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Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)

Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)

Titel: Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Hanover
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Weg, den der Mensch in der Welt einschlägt. Eure Seele ist ein Kreis, der auf seinem Rand steht. Wenn Ihr am tiefsten unten seid, werdet Ihr immer nur aufsteigen, und an Eurem höchsten Punkt ist es am wahrscheinlichsten, dass Ihr fallt. Die Seele eines anderen könnte wie eine Klinge oder ein Ziegelstein oder ein Fluss geformt sein, der sich verästelt. Jeder von ihnen würde das gleiche Leben anders leben.«
    »Und wodurch wäre es dann das gleiche Leben?«
    »Das kann ich erklären, wenn Ihr möchtet, Hauptmann. Es ist etwas Theologisches.«
    »Nein, vergiss, dass ich es erwähnt habe.«
    »Wenn die Seele der Magistra sie in eine Richtung führt, dann wird diese Richtung wie der einfachste Weg wirken, ganz gleich, ob es so ist oder nicht. Wenn man sie sich selbst überlässt, wird sie sich in diese Richtung wenden, genauso wie der Alte Imbert nach links getrieben ist, nachdem ihn ein Hammer am Kopf getroffen hatte. Damit es zu einer anderen Entscheidung kommt, müsste eine andere Seele zur Tat schreiten …«
    Marcus hob die Hand, und Yardem hielt inne. Die Tür, die schon einmal aufgegangen war, bewegte sich. Das Licht dahinter war erloschen, und die Bewegung war nur als Streifen tieferer Dunkelheit sichtbar. Yardem regte sich. Marcus kniff in der Düsternis die Augen zusammen.
    »Er geht nach Norden, Hauptmann.«
    Marcus stand auf, schob mit der Schulter seinen Umhang zurück, und sein dadurch befreiter Schwertarm wurde feucht vom Regen. Porte Oliva schlief um sie herum, oder, falls es nicht schlief, kauerte es sich zumindest dicht an seine Feuerstellen. Wenn der Mond geschienen hätte, wäre das Leuchten der blassen Mauern und blau bemalten Fenster- und Türstürze des Händlerviertels sichtbar gewesen. Stattdessen bewegte sich Marcus mithilfe von Schatten und seines Gedächtnisses. Hier und da hing eine Laterne an einem Eisenhaken neben einer Tür und sonderte schwaches Licht ab, aber es gab genug Düsternis, an die sich jemand halten konnte, der nicht gesehen werden wollte. Die Pflastersteine unter Marcus’ Füßen waren rutschig von Schmutz und Regen. Er ging schnell und lauschte angestrengt nach den Schritten seiner Beute. Yardem hätte sein Schatten sein können.
    Das Missgeschick des Mannes war klein, aber unvermeidlich. Das leise Platschen eines Absatzes in einer unerwarteten Pfütze und ein unbeabsichtigtes Keuchen. Es reichte. Sie waren nahe genug. Es war so weit.
    »Canin!«, sagte Marcus mit einer Freundlichkeit, die beinahe ehrlich hätte sein können. »Canin Mise, wie er leibt und lebt. Was für ein Zufall, Euch in einer Nacht wie dieser hier draußen zu treffen.«
    Einen Augenblick lang hätte es so oder so ausgehen können. Der Mann hätte ihn grüßen, irgendeinen anständigen Anlass vorbringen und diese Unterhaltung führen können. Stattdessen hörte man das leise Zischen, mit dem Stahl aus der Scheide gezogen wurde. Marcus war enttäuscht, aber er war nicht überrascht. Er trat langsam zurück, um ein oder zwei Schritte mehr Abstand zwischen sich und den Mann zu bringen.
    »So muss es nicht sein«, sagte Marcus, während er sein eigenes Schwert zog, einen Finger dagegengedrückt, damit es nicht klirrte. »Niemand muss hier sterben.«
    »Ihr habt mich betrogen«, erwiderte der kleine Händler. »Ihr und diese Mischlings-Schlampe, an deren Fäden Ihr tanzt.«
    Das Zittern in seiner Stimme gehörte nicht zu einem Betrunkenen. Viel schlimmer. Es gehörte zu einem Mann, der die Enttäuschung aus seinen eigenen Fehlern genommen und daraus eine Waffe geschmiedet hatte. Das war Hass, und von zu viel Wein hätte er sich schneller erholen können.
    »Ihr habt Euch Geld geliehen«, sagte Marcus, der einen langsamen Bogen nach rechts machte. Der Regen ließ sein Schwert kalt werden. »Ihr habt die Risiken gekannt. Die Magistra hat Euch bereits drei Zahlungen erlassen. Und nun geht das Gerücht, dass Ihr vorhabt, der Stadt den Rücken zu kehren. Ein Geschäft in Herez eröffnet habt. Ihr wisst, dass ich das nicht zulassen kann, bis Ihr Eure Schuld getilgt habt. Jetzt wollen wir die scharfen Gegenstände wegstecken und uns darüber unterhalten, wie Ihr das berichtigen könnt.«
    »Ich gehe, wohin ich will, und tue, was mir passt«, knurrte der Mann.
    »Darauf würde ich mein Geld nicht verwetten«, sagte Marcus.
    Canin Mise war recht gut mit dem Schwert. Er war ein Veteran aus zwei Kriegen und hatte fünf Jahre als Königinnengardist gedient, ehe die Magistrate des Statthalters ihm nahegelegt hatten, er

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