ausgerenkt und mein Kumpel hat seine eigene Zahnspange verschluckt. Wir haben sogar gesehen, wie es einem Italiener, der ein Schlückchen trinken wollte, die Perücke vom Kopf gefegt hat.«
    Bulle machte eine Kunstpause und wrang das nasse T-Shirt aus. »Ja, jemand behauptete sogar, das sei gar keine Perücke gewesen, sondern das eigene Haupthaar des Italieners, das einfach abgerissen wurde. Ich selbst habe mich dann lieber direkt auf den Strahl gesetzt.« Bulle legte den Kopf schräg, damit ihm das Wasser aus dem Ohr lief.

    »Und was ist passiert?«, fragte irgendwann eines der Kinder.
    »Na ja«, sagte Bulle, hielt sich erst das eine, dann das andere Nasenloch zu und blies kräftig aus.
    »Was sagt er?«, fragten ein paar Kinder, die weiter hinten standen. »Pssst!«, machten die vorne.
    »Von da oben

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