Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)
unter Alan Klins Männern begünstigt war, so kam die Antwort, als Lord Ternigan den Stadttoren den Rücken zukehrte. Klins neuer Sekretär, der Sohn eines bedeutenden Timzinae-Händlers, brachte Geder aus seinem Bett im Lazarett in sein neues Heim: drei kleine Räume in einem unbedeutenden Palast, die als Lagerraum genutzt worden waren und in denen es noch immer nach Rattenpisse roch. Immerhin gab es einen kleinen Herd, und der Wind blies nicht durch die Wände, wie es in seinem Zelt der Fall gewesen war.
Jeder Tag hielt einen neuen Befehl von Lord Klin für Geder bereit. Eine Kanalschleuse, die versperrt und außer Betrieb genommen werden musste; ein Marktplatz, auf dem jeder Händler eine anteanische Erlaubnis erwerben musste, um seine Geschäfte fortsetzen zu können; ein Getreuer des abgesetzten Fürsten, der zum Kerker gebracht werden musste, um ein Exempel zu statuieren. Es mochten gewöhnliche Soldaten sein, die die Forderungen aussprachen und ihre Durchführung vollstreckten, aber die Anwesenheit eines Adligen war erforderlich – ein Gesicht, um zu zeigen, dass die Edlen von Antea anwesend waren und sich um die Abläufe in ihrer neuen Stadt kümmerten. Und angesichts der Aufgaben, die man ihm zuwies, ging Geder davon aus, dass er noch vor Ende des Winters der am meisten verabscheute Mann in Vanai sein würde.
Ein beliebtes Bordell musste geschlossen werden? Geder führte die Truppen. Man musste die Witwe und die Kinder eines Getreuen aus ihrer Hütte werfen? Geder. Ein bekanntes Mitglied der örtlichen Händlerriege festnehmen?
»Darf ich mich nach dem Vorwurf erkundigen?«, fragte Magister Imaniel von der Medean-Bank in Vanai.
»Es tut mir leid«, sagte Geder. »Man hat mir befohlen, Euch vor den Lordprotektor zu bringen, ob Ihr wollt oder nicht.«
»Befohlen«, wiederholte der kleine Mann säuerlich. »Und mich in Ketten durch die Straßen zu führen?«
»Das ist Teil meiner Anweisungen. Es tut mir leid.«
Das Haus der Medean-Bank in Vanai war in einer Seitengasse und wenig größer als das Heim einer gut situierten Familie. Dennoch wirkte es irgendwie leer. Es gab nur den kleinen, sonnengegerbten Magister und eine einzelne gut genährte Frau, die in der Tür stand und die Hände rang. Magister Imaniel erhob sich vom Tisch, betrachtete die Soldaten, die hinter Geder standen, und strich dann seine Tunika glatt.
»Ich denke nicht, dass Ihr wisst, wann ich wieder an meine Arbeit zurückkehren kann«, sagte er.
»Das hat man mir nicht mitgeteilt«, erwiderte Geder.
»Das könnt Ihr nicht machen«, warf die Frau ein. »Wir haben Euch in keinster Weise zuwidergehandelt.«
»Cam«, blaffte der Bankier. »Nicht. Es geht nur um Geschäfte, da bin ich mir sicher. Sag jedem, der fragt, dass es ein Missverständnis war und ich mich mit dem hochnoblen Lordprotektor unterhalte, um es aufzuklären.«
Die Frau – Cam – biss sich auf die Lippen und blickte zur Seite.
Magister Imaniel trat schweigend näher, um sich vor Geder hinzustellen und zu verbeugen. »Ich vermute, wir können nicht über die Ketten hinwegsehen?«, fragte er. »Meine Arbeit hängt auf vielfache Weise vom Ruf ab, und …«
»Es tut mir sehr leid«, sagte Geder, »aber Lord Klin hat …«
»Befehle erteilt«, sagte der Bankier. »Ich verstehe. Dann bringen wir es hinter uns.«
Nachdem sich die Nachricht von Geders Erscheinen in diesem Haus offenbar schneller als Vogelflug verbreitet hatte, war eine große Menschenmenge zusammengelaufen. Geder ging inmitten seiner Wachleute, der Gefangene in klirrendem Eisen gleich hinter ihm. Als Geder sich nach ihm umblickte, war sein ledriges Gesicht eine Maske aus Erheiterung und Nachsicht. Geder konnte nicht sagen, ob die Furchtlosigkeit dieses Mannes gespielt oder echt war. Auf der ganzen Strecke an den Kanälen entlang und durch die Straßen wandten sich Leute ihnen zu, um den Bankier in Ketten zu sehen. Während Geder marschierte, pochte sein Gehstock entschlossen auf die Straße. Er bemühte sich um einen nüchternen Gesichtsausdruck, um die Tatsache zu verbergen, dass er nicht wusste, weshalb er tat, was er tat. Er hegte keinen Zweifel, dass am nächsten Morgen die ganze Stadt wissen würde, dass er den Mann festgenommen hatte. Dass Klin genau das beabsichtigt hatte, beruhigte ihn nicht.
Sir Alan Klin traf sie in der großen Kammer, die einst der Audienzsaal des Fürsten gewesen war. Alle Spuren der früheren Regierung waren entfernt worden oder von den anteanischen Bannern von König
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