Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)
sie zu beschützen, und diesmal werde ich die Aufgabe erledigen.«
»Diesmal?«
Marcus zuckte die Achseln und sagte nichts mehr. Der Bastard hatte ihn ohnehin schon dazu gebracht, mehr zu sagen, als er beabsichtigt hatte. Marcus musste es zugeben: Qahuar war gut in dem, was er tat.
Der Halbjasuru stand auf, die Lippen geschürzt. Langsam und bedächtig steckte er die Kiste in einen Beutel am Gürtel. »Ich hoffe, ich werde das nicht bedauern«, sagte er.
»Ich nehme an, es wird für Euch keine Rolle spielen, wie es auch läuft«, erwiderte Marcus. »Aber was Euch das auch wert sein mag, ich weiß zu schätzen, dass Ihr es zu Euch nehmt.«
»Ihr wisst, dass es kein Gefallen ist, den ich Euch tue?«
»Ja.«
Qahuar Em streckte eine breite Hand aus. Marcus erhob sich und nahm sie. Es kostete ihn Mühe, nicht ein wenig fester zuzudrücken, nur um zu zeigen, dass er es konnte. Die leuchtend grünen Augen des Mannes wirkten amüsiert. Und vielleicht auch ein wenig trauriger.
»Diese Frau hat Glück«, sagte Qahuar.
Bei Gott, wollen wir es hoffen , dachte Marcus, sagte es aber nicht.
Der Herbst war über Nacht nach Porte Oliva gekommen. Bäume, die üppig im Saft gestanden hatten, ließen Blätter fallen, die in der Mitte noch grün waren. Ihr Rascheln ließ den Wind bei Sonnenuntergang laut werden. Die Bucht hatte die Farbe von Tee angenommen und stank mittags wie ein Komposthaufen. Die Königinnengarde, die bei Dämmerung in den Straßen patrouillierte, trug wollene Übermäntel und grüne Kappen, die die Ohren bedeckten. Marcus ging durch die schmalen Straßen am Hafen, spürte den ersten Biss der nächtlichen Kälte und entschied, dass er diese Stadt vielleicht doch mochte.
Er fand Meister Kit und die anderen in einem von Fackeln erhellten Hof zwischen einer Schenke und einem Gasthaus. Smit und Horniss nahmen die letzten Handgriffe an den Bühnenhalterungen vor, während Meister Kit ihnen Anweisungen zubrüllte, noch nicht einmal kostümiert. Eine junge Frau ging hinter ihnen auf und ab. Sie war blondhaarig, hatte große Augen, die Marcus an einen Säugling denken ließen, und trug ein eng gegürtetes Kleid, das ihre Figur zur Schau stellte. Ihre Hände waren vor ihr verschränkt, und die Finger rangen miteinander wie Kämpfer in einem Handgemenge.
Marcus ging hinüber zu Meister Kit. Anstatt ihn zu begrüßen, nickte er zu der Frau hin. »Eine Neue?«
»Ja«, sagte der Schauspieler. »Ich mache mir Hoffnungen bei ihr.«
»Habt Ihr Euch bei der letzten auch gemacht.«
»Stimmt. Ich habe Erwartungen an sie«, betonte Meister Kit. »Nennt sich Charlit Sun, und ich finde, dass sie wundervoll probt. Heute Abend werden wir sehen, wie sie sich vor Publikum schlägt. Wenn sie bis morgen bleibt, denke ich, dass ich meine volle Truppe gefunden habe.«
»Und sie ist was? Zwölf Jahre alt?«
»Cinnae-Blut vor ein paar Generationen«, sagte Meister Kit. »So geht zumindest die Geschichte. Sie glaubt es, und es mag sogar stimmen.«
»Aber Ihr glaubt es nicht?«
»Ich halte mich mit meinem Urteil zurück.«
Als hätte sie es gehört, warf die neue Schauspielerin einen Blick zu ihnen herüber und schaute dann wieder weg. Sandr sprang aus dem hinteren Teil des Wagens und winkte Marcus zu. Entweder war seine Angst abgeklungen, oder er war ein ordentlicher Schauspieler. Marcus winkte zurück. Mikel, dünn und schmächtig wie eh und je, kam mit einem Eimer voller Sägemehl aus der Schenke, und Cary folgte ihm mit einem Besen.
»Ich habe Gerüchte gehört, dass Ihr Porte Oliva vielleicht verlasst.«
»Das ist eine Möglichkeit«, sagte Meister Kit. »Wir haben hier beinahe eine ganze Saison lang gespielt. Ich glaube, dass Städte sich an Theaterstücken übersättigen können. Zeigt man zu viele, werden die Leute, glaube ich, selbstgefällig. Ich will nicht, dass wir die Magie verlieren. Ich habe darüber nachgedacht, die Truppe hinauf zum Hof der Königin in Sara-sur-mar zu führen.«
»Vor dem Winter oder danach?«
»Ich werde mehr wissen, nachdem Charlit ein paar Nächte lang auf der Bühne gestanden hat«, sagte Meister Kit. »Aber wahrscheinlich davor. Wenn die Schiffe nach Narineiland aufbrechen.«
»Nun, tut, was richtig ist, aber mir wird es leidtun, Euch gehen zu sehen.«
»Ich nehme an, Ihr bleibt in der absehbaren Zukunft hier?«, fragte Meister Kit. Mikel fing an, das Sägemehl auf den Pflastersteinen des Hofes auszustreuen, damit es die Feuchtigkeit aufsaugte, und Cary kehrte hinter ihm her. Es schien
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