Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)
Korridoren des Polizeipräsidiums.
Ein Agente hatte ihm ein Paar tropfnasse schwarze Strümpfe gebracht, die um eine Wasserzapfsäule geknotet waren, und Stucky hatte sich, nachdem er die Leute von der Spurensicherung in die Zweitwohnung der Schepis geschickt hatte, ungnädig gestimmt, in seinem Büro wie in einer mittelalterlichen Klause verkrochen.
»Er kommt nicht heraus!«, hatte Landrulli, der mit seinem Latein am Ende war, zu den Kollegen gesagt, denen er bei seinem Hin und Her begegnete, und versucht, sich dieses Verhalten von den älteren Polizisten erklären zu lassen, die den Inspektor besser kannten.
»Er lädt sich mit der Energie irgendeines Amuletts auf«, meinten sie.
»Der denkt nicht nach, der hat einfach Dusel!«
»Ist das wegen des Falls Barbisan?«, fragte Landrulli, ein wenig verängstigt.
»Ein innerhalb von zwei Tagen aufgeklärter Mord! Schlichtweg Dusel!«
Dann erzählten sie ihm von zwei anderen Fällen, Raubüberfällen, die in null Komma nichts gelöst waren: Dusel!
Vom Glück verfolgt zu sein, wie schön! dachte Landrulli und beschloss, an die Tür des Inspektors zu klopfen.
»Wie wär’s mit einem Espresso?«
»Nein«, antwortete Stucky durch die Tür.
»Was soll ich machen, Signor Inspektor?«
»Dich abregen!«
»Ich werde mich bemühen.«
Landrulli begab sich zum Maler Serena, um in den Genuss einer weiteren Lektion über die Besonderheiten des Lebens in Treviso zu kommen. Er traf ihn wie üblich in der Osteria Da Secondo an, an einem großen Holztisch, umringt von einer kleinen Traube Ruheständler, die sich dort die Zeit vertrieben.
»Da ist ja unser bon teron !«
» Buongiorno , Signor Serena …«
»Sag mir noch mal, was eine bisata ist …«, forderte der betagte Maler ihn auf und stieß gleich mal seinem Nachbarn in die Rippen.
»Die bisata ist …«
» Vedemo , los …«
»Ich weiß es nicht mehr, Signor Serena.«
»Das ist der Flussaal! Du gibst dir einfach keine Mühe, teron mio . Und wie wird die bisata zubereitet?«
»Daran erinnere ich mich noch: in Stücke geschnitten und geröstet. Oder gebraten oder geschmort.«
»Bravo, du lernst es noch, allerdings nur Schritt für Schritt. Aber immerhin. Also spendier mir jetzt den üblichen tranquillo !«
Als Landrulli wieder im Polizeipräsidium war, berichtete man ihm, dass der Inspektor sich in einer Unterredung mit den Verkäuferinnen befinde. Er schlüpfte ins Büro. Dort sah es aus, als wäre eine Verschwörung im Gange. Stucky machte sich im Stehen Notizen, während die Mädchen darin wetteiferten, ihm immer weitere Details zu liefern.
»Setz dich, Landrulli. Wo warst du?«
Ohne eine Antwort abzuwarten, wandte er sich wieder mit gespitzten Ohren den Verkäuferinnen zu.
»Signor Springolo mag junge Frauen«, sagte eine, »aber nur die von hier, für Exotinnen kann er sich gar nicht erwärmen, in dieser Richtung war nichts zu machen, und die Schepis war reserviert, so eine, die nicht leicht Anschluss findet. Sicher, sie hatte ein paar Freundinnen, auch hier im Zentrum, und ihre Freundinnen haben nur Gutes über sie gesagt, vor allem über ihre Intelligenz, die fiel jedem auf …«
»Und Freunde?«
»Wenige, wie es scheint. In Gesellschaft von Männern zeigte sie sich selten, doch einige Freundschaften mit Männern gab es schon, unter anderem einen Schmuckwarenvertreter, der sie angeschmachtet hat, einen sympathischen Barista, den Blinden, der auf der Piazza dei Signori bettelt …«
»Checo Malaga?«
»Genau der.«
»Und welche Art von Freundschaft war das?«
»Sie haben sich immer begrüßt, standen miteinander auf vertrautem Fuß. Die Schepis war sehr freundlich zu ihm, hat ihm auch das eine oder andere Geschenk gebracht …«
»Woher wisst ihr das?«
»Eine Kollegin hat sie durch das Schaufenster ihres Geschäfts beobachtet.«
»Kurzum, dieses schöne und intelligente Mädchen, das so eindeutig aus dem Rahmen fiel, unterhielt eine besondere Beziehung zu einem Blinden …« Irgendwie musste Stucky sie provozieren. Die entsprechenden Reaktionen blieben nicht aus.
Ja, schön war sie tatsächlich, aber die Stadt quillt über vor schönen Mädchen, und sie kam von außerhalb, war aus Triest, aber auch keine wirkliche Triestinerin. Ja, eine gewisse Extravaganz ist üblich, du kommst von außerhalb und behauptest von dir, du seiest anders, und musst es beweisen, kurzum, auch der äußere Schein mag eine Rolle gespielt haben, wer weiß schon, wie sie wirklich war, ohne einen festen Freund, von
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