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Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)

Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)

Titel: Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Hanover
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langsam ansteigenden Hügels. Die Mauern von Osterlingbrachen waren da gewesen, ehe Antea als Königreich zu Größe gelangt war. Drachenjade, ewig und unnachgiebig, durchwirkte den Stein und widerstand Wind und Wetter. Der harte Granit war an manchen Stellen verwittert und an einigen sogar ersetzt worden, aber die Jade würde niemals vergehen.
    Der Raum, den er als privates Arbeitszimmer nutzte, war derselbe, den sein Vater genutzt hatte, und sein Großvater, und so weiter, immer weiter und weiter zurück. Vor ebendiesem Fenster hatte sein Vater ihm erklärt, dass die Mauern des Anwesens wie der Stoff des Königreiches waren: dass die Adelshäuser die Jade darstellten. Ohne ihre Beständigkeit würde selbst das herrlichste Bauwerk früher oder später zur Ruine verfallen.
    Als sein Vater gestorben war, hatte Dawson die Ländereien übernommen, seine eigenen Söhne hier aufgezogen und im Winter an ihren Betten die gleiche Geschichte erzählt. Dieses Land und diese Mauern gehören uns, und nur der König kann sie uns nehmen. Jeder sonst, der es darauf anlegt, stirbt bei dem Versuch. Aber wenn der König es verlangt, dann braucht er nur darum zu bitten. Das ist die Bedeutung von Treue.
    Seine Jungen hatten die Lektion gelernt. Barriath, sein Ältester, diente nun unter Lord Skestinin in der Flotte. Vicarian, der zweite seiner Söhne, bei dem es unwahrscheinlich war, dass er das Erbe antrat, war der Priesterschaft beigetreten. Seine einzige Tochter, Elisia, hatte Lord Annerins Ältesten geheiratet. Nur Jorey verblieb noch im Haushalt, und das lediglich, bis er wieder zum Dienst einberufen wurde. Er war einmal unter Lord Ternigan ausgezogen, hatte gut gekämpft und war als Held und Freund eines Helden zurückgekehrt, selbst wenn es ein unzuverlässiger Held wie Geder Palliako war.
    Dawson fand Jorey auf einer Aussichtsplattform auf der Spitze des Südturms. Dawson hatte hier als Junge selbst viel Zeit verbracht, hatte den Kopf durch das schmale Fens ter gesteckt und nach unten geschaut, bis ihm von der Höhe schwindlig geworden war. Hier oben erstreckten sich die Länder von Osterlingbrachen wie eine Karte vor einem. Zwei der Dörfer und der See waren deutlich sichtbar. Die Bäume zeigten das blasse Grün frischer Blätter, die Schatten waren dunkel vom letzten Schnee. Die kalte, leichte Brise raufte Jorey das Haar wie die Federn einer Krähe. Zwei Briefe – einer noch mit Wachs im leuchtenden Blau des Hauses Skestinin versiegelt – lagen vergessen in den Händen des jungen Mannes.
    »Briefe von deinem Bruder? Was gibt es Neues aus dem Norden?«, fragte Dawson, und Jorey zuckte zusammen und schob die Briefe hinter sich wie ein Küchenjunge, den man mit klebrigen Lippen und einem Honigglas erwischt hatte. Joreys Wangen wurden rot, als hätte man ihn geschlagen.
    »Es geht ihm gut, Vater. Er sagt, dass sie keine Schiffe im Eis verloren haben, und daher erwarten sie, bald wieder auf See zu sein. Vielleicht sind sie es bereits.«
    »So soll es auch sein«, sagte Dawson. »Ich habe mich mit diesem Tölpel aus Asterilreich getroffen.«
    »Ja?«
    »Ich habe eingewilligt, mit Simeon darüber zu sprechen, ob er sich mit ihm treffen will. Er hat auch gefragt, ob du mit Palliako reden würdest. Er scheint zu glauben, dass sanfte Worte von Geder die Räder der Vergeltung davon abhalten werden, allzu weit zu rollen.«
    Jorey nickte. Wenn er die Augen niederschlug, sah er aus wie seine Mutter. Claras Kinnpartie wohnte die gleiche Form inne, die gleiche Ruhe. Der Junge hatte Glück, das von ihr geerbt zu haben.
    »Hast du zugesagt?«
    »Ich habe gesagt, dass ich mit dir darüber sprechen würde«, erwiderte Dawson. »Du bist zu nichts verpflichtet.«
    »Danke. Ich werde darüber nachdenken.«
    Dawson lehnte sich an die Mauer. Ein Spatz schoss durch das Fenster, wirbelte zweimal durch den engen Raum und zog sich in einem stürmischen Panikanfall wieder zurück.
    »Widerstrebt dir der Gedanke an den Krieg oder die Aussicht, mit dem neuen Baron von Ebbinwinkel zu sprechen?«, fragte Dawson.
    »Ich will nicht in den Krieg ziehen, wenn wir nicht müssen«, sagte Jorey. Beim ersten Mal, als er zu einem Feldzug aufgebrochen war, war er gleichermaßen furchtsam und freudig gewesen. Die Erfahrung hatte ihm beides ausgetrieben. »Aber wenn wir müssen, werde ich gehen. Es ist nur, dass Geder … ich weiß nicht.«
    Für einen Augenblick sah Dawson die Geister von Vanai wieder auf dem Gesicht seines Sohnes. Der Stadt, die Geder Palliako

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