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Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)

Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)

Titel: Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fulvio Ervas
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Frühling und im Herbst gibt es dort mehr Sonne als Kriminalität. Dann ist irgendetwas schiefgelaufen, und zwei Jahre lang war ich nur noch mit dem Zug unterwegs, jeden Tag, hin und zurück, vom Bahnhof Santa Lucia nach Treviso und von Treviso zurück nach Santa Lucia. Vor drei Jahren habe ich dann hier eine Bleibe gefunden, im Vicolo Dotti, falls dich das interessiert …«
    Die Kellnerin kam mit einer bis zum Rand mit Radicchio gefüllten Schüssel an und sagte: »Hier ist die oca in onto , Signor Inspektor.«
    »Ist sie gewürzt?«
    »Mit Nussöl, wie üblich.«
    »Aber das ist doch Radicchio!«, rief Landrulli untröstlich aus.

    Auf den Stufen der Piazza dei Signori forderte Checo Malaga, der Blinde, den kleinen Ali auf, ihm etwas Warmes zu holen. Der Junge drehte sich um, stieg die Stufen hinauf und hinunter, ging um den Mann herum, der dieses Herumgeturne natürlich wahrnahm und sich darüber beschwerte. Doch sobald sich die Passanten, die den Platz überquerten, der Bettelzone näherten, beruhigte sich das ungleiche Paar wieder. Dann streckte der Junge den Hut aus, und Checo präsentierte sich aufrecht und mit Engelsmiene, als Verkörperung einer mit Gleichmut ertragenen Invalidität, einer äußeren Wunde, der es nicht gelungen war, sein inneres Leben zu stören. Dank der Gerüche, der Geräusche der Schritte und anderer unsichtbarer Wellenbewegungen, wusste Checo immer, wenn es sich bei der guten Seele, die eine Münze in den Hut geworfen hatte, um eine Frau handelte. Manchmal flüsterte er, irgendeiner geheimnisvollen Vorliebe gehorchend, Ali zu, er solle knipsen, und dieser zog blitzschnell eine Kamera aus seinem Mantel, so eine mit Automatik, um die Wohltäterin auf einem Foto festzuhalten.
    Mit ungläubigem Staunen beobachtete Stucky die Szene und trat an die beiden heran.
    »He, Kleiner! Lass mich mal sehen!«, sagte er zu dem Jungen und streckte die Hand nach dem Fotoapparat aus.
    »Nichts, Signore, es ist nichts …«, entgegnete Ali und positionierte sich hinter Checo Malagas Rücken.
    »Ach, Signor Inspektor! Was haben Sie denn vor?«
    »Der Kleine macht Fotos von den Leuten, ohne dass sie es bemerken.«
    »Da haben Sie sich wohl verschaut.«
    »Nein, im Gegenteil. Ich habe es genau gesehen.«
    »Und wenn schon? Ist das ein Verbrechen?«
    »Das darf man nicht.«
    »Lassen Sie es gut sein, Signor Inspektor! Bei all den Dingen, mit denen Sie sich beschäftigen müssen …«
    Der Junge hatte sich hinter dem Rücken des Mannes so geduckt, dass er fast vollkommen verdeckt war, und ließ nur einen Teil des Gesichts sehen. Seine dunklen Augen waren starr auf Stucky gerichtet.
    »So was macht man nicht …«, sagte Stucky.
    Und an den Blinden gewandt, fuhr er fort: »Kennen Sie eines der attackierten Mädchen?«
    »Hier kenne ich alle Leute.«
    »Was sagt man über sie?«
    »Wollen Sie wissen, ob sich jemand hierhergesetzt hat, neben mich, und gelegentlich seltsame Reden über Verkäuferinnen geschwungen hat?«
    »So ungefähr.«
    »Viele Leute machen sich Gedanken über diese Verkäuferinnen …«
    »Auch mal jemand mit Sprinterqualitäten?«
    »Da fällt mir niemand ein.«
    »Denken Sie bitte darüber nach.«

    Stucky hatte Landrulli einen Auftrag erteilt. Er sollte sich im Umfeld der Geschäfte nach etwas umsehen, was Klema angelockt haben könnte; auf diese Weise konnte er nebenbei die Stadt kennenlernen. Falls man sie überhaupt kennen konnte. Das bedeutete: Stucky schüttelte ihn ab; denn Annäherungen waren nur in homöopathischen Dosen genießbar. Lucio Martini war ein guter Kollege gewesen, ein tüchtiger Mensch im wahrsten Sinne des Wortes. Martini war zu früh gestorben. Ein Hammer, so plötzlich an seiner Beerdigung teilzunehmen. Gerade hatte er ein Baudarlehen aufgenommen! Vielleicht hatte ausgerechnet damit das Verhängnis seinen Anfang genommen? War nicht auszuschließen? In dieser Hinsicht müsste die Statistik gründlichere Arbeit leisten.
    Polizisten sterben keinen besseren Tod als Verbrecher, so lautete die bittere Schlussfolgerung. Man kann keinen jenseitigen Bonus erwerben und auch keinen diesseitigen. »Die Gesetze schützen dich nicht vor dem Leben; es ist selbst für den Gesetzgeber zu kompliziert.« Natürlich Originalton Martini. Eine Woche vor seinem Zusammenbruch.
    Stucky schüttelte den Kopf. Sein Blick wanderte noch einmal in die Schaufenster, die ihm überladen schienen. Das ganze historische Zentrum war so vollgestopft mit Waren, dass die Pullover und die Fleischpastetchen,

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