Doktor Proktors Pupspulver
Abschmecken bis auf Weiteres mir überlassen«, sagte Bulle und rückte seine Hosenträger zurecht. Er nahm einen Löffel und steckte ihn in die Tonne.
»Vorsicht«, sagte der Professor. »Nimm erst mal nur einen viertel Löffel.«
»In Ordnung«, sagte Bulle und steckte sich einen viertel Löffel voll Pulver in den Mund.
»Der Countdown läuft!«, sagte der Professor und schaute auf die Uhr. »Sieben–sechs–fünf–vier–drei... Lise, bleib bloß nicht direkt hinter ihm stehen!«
In dem Moment krachte es. Lise spürte nur, dass sie von einem heftigen Luftdruck getroffen wurde, dann verlor sie das Gleichgewicht und plumpste mit dem Po auf den kalten Kellerboden.
»Ui«, sagte Bulle. »Alles in Ordnung, Lise?«
»Jaja«, sagte sie ein bisschen verwirrt. Der Professor half ihr wieder auf die Beine. »Das nenne ich wirklich mal Karacho!«
Bulle lachte laut. »Gute Arbeit, Doktor!«
»Danke, danke«, sagte der Professor. »Jetzt bin ich an der Reihe...«
Er nahm einen halben Teelöffel voll Pulver und zählte von sieben abwärts. Bei null krachte es wieder los, aber diesmal hatte Lise aufgepasst und sich neben die Tür gestellt.
»Ui«, sagte der Professor und nahm die Topfpflanze vom Fensterbrett, die auf einmal keine Blüten mehr hatte. »Den nächsten Test machen wir wohl besser draußen im Freien.«
Sie schütteten etwas Pulver in eine Keksdose und nahmen sie mit hinaus.
»Geben Sie mir den Teelöffel«, sagte Bulle.
»Ja, aber gib acht mit der Dosierung . . .«, wollte der Professor sagen, doch da hatte Bulle schon einen gehäuften Teelöffel voll verschluckt.
»Es kitzelt im Bauch«, sagte Bulle, der so gespannt war, dass er auf der Stelle hüpfte.
»Sieben–sechs–fünf–«, zählte der Professor.
Bei dem Krach, der nun folgte, flogen sämtliche Vögel aus dem Birnbaum des Professors erschrocken auf und davon. Und diesmal warf es nicht Lise über den Haufen, sondern Bulle selbst schoss vorwärts und verschwand im hohen Gras.
»Wo bist du?«, rief Doktor Proktor und suchte nach ihm. »Alles in Ordnung?«
Sie hörten ein glucksendes Geräusch, dann sprang Bulle auf und hatte vor lauter Lachen ein knallrotes Gesicht. »Mehr!«, rief er. »Mehr!«
»Schauen Sie mal, Professor!« Lise deutete auf Bulle. »Sein Hosenboden ist gerissen!«
Tatsächlich. Der Professor besah sich das Malheur und beschloss, für heute die Testreihe zu beenden. Er bat sie, die Gartenmöbel zu suchen, die irgendwo im Gras standen, und verschwand im Haus. Als er wieder herauskam, brachte er ein Tablett mit Brot, Butter, Leberpastete und Saft mit.
Lise hatte die Gartenmöbel gefunden und jetzt saßen sie auf den wackligen, weiß gestrichenen Stühlen, ließen es sich schmecken und überlegten, wozu sich diese Erfindung denn nun brauchen ließe. Der Professor äußerte die Idee, man könne das Pulver den Bauern verkaufen.
»Die nehmen dann einen halben Teelöffel Pupspulver ein, halten sich die Tüte mit dem Saatgut direkt vor... äh, die Austrittsstelle und der Luftdruck verteilt die Körner über den ganzen Acker. Das würde doch viel Zeit sparen. Was meint ihr?«
»Super«, sagte Bulle.
»Um ganz ehrlich zu sein«, meinte Lise, »ich glaube nicht, dass die Leute viel Lust haben, etwas zu essen, das aus gepupsten Körnern gewachsen ist.«
»Hm.« Der Professor kratzte sich den struppigen Schopf. »Da hast du vermutlich recht.«
»Wie wäre es mit der schnellsten Fahrradpumpe der Welt?«, rief Bulle. »Man nimmt einfach einen Schlauch, befestigt das eine Ende am Po, das andere am Ventil und dann... kabumm! Aufgeblasene Reifen, im Bruchteil einer Sekunde!«
»Interessant«, sagte der Professor und strich sich über den Geißbart. »Ich fürchte nur, das Kabumm! ist das Problem. Der Reifen explodiert gleich mit.«
»Und wenn man das Pupspulver zum Haaretrocknen verwenden würde?«, schlug Lise vor.
Bulle und der Professor sahen Lise an und sie erklärte, man könnte doch in der Familie das Los ziehen, alle miteinander vom Kleinsten bis zur Großmutter, wer Pupspulver nehmen soll, wenn morgens alle fertig geduscht haben. Und dann stellen sich alle einfach hinter demjenigen auf.
»Gute Idee«, sagte der Professor. »Aber wer trocknet dem, der pupst, die Haare?«
»Und stell dir vor, Großmutter wird über den Haufen geworfen und bricht sich ein Bein«, wand Bulle ein.
Sie erwogen weiter einen Vorschlag nach dem anderen, aber jeder Einzelne hatte irgendeinen schwerwiegenden Nachteil. Schließlich saßen sie
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