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Doktor Proktors Zeitbadewanne

Doktor Proktors Zeitbadewanne

Titel: Doktor Proktors Zeitbadewanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Seifenrest auch noch nach Erdbeeren schmeckte, wusste ich, das kann nur eins bedeuten: dass Proktor seine Zeitbadewanne einsatzbereit gemacht hatte. Und du bist auch nicht gerade geschickt darin dichtzuhalten, du Leichtmatrose. Als du sagtest, die Fahrt geht nach Paris, begriff ich, dass ihr mich geradewegs zu ihm führen würdet.«
    »Sie sind uns gefolgt.«
    »Genau. Ich stand vor der Pension Pommes Frites Wache, und als ich sah, wie die Kleine da und die grässliche Frau zurückkamen...«
    »Juliette Margarin grässlich?«
    »Sprich bloß diesen Namen nicht aus!«, zischte die Raspa. »Sie gingen ins Zimmer hinauf und ich dachte, dass ihr alle viere dort sein musstet. Also klopfte ich...«
    »Wir dachten, das sind die Nilpferde«, sagte Bulle. Das Wasser stieg ein wenig, doch um eine ganze Badewanne zu füllen, braucht selbst ein Sturzregen seine Zeit.
    »Ich versuchte, die Tür einzutreten, musste aber aufgeben. Also ging ich hinunter und bat den Handlanger an der Rezeption höflich um den Zimmerschlüssel.«
    »Und den hat er Ihnen einfach gegeben?« Bulle mochte es nicht glauben.
    »Ich bat ihn sehr höflich«, sagte die Raspa. »Außerdem zeigte ich ihm die Pistole.«
    »Aha«, sagte Bulle. »Überzeugend.«
    »Doch als ich hineinkam, war weder Proktor noch sonst wer da«, seufzte die Raspa. »Ich durchsuchte das Zimmer. Keine lebende Seele. Nur eine dusslige Spinne mit sieben Beinen. Sieben Beine! Wenn ich nicht wüsste, dass es keine Siebenbeinigen Peruanischen Saugespinnen gibt, ich hätte sie glatt für eine gehalten.«
    Bulle gab keinen Mucks von sich.
    »Dann wurde mir klar, dass ihr mit der Zeitbadewanne geflohen wart, und ich las die Spuren aus der Seife...«
    »Das können Sie wirklich?«
    »Natürlich«, schnaubte die Raspa verärgert. Der Regen ließ ihre Schminke zu schwarzen Bächen zerfließen. »Schließlich habe ich die Zeitseife erfunden, ich weiß ALLES über sie. Das Problem war nur, es gab mehrere Spuren, ihr wart an verschiedene Orte gereist. Also musste ich mich für eine davon entscheiden. Und die führte hierher. Ich ging in das Café dort drüben und sah dich im Fernsehen. Wie hilfsbereit, so genau zu erklären, wo du warst. Und jetzt bist du schön weiter hilfsbereit und bringst mich dahin, wo Doktor Proktor hingereist ist. Jetzt sofort und versuch ja nicht, mich zu täuschen. Ich folge deiner Spur, vergiss das nicht.«
    »Aber ich . . .«, setzte Bulle an, steckte den Zeigefinger ins Ohr und drehte ihn herum.
    »Jetzt!« Die Raspa erhob die Pistole. Wasser tropfte aus dem Lauf. »Finger aus dem Ohr!«
    Es donnerte erneut, diesmal so, dass der Boden unter ihnen wankte.
    »J-j-ja gut«, schauderte Bulle und zog den Finger mit einem leisen »Plopp!« aus dem Ohr.
    Aber nicht die Pistole ließ ihn schaudern. Auch das kalte Wasser nicht. Ebenso wenig der wahnwitzige Plan, der bei dem »Plopp« in seinem Geist Gestalt angenommen hatte. Es schauderte Bulle, weil er in dieser Sekunde entdeckte, dass der Donner nicht vom Himmel kam. Sondern von etwas, das im Rücken der Raspa schwer auf sie zugaloppiert kam. Ein mächtiger, fetter und maßlos wütender Stier.
    »Ich bin dann mal weg«, sagte Bulle und tauchte unter.
    Er hielt die Luft an und konzentrierte sich. Konzentrierte sich darauf, was Eddy gesagt hatte. Denn darauf lief sein frisch ersonnener Plan hinaus. Ob es ein besonders guter Plan war, das hätte er nicht zu sagen vermocht, aber er dachte also an einen Ort in der Nähe einer Fahrradwerkstatt in Belgien. Der Ort hieß Waterloo. Das Datum war der 18. Juli 1815. In Napoleon Bonapartes Schlafzimmer, dachte Bulle.
    Als er wieder aufstand, dachte er erst, er hätte es nicht geschafft, denn es donnerte weiterhin. Doch dann stellte er fest, dass es fast ganz dunkel war und er sich in einem Zelt befand. Der Donner, so wurde ihm klar, war weder ein Gewitter noch ein Stier. Es war ein leises, bullerndes Schnarchen, es war Nacht und Bulle war in der Schlacht von Waterloo gelandet, der berühmtesten Schlacht der Weltgeschichte. Und auch Bulle kannte sich genug mit Geschichte aus, um zu wissen, dass er auf der Verliererseite gelandet war, bei denen, die in Klump und Asche gehauen, in Fetzen geschossen und in die Flucht geschlagen würden.
    Kurz gesagt, Bulle war kein bisschen mehr unsicher, ob es ein guter Plan war. Sondern bombensicher, dass es absolut kein guter war.

13 . Kapite l
Bulle Bonaparte
    ulle blinzelte ins Dunkle. Er war nass, er hatte Angst und er hatte noch kein Frühstück

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