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Doktor Proktors Zeitbadewanne

Doktor Proktors Zeitbadewanne

Titel: Doktor Proktors Zeitbadewanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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er habe eine geniale Idee.«
    »Was denn für eine?«, rief Lise.
    »Runter!«
    Die breite Limousine stieß auf der Brücke zurück, fuhr dann wieder auf die Straße und wendete direkt vor ihnen. Lise schaute vorsichtig über den Rand des Grabens und konnte kurz ein blasses Gesicht hinter den dunklen Scheiben sehen. Juliette. Dann gab der Fahrer Gas und der Wagen verschwand in einer Staubwolke.
    »Was für eine Idee?«, wiederholte Lise hustend.
    »Der Professor wollte zu dem Ingenieur reisen, der diese Brücke hier entworfen hat. Bevor er sie entwarf. Damit er den Entwurf verändert.«
    »Den Entwurf verändern? Warum?«
    »Weil die Nilpferd-Limousine genauso breit ist wie die amerikanischen Panzer, die nach dem Zweiten Weltkrieg über die Brücke kamen, um Frankreich von Hitler zu be- freien. Du hast ja selbst gesehen, der Wagen hat nur ganz knapp draufgepasst.«
    »Stimmt«, sagte Lise.
    »Also, der Professor sagte, wenn er den Ingenieur dazu bringen könnte, die Brücke im Jahre 1888 einfach ein kleines bisschen schmaler zu entwerfen, dann würde die Limousine nicht draufpassen und könnte ihn und Juliette nicht weiter verfolgen. Sodass sie beide ungestört nach Rom weiterfahren und dort heiraten könnten. Und so lebten sie glücklich und zufrieden...«
    »Fantastisch!«, rief Lise. »Genial! Aber... woher wusste er, wer der Ingenieur war und wann er die Brücke entworfen hat?«
    »Einfach! Das steht auf dem Schild da.« Anna zeigte darauf und die beiden Mädchen stiegen aus dem Graben und stellten sich vor den Pfosten, um den der Schal sich gewickelt hatte.
    »Entworfen 1888 von Gustave Eiffel«, las Lise. »Fertiggestellt 1894. Momentchen! Eiffel! Hat der nicht auch...«
    »Genau«, sagte Anne. »Der hat auch den Eiffelturm entworfen. Der Professor beschloss, ins Jahr 1888 zu reisen, zu Gustave Eiffel. Er verabschiedete sich, tauchte unter und – wutsch! – war er weg. Ich habe sogar in der Badewanne nach ihm gesucht. Und da wurde mir klar, dass er doch nicht restlos verrückt sein konnte. Statt nach Hause zu radeln, bin ich also hierhergekommen, um nachzuschauen, ob all das, was der Professor erzählt hatte, auch eintreten würde. Was es ja auch tat.«
    Anna wirkte auf einmal wieder bekümmert. »Die Ärmste, wenn man sich vorstellt, dass sie jetzt diesen Claude Cliché heiraten muss.«
    Auf einmal schlug sie sich mit der Faust in die Handfläche. »Dass diese feigen Richter in Paris sich einfach nicht trauen, diesen Banditen hinter Schloss und Riegel zu bringen! Es macht mich rasend, dass alle nach seiner Pfeife tanzen!«
    »Leider, gegen solche Mistfinken wie Cliché können wir nichts tun«, sagte Lise. »Aber jetzt muss ich Proktor finden, ich habe die Zeitseife, die er braucht.« Lise klopfte sich auf die Jackentasche.
    Anna eilte Lise nach, sie sprangen über den Graben auf der anderen Straßenseite und liefen durchs hohe Gras zur Zeitbadewanne. Als sie dort anlangten, sah Lise zu ihrer Freude, dass die Seife noch schäumte.
    »Danke für deine Hilfe, Anna«, sagte Lise und sprang hinein. »Du wirst schon sehen, du hast doch dazu beigetragen, den Professor zu retten.«
    »Ich hoffe«, sagte Anna. »Aber sonst hoffe ich, dass du nicht recht hast.«
    »Womit?«
    »Dass wir nichts gegen solche Leute wie Claude Cliché ausrichten können.«
    »Versuch’s«, sagte Lise. »Viel Glück, Anna Scholih!«
    »Dir auch viel Glück, Lise Pedersen. Grüß mir den Professor, wenn du ihn siehst.«
    »Versprochen.« Lise wollte sich die Nase zuhalten, entdeckte aber, dass sie immer noch die blaue Nasenklemme aufhatte.
    »Übrigens hat der Professor noch etwas gesagt«, sagte Anna. »Ich solle mich hüten, wenn seine alte Hilfskraft auftaucht. Die könne die Spuren in der Zeitseife lesen und die Zeitreisenden verfolgen.«
    »Ja, ich hab schon gehört, dass das ein zwielichtiger Kerl ist«, sagte Lise. »Tschüss!«
    »Aber . . .«, wollte Anna sagen.
    Doch zu spät, Lise war schon im Zeitseifenschaum verschwunden.
    ». . . die Hilfskraft ist kein Kerl«, murmelte Anna. »Sondern eine Frau. Eine sehr eigentümliche Frau...«
    Unterdessen lag Lise unter Wasser und konzentrierte sich auf Gustav Eiffels Büro und ein Datum im Jahre 1888. Aber welches Datum? Sie wählte das erste, das ihr einfiel. Den 17. Mai. Einen Tag wie jeden anderen. Oder?
    In seinem Bett in der Turmsuite des Hotels Mong Blang lag Bulle und schaute direkt in die Mündung einer altertümlichen Pistole. Und er dachte, wie viel lieber er doch auf einen

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