Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)
kam.«
»Wie bitte, Signor Inspektor? Die Amerikaner haben auch Treviso bombardiert?«
»Nur im Vorbeiflug, Landrulli, nur im Vorbeiflug.«
Die Detektei Condor befasste sich mit fremdgehenden Ehepartnern, mit Joints und Ecstasy konsumierenden minderjährigen Söhnen und Töchtern sowie mit unlauterem Wettbewerb und Verrat zwischen Geschäftspartnern.
Diese Geschäftsfelder brachten dem Detektivbüro unterschiedlich hohe Gewinne ein: Jahrelang war es die eheliche Untreue, die das meiste Geld in die Kasse spülte, dann waren es die ausgeflippten Kinder, und nun waren es die Geschäftspartner, denen am häufigsten nachspioniert wurde.
Die Krise der Paarbeziehung hatte dafür gesorgt, dass die Untreue zwar ein häufig auftretendes Phänomen war, aber toleriert wurde; die Krise der Familie machte den pubertären Trip unvermeidlich, jedenfalls taugte sie zur Begründung. Aber die fortschreitende wirtschaftliche Entwicklung hatte eine starke Loyalität von Unternehmern und Firmen erforderlich gemacht. Und jetzt, da hier ebenfalls die Krise angekommen war und viele das sinkende Schiff verlassen, vielleicht sogar mit den Betriebsgeheimnissen im Gepäck in andere Länder auswandern wollten, musste man wachsam sein.
Kuto Tarfusser hatte das Tor der Strickwarenfabrik observiert: Dahinter hatte sich, vielleicht in den Büros, der Sohn von Signor Bianchin eingenistet. Der Erbe hatte der Konkurrenz seine Beratung angeboten; zuvor hatte es in der Familie Krach gegeben, und Bianchin junior suchte nun immer häufiger den Betrieb der Montinis, der historischen Feinde der Bianchins, auf.
Bianchin senior wollte einen Nachweis für den Verrat, unanfechtbare Beweise für die Unlauterkeit des Erben, ihn dann aus der Firma werfen und zwingen, das letzte Studienjahr als Vermessungsingenieur zu wiederholen.
Beweise! Tarfusser hatte das Auto in der Nähe einer Bar abgestellt und war an der Umzäunung, einer Art Lorbeerhecke, entlanggeschlichen, in der Hoffnung, einen Hintereingang zu finden. Vergebens. Er hatte sich damit begnügen müssen, so lange vorhandene Lücken zwischen den Pflanzen zu vergrößern, bis er den offenen Platz mit den Büros, den Parkplatz für die Fahrzeuge und den Produktionsbereich erspäht hatte. Dann hatte er mit dem Teleobjektiv den Mercedes des jungen Verräters fotografiert. Beweise! Einen Tritt in den Hintern von Bianchin junior! Dein Vater zieht dich auf, finanziert dir ein Studium, du schmeißt die Ausbildung zum Vermessungsingenieur im fünften Studienjahr, könntest eine Reihe kleiner Häuschen projektieren, stattdessen gehst du zur Konkurrenz und erzählst denen, wie man am besten mit den Webmaschinen, den Wollsorten und dem Vertriebsnetz umgeht.
Den ganzen Hintergrund hatte ihm Comandante Di Nolfo dargelegt und gesagt: »Finde die Beweise und zertrete diesen Wurm! Lass ihn die Krallen der Firma Condor spüren!«
Kuto Tarfusser hatte die Bianchins nie zuvor gesehen, weder den Junior noch den Senior. Jedenfalls nicht leibhaftig. Er hatte Fotos bekommen, Daten zum Personenstand, Adressen, nützliche Telefonnummern und eine Liste mit den Orten, die zu überprüfen waren. Alles, was er machen musste, war, Beweise herbeizuschaffen, wie ebendieses Foto, das er nun mit dem Teleobjektiv aufgenommen hatte. Er selbst hätte es für keinen hieb- und stichfesten Beweis gehalten, denn Bianchin junior hätte sich ja damit herausreden können, dass er nur einen Höflichkeitsbesuch oder aus purer Neugier eine Stippvisite gemacht habe.
Nicht einmal sein Vater hätte ihm verbieten können, sich einmal das Werk der Arbeiterinnen der Montinis anzuschauen. Tarfusser war zum Auto zurückgegangen und wartete in geduckter Haltung darauf, dass der Mercedes aus dem Tor herausfuhr.
Am späten Nachmittag war dann das schwarze Auto vom Gelände der Strickwarenfabrik gebraust, in die Kommunalstraße eingebogen und war, wenige Hunderte Meter weiter, so in die Haarnadelkurve geprescht, als ginge es um die ultimative Mutprobe.
Der überrumpelte Tarfusser hatte das Auto im Verkehr der Staatsstraße verschwinden sehen. Glücklicherweise hatte Bianchin junior seinen Überschwang inmitten einer Fahrzeugkolonne bezähmen müssen, die sich vor einer Baustelle gebildet hatte, in der er nun feststeckte. Tarfusser war ihm dann gut zehn Kilometer gefolgt, hatte gesehen, wie er auf den Parkplatz des Hotels Alle Palme fuhr, eines Zweisternehauses, das ihm Zuflucht und eine bescheidene Übernachtungsgelegenheit bot und das die Ehre hatte,
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