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Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)

Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)

Titel: Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Hanover
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Hände in gespielter Bewunderung flattern.
    »Hochphilosophisches vom Wasserknecht«, sagte sie. »Als Nächstes wirst du predigen und den Zehnten eintreiben.«
    »Ich doch nicht«, sagte er und lachte mit ihr.
    Sie schlürfte einen großen Schluck aus ihrer Schale. Das Feuer prasselte. Etwas – Ratten vielleicht oder Insekten – raschelte im Stroh über ihnen.
    »Hast dich mit einer Frau verkracht, was?«, fragte sie.
    »Mit einer Göttin«, antwortete er.
    »Ah, ja. So sieht es immer aus, nicht wahr?«, sagte sie und starrte ins Feuer. »Eine neue Liebe wirkt, als wäre an ihr etwas anders. Als würde Gott selbst sprechen, wann immer ihre Lippen sich öffnen. Und dann …« Sie schnaubte. »Und was ist dann mit deiner Göttin so schiefgelaufen?«, fragte sie.
    Der Abtrünnige schob sich etwas in den Mund, das vielleicht ein Kartoffelstück sein mochte, und kaute genüsslich. Er bemühte sich, Worte für Gedanken zu finden, die niemals laut ausgesprochen worden waren. Seine Stimme zitterte.
    »Sie wird die Welt fressen.«

Hauptmann Marcus Wester
    Marcus rieb sich mit einer schwieligen Hand übers Kinn.
    »Yardem?«
    »Herr?«, grollte der Tralgu, der an seiner Seite aufragte.
    »Dieser Tag, an dem du mich in einen Graben wirfst und den Befehl über den Trupp übernimmst …«
    »Ja, Herr.«
    »Der ist nicht zufällig heute, oder?«
    Der Tralgu verschränkte die dicken Arme und zuckte mit einem klimpernden Ohr. »Nein, Herr«, sagte er schließlich. »Nicht heute.«
    »Schade.«
    Der öffentliche Kerker von Vanai war einst eine Menagerie gewesen. In vergangenen Tagen waren die Drachen selbst über den weiten Platz geschritten und hatten im großen Springbrunnen in seiner Mitte gebadet. Am Rand des Platzes gab es eine tiefe Grube und Käfige, drei Stockwerke hoch. In die Fassaden aus Drachenjade waren Abbildungen der Tiere geschnitzt, die einst hinter den Eisenstäben auf und ab gelaufen waren: Löwen, Greifen, große sechsköpfige Schlangen, Wölfe, Bären, große Vögel mit weiblichen Brüsten.
    Dazwischen Säulen in der Gestalt der dreizehn Rassen der Menschheit: Tralgu mit hoch aufgerichteten Ohren, Timzinae im Chitinpanzer, Yemmu mit Hauern und so weiter und so fort. Bei den Dartinae waren sogar kleine Kohlepfannen in den Augenhöhlen angebracht, um ihren glühenden Blick nachzustellen, obwohl sie niemand mehr anzündete. Zeit und Regen hatten die Figuren nicht angegriffen, sie waren lediglich von schwarzen Tränenspuren verunstaltet, wo die Stäbe zu Rost zerfallen waren – Drachenjade verwitterte durch nichts, und nichts beschädigte sie. Aber die Tiere selbst waren fort, und an ihrer Stelle waren Menschen.
    Ob mürrisch, zornig oder gelangweilt, die Gäste der Rechtsprechung von Vanai wurden in ihrer ganzen Schande zur Schau gestellt, um sie lächerlich zu machen oder zu identifizieren, während sie auf das Urteil des bestellten Magistrats warteten. Gute, aufrechte Bürger konnten über den Platz flanieren, wo man an den Ständen für ein paar Bronzemünzen Abfälle bekam, üblicherweise in eine Schlinge aus Lumpen gewickelt. Jungen führten vor, wie sie Kotbrocken, tote Ratten und faulendes Gemüse auf die Gefangenen herabregnen ließen. Ein paar verzweifelte Ehefrauen und -männer brachten Käse und Butter, die sie über den Abgrund warfen, aber selbst wenn diese Gaben in die beabsichtigten Hände gerieten, herrschte im Gefängnis kein Frieden. Während sie von der niedrigen Mauer am Rande der Grube aus hinüberschauten, sah Marcus einen solchen Glücklichen – einen Kurtadam mit klimpernden Perlen in seinem kurzen Pelz, glatt wie bei einem Otter –, wie er wegen eines Stücks weißen Brotes verprügelt wurde, während ein Rudel junger Erstgeborener ihn auslachte, auf ihn deutete und ihn mit Klicker, Klacker, Perlenkacker und anderen rassistischen Beleidigungen bedachte.
    In der untersten Zellenreihe saßen sieben Männer. Die meisten hatten die Statur und die Narben von Soldaten, aber einer hielt sich abseits, die dünnen Beine durch die Stäbe gedrückt, die Fersen über der Grube baumelnd. Die sechs Soldaten waren Marcus’ Männer gewesen. Der andere war der Kundige des Trupps. Jetzt gehörten sie dem Fürsten.
    »Man beobachtet uns«, sagte der Tralgu.
    »Ich weiß.«
    Der Kundige hob einen Arm zu einem reumütigen Winken. Marcus erwiderte es mit einem falschen Lächeln und einer weniger höflichen Geste. Sein ehemaliger Kundiger blickte zur Seite.
    »Nicht er, Herr. Der andere.«
    Marcus wandte

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